Landgericht: Prozess wegen Terrorverdacht

Von Luisa Degenhardt

An Tag drei im Prozess gegen den terrorverdächtigen Syrer Mamdoh A. vor dem Landgericht stand dessen Persönlichkeit im Mittelpunkt. Einem Sozialpädagogen waren im Laufe der Zeit Veränderungen bei dem jungen Mann aufgefallen.

 
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 Foto: red

Als Mamdoh A. am Freitag, 23. Juni 2017, in die JVA Stadelheim gebracht wurde, stand er kurz vor dem Quali. Die Woche fanden die Prüfungen statt, Deutsch, Mathe, Sozialkunde, Geschichte und Erdkunde schrieb er mit. „Leider hat er nicht bestanden“, sagt seine Lehrerin in der JVA am Freitag vor Gericht. Anfang Januar hat er dann die Abschlussprüfungen mitgeschrieben, jetzt hat er die neunte Klasse der Mittelschule mit einem Schnitt von 4,0 erfolgreich abgeschlossen.

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Mit Freundin

Seine Lehrerin beschreibt ihn als gläubig. „Aber ich hatte nicht einmal den Eindruck, dass das mit einer Aggression verbunden war.“ Seine Zukunft habe er mit seiner Freundin geplant, die bereits als Zeugin vor Gericht ausgesagt hat (wir berichteten). „Ich hatte den Eindruck, dass er auf absolut gleicher Höhe von seiner Freundin gesprochen hat“, so die Lehrerin auf Nachfrage des Vorsitzenden Richters Michael Eckstein. Sie sagt auch: „Er ist ein äußerst interessierter junger Mensch.“

Vorwürfe treffen nicht die Persönlichkeit

Auch der Anstaltspsychologe der JVA Stadelheim tritt als Zeuge auf. Er hatte die Aufgabe, nach der Einlieferung des Mamdoh A. einzuschätzen, ob er selbstmordgefährdet ist. Schnell habe er den Eindruck gewonnen, dass die Tatvorwürfe in der Anklageschrift nicht zu der Person des Angeklagten passen. „Er wirkte nicht wie ein 19-Jähriger, sondern unreif und verschreckt“, so der Psychologe. Er gerät ins Plaudern, betont, dass der junge Syrer labil sei, ein halbes Kind.

Vermeintliches Bekennervideo

Dass sich der Beschuldigte in dem vermeintlichen Bekennervideo in an IS-Kämpfer erinnernder Aufmachung zeigte, bezeichnet der Psychologe als „Fasching, ohne dass Fasching ist“. Eine extreme Gesinnung habe er bei dem Angeklagten nicht festgestellt, „aber Dummheiten machen passt sehr wohl zu ihm“.

Irgendwann unterbricht Oberstaatsanwalt Andreas Franck den Gutachter: „Ich finde das unerträglich.“ Der Zeuge gebe Erklärungen ab, die ihm nicht zustünden. Für ihn passe es nicht zusammen, dass ein am Freitag verschreckter Junge am Dienstag darauf an Prüfungen habe teilnehmen können. Der Psychologe: „Es passt für mich gut zusammen, wenn man ihm eine Zukunftsperspektive in Aussicht stellt.“

Assad-Gegner

Richter Eckstein ruft einen Condrobs-Mitarbeiter in den Zeugenstand, der vorher als Zuhörer in der Verhandlung gesessen war. Condrobs ist der Träger, der die Unterkunft für minderjährige Flüchtlinge in Pegnitz betreibt, wo Mamdoh A. längere Zeit gelebt hatte. Der Sozialpädagoge ist ein Betreuer der Flüchtlinge und beschreibt den Kontakt mit dem Angeklagten als „rege“. Auch während Mamdoh A. in seiner eigenen Wohnung gelebt hatte, betreute er ihn. „Er war ein erklärter Gegner des Assad-Regimes“, sagt der Zeuge, habe sich aber niemals positioniert „als jemand, der den IS für gut befinden würde.“

Den Kampf des IS gegen Assads Truppen habe A. als gut empfunden. „Mein Eindruck ist: Der Feind meines Feindes ist mein Freund.“ Mitte des Jahres 2016 dann aber schickte er eine E-Mail an seine Chefin. Der Grund: Mamdoh A. hatte angekündigt, ein 100-prozentiger Moslem sein zu wollen. „Ich dachte, es ist auffällig, wie er sich verhält.“ Eine Gefahr habe er von dem Syrer nicht ausgehen sehen, er sei aber leicht beeinflussbar, zeige depressive Züge.

Der Sozialpädagoge habe versucht, mit A. über seine Radikalisierung zu sprechen. „Er hat sich darüber bei mir vor der Haft nicht mehr groß ausgelassen. Ob er sich radikalisiert hat oder ob ihn die Sache nicht interessiert hat, kann ich nicht beurteilen.“ Die Verhandlung wird am Freitag, 16. Februar, fortgesetzt.