Kunst am Bau Wenn Halme in den Himmel wachsen

Mit Mensch zum Vergleich sieht man die wahre Größe am besten, sagt David Mannstein (Zweiter von links), der zusammen mit Maria Vill (rechts daneben) die dreiteilige Skulptur „Wachsen“ als Kunst am Bau vor dem TAO-Gebäude geschaffen hat. Drei feuerrote Halme aus Edelstahl. Foto: Eric Waha/Eric Waha

Kunst am Bau bringt Kunst in den öffentlichen Raum. Was wichtig ist. Oft aber nicht so groß auffällt. Groß ist das Stichwort für ein symbolträchtiges Kunstwerk, das jetzt am TAO-Gebäude am Rande des Uni-Campus aufgestellt wurde: „Wachsen“ heißt die Skulptur zweier Berliner Künstler – das größte Objekt, das sie je gemacht haben.

 
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Die Materialforscher aus dem Gebäude der Technologie-Allianz Oberfranken(TAO) waren schon neugierig. Sie haben schon, wie einer der Forscher mit einem Lächeln sagt, gecheckt, aus welchem Material das besteht, was als Hingucker und Kunst am Bau vor dem TAO-Gebäude steht. „Zerstörungsfrei“, wie er betont, habe man das Material erkannt: „Edelstahl“, wie David Mannstein mit einem Nicken bestätigt.

Edelstahl, feuerrot lackiert. 14, 16 und 18 Meter hoch ist die Skulptur, die in einer aufwendigen Aktion, die „echt spektakulär war“, wie Anja Chales de Beaulieu, Leiterin der TAO-Geschäftsstelle, sagt. Aus ihrem Bürofenster konnte sie sehr gut beobachten, wie ein riesiger Kran die drei Teile der Skulptur aufgestellt hat.

„Das größte Objekt, das wir je gemacht haben“

„Wachsen“ haben David Mannstein und seine Frau Maria Vill, die sich beim Kunst-Studium an der Bauhaus-Uni in Weimar kennengelernt haben, die drei Halme genannt, in denen viel Symbolkraft steckt – ebenso wie Bezüge und Gegensätze zu dem Gebäude, vor dem sie stehen. Und über sich hinausgewachsen sind nicht nur sie selber mit der Größe, „das mit Abstand das größte Objekt ist, das wir je gemacht haben“. Es toppe auch alles, was bislang – zumindest an Gebäuden, die das Staatliche Bauamt Bayreuth zu verantworten hat – als Kunst am Bau geschaffen worden war, sagt Christof Präg, Leiter des Staatlichen Bauamts, am Donnerstag auf Nachfrage unserer Zeitung.

Kunst für ein möglichst breites Publikum

„Kunst am Bau“, sagt Präg bei der Vorstellung des vor kurzem aufgestellten Kunstwerks, gehöre bei öffentlichen Gebäuden als fester Bestandteil dazu. „Das hat drei Zielrichtungen: Zum einen geht es um die Förderung von Künstlern, denn es ist immer zeitgenössische Kunst, die hier zum Zug kommt. Außerdem geht es um die Auswirkung auf das Stadtbild, um es im Idealfall schöner zu machen.“ Der wichtigste Punkt aber sei der, dass „man damit Kunst für ein möglichst breites Publikum sichtbar machen möchte. Und die Leute dadurch, dass es im Stadtbild vorhanden ist, konfrontieren will.“

129 Künstler hatten sich beworben

Es sei immer „ein gewisser Prozentsatz der Kosten“ eines Gebäudes für die Kunst reserviert. Beim TAO-Gebäude, das mit 44 Millionen Euro veranschlagt war, hatte man ein Budget von 220.000 Euro zur Verfügung. „Für alles, was dazu gehört: Material, Planung, Herstellung und Künstler-Honorar“, sagt Präg. Das Interesse war groß, als der Wettbewerb ausgeschrieben worden war: „Wir hatten 129 Künstler, die sich angemeldet haben.“

Ein dem Preisgericht vorgeschaltetes Gremium hat 15 Künstler ausgewählt „und zur Teilnahme aufgefordert“ – auch gegen diese Konkurrenz haben sich Mannstein und Vill, die seit 1998 zusammenarbeiten, wie Maria Vill im Gespräch mit unserer Zeitung sagt, durchsetzen können. Im Mai 2021 habe es „das einstimmige Ergebnis des Preisgerichts gegeben“, sagt Präg. Am Abend der Entscheidung hab man Mannstein informiert, was dem Startschuss für das Projekt gleichgekommen sei.

Seit Jahren im öffentlichen Raum

Mannstein sagt, die beiden Künstler arbeiteten „seit Jahren im öffentlichen Raum“ – aus dem einfachen Grund, „dass wir gerne mit Menschen in Kontakt treten wollen. Deshalb ist es uns auch wichtig, dass es erkennbar ist, um was es geht.“ Auf vielschichtige Art und Weise. Wobei, wie Maria Vill sagt, „die Herangehensweise nicht die ist, dass immer gleich eine Idee vom Himmel fällt“. Es brauche eine tiefe „Recherche, die Auseinandersetzung mit dem Thema, mit der Architektur“ – und natürlich mit dem jeweiligen Inhalt des Gebäudes.

Was bei TAO reichlich komplex ist, wird doch hier am Bayreuther Standort der Kooperation der Uni Bayreuth und Bamberg sowie der Hochschulen Coburg und Hof in den Bereichen Energietechnik und Materialwissenschaften geforscht und gelehrt, wie Anja Chales de Beaulieu sagt.

Kontrapunkt zur horizontalen Architektur

Die feuerroten Riesenhalme aus Edelstahl setzen formal einen „Kontrapunkt zur sehr stark horizontal ausgelegten Architektur“, sagt Vill. Brächten durch die leichte Biegung und die Spitzen sowie die Farbe – „Rot hat hier einfach gefehlt“ – Dynamik rein. Und die Halme lenkten nicht nur das Augenmerk auf die Forschung, die hier in den Bereichen stattfindet, sondern stellten den Bezug her zu Grashalmen, die „man sonst als etwas Kleines, ganz Alltägliches“ wahrnehme, die es aber wert seien, als „ein kleines Wunder der Natur erkannt“ zu werden. Durch die Größe der Skulptur werde markant der Eingang markiert, gleichzeitig bleibe viel Interpretationsspielraum offen, um zu zeigen, wie groß die Rolle der Natur „als Inspiration und Vorbild für Wissenschaft und Forschung“ sei, wie Mannstein es formuliert.

Arbeit überzeugte das Preisgericht

Alles formale und inhaltliche Punkte, die damals das Preisgericht überzeugt hätten, die sich wie im Wind wiegenden Grashalme, die zusammen drei Tonnen auf die Waage bringen, zum Sieger-Objekt zu erklären, wie Präg sagt.

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