Landesbund für Vogelschutz empfiehlt vorerst nicht einzugreifen Storchenbaby sitzt noch auf Blechplatte

Von und Martina Bay
Die Storchenfamilie hatte mal zwei Jungen. Das erste starb, nachdem es geschlüpft wars. Das zweite fiel aus dem Nest und sitzt seit Dienstag unterhalb des Nestes auf einer Blechplatte. Foto: red

Das Bangen um „Putzi“ geht weiter. Wie sich jetzt herausstellt, haben die Storcheneltern auf dem Nest in Oberkonnersreuth nicht viel Glück bei der Aufzucht ihrer zwei Jungen. Einer der beiden Jungstörche starb bereits Pfingsten. Das zweite, „Putzi“ genannt, sitzt zur Zeit auf der Blechplatte unter dem Nest.

 
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Beim Landesbund für Vogelschutz (LBV) sieht der langjährige ehrenamtliche Mitarbeiter Peter Lenk die Sache weitaus weniger emotional. „Wir sind für den Artenschutz zuständig.“ Und da richte sich der Blick nicht nur auf ein Individuum.

Helmut Beran, stellvertretender Landesgeschäftsführer des LBV in Hilpoltstein, empfiehlt daher, vorerst nicht einzugreifen und die Situation abzuwarten. Einige Gründe sprechen gegen ein sofortiges Eingreifen, sagt Beran. „Der Jungstorch ist nicht verletzt. Ihn auf der Plattform einzufangen, ist extrem schwierig. Nähert sich die Feuerwehrleiter auf der einen Seite, wandert er weiter. Es besteht die Gefahr, dass er abstürzt und sich ernsthaft verletzt oder gar zu Tode kommt. Aus diesem Grund werden Jungstörche ab einem bestimmten Alter auch nicht mehr beringt.“

Die Tiere werden aber sehr wohl beobachtet. Der Jungstorch steht seit Dienstag, 29. Juli auf der Plattform. „Wenn er jetzt bereits den vierten Tag ohne Futter dort oben stünde, wäre er deutlich geschwächt und nicht mehr so agil. Er läuft aber immer noch auf der Plattform herum. So lange der Storch steht, besteht keine dringende Notwendigkeit.“ Außerdem belegen aktuelle Beobachtungen von Freitagvormittag, dass der Jungstorch Futterreste, die vom Horst auf die Plattform fallen, frisst, erklärt Beran, der sich in Bayreuth aufhält.

Man werde nun abwarten, sagt er. „Es wird nur noch wenige Tage dauern, bis der Jungstorch flugfähig ist. Auch Flugversuche, bei denen der Jungstorch etwa 80 Zentimeter von der Plattform abgehoben ist, konnten beobachtet werden. Erst wenn sich der Zustand des Jungstorches deutlich verschlechtere, sei ein Eingreifen gerechtfertigt. „Dann wird das Jungtier auf der Plattform liegen, und das Risiko, dass es beim Versuch zu fliehen abstürzt, wäre geringer.“ Anwohnerin Inge Meisel beobachtet weiterhin das Storchennest von ihrer Wohnung aus. "Es hebt immer wieder die Flügel und versucht ins Nest zu fliegen", sagt Meisel. Ihr Mann habe noch am Abend davor gesehen, wie die Storcheneltern dem Kleinen Futter hingeschmissen hätten.

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Drei Fragen an Robert Pfeifer, Generalsekretär der ornithologischen Gesellschaft in Bayreuth

Wie viele bewohnte Nester gibt es derzeit in der Region?
Robert Pfeifer: Heuer haben in folgenden Orten Störche gebrütet: in Altdrossenfeld drei Junge, in Bindlach drei Junge, in Oberkonnersreuth ein Junges. In der weiteren Umgebung sind noch besetzte Nester in Melkendorf bei Kulmbach und in Immenreuth.

Man hat den Eindruck, dass es heuer besonders viele Störche gibt. Häufig sieht man Störche auf der Wiese zwischen Bindlach und dem Industriegebiet Bayreuth. Frühmorgens manchmal bis zu vier Stück. Sind das Jungvögel?
Pfeifer: Ja das stimmt. Die Störche bei Bindlach sind das Brutpaar und die drei Jungen, die regelmäßig auf den Wiesen zwischen Autobahn und Bundesstraße zu sehen sind. Aber auch insgesamt hat der bayerische Storchenbestand heuer Rekordhöhe erreicht, so weit ich weiß, brüten 360 Paare in Bayern, so viele wie noch nie. Dies liegt sicher an den vielen Schutzmaßnahmen, die für die Art in den letzten Jahrzehnten ergriffen wurden, aber auch an den verbesserten Überwinterungsbedingungen in Spanien. Viele Störche ziehen heute gar nicht mehr bis Afrika.

Was wird eigentlich aktuell getan, um den Störchen das Leben zu erleichtern? Wird etwas getan? Oder sperren sich die Gemeinden eher dagegen.
Pfeifer: Momentan muss man vor allem daran arbeiten, den sich sehr gut entwickelnden Storchenbestand zu stabilisieren. Dazu gehört zum einen das Anbieten weiterer Horstunterlagen sowie die Sicherung der Nahrungslebensräume, vor allem feuchter Wiesen. Die Beweidung auf den Flächen am Lindenhof etwa dient dazu, den futtersuchenden Störchen kurzrasige Flächen zu schaffen, auf denen sie bevorzugt jagen. Der LBV hat bayernweit ein Artenhilfsprogramm Weißstorch laufen, das viele Maßnahmen beinhaltet. Zu finden unter lbv.de. Dort ist auch eine Karte der aktuell in Bayern besetzten Storchennester zu sehen. Das Interview führte Gabi Schnetter

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