Kulmbach Notorische Diebin aus Frust?

Stephan Herbert Fuchs
Notorische Diebin aus Frust? Quelle: Unbekannt

Eine mutmaßlich psychisch kranke Kulmbacherin vergreift sich im Supermarkt immer wieder an Lebensmitteln. Das Gericht fordert nun ein medizinisches Gutachten an.

 
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Kulmbach - Vielfache und massive einschlägige Vorstrafen, mehrfach geplatzte Bewährungen und immer wieder kurze Gefängnisstrafen: Ein wenig ratlos wirkten alle Prozessbeteiligten bei einer Verhandlung wegen Diebstahls vor dem Kulmbacher Amtsgericht. Angeklagt war eine 53-jährige Frau aus Kulmbach, die in einem Verbrauchermarkt am Goldenen Feld im Januar dieses Jahres Lebensmittel im Wert von exakt 17,82 Euro gestohlen hatte. Die Frau ging zu den Selbstbedienungskassen und zog einfach nur einen Teil der Waren über den Scanner. Käse, Knabbereien, Kakao, Müsli-Riegel, Obst und Gemüse steckte sie einfach so ein.

Im Laden war man dagegen längst auf die Frau aufmerksam geworden. Nicht nur, dass sie schon einmal dort beim Klauen erwischt worden war, sie habe sich auch sehr auffällig verhalten, sagte eine der Verkäuferinnen. "Die Vermutung hatten wir jedenfalls schon länger", so die Verkäuferin. Sie sagte aber auch, dass die Diebin von Anfang an alles ohne Umschweife zugegeben und sich sehr kooperativ gezeigt habe. Ihre einzige Sorge habe ihrem Hund draußen vor der Tür gegolten. Mittlerweile hat die Angeklagte ein lebenslanges Ladenverbot in dem Markt.

Bei einem Ersttäter würde ein Diebstahl von Waren in so geringem Wert wahrscheinlich gar nicht in eine Verhandlung vor Gericht münden. Anzeige, Fangprämie und Ladenverbot - und die Sache wäre erledigt. Nicht aber bei der Angeklagten. Sie ist ganz offensichtlich eine notorische Diebin. 19 Vorstrafen listete Richterin Sieglinde Tettmann auf. Seit den 1980er-Jahren hatte sich die Angeklagte immer wieder strafbar gemacht, einige Male wegen Drogendelikten, meist wegen Ladendiebstahls. Anfangs gab es immer wieder Bewährungsstrafen, später dann Haftstrafen meist über mehrere Monate ohne Bewährung. Auch zwei Unterbringungen zum Drogenentzug hatte die Frau schon durchgestanden.

Es gebe nichts zu beschönigen, sagte ihr Verteidiger Alexander Schmidtgall. Seine Mandantin sei schwer psychisch krank, leide an schlimmen Depressionen, habe in einer schwierigen gewalttätigen Beziehung gelebt und hatte wohl auch sonst schon viel Schlimmes im Leben mitmachen und schwere Schicksalsschläge hinnehmen müssen. Ihre Frustration bewältige sie durch die Diebstähle, so der Anwalt. Nötig hätte es die Angeklagte nicht, denn sie befinde sich sogar in einer Festanstellung und besitze eigentlich genug Geld zum Leben.

Die Angeklagte habe auch damals genug Geld dabei gehabt und schäme sich deshalb sehr, so ihr Bewährungshelfer, der ihr nach der letzten Tat im September 2017 zur Seite gestellt wurde. Damals hatte sie im gleichen Markt Tabletten, Pudding, Katzenfutter und Kartoffeln im Wert von 15 Euro geklaut und dafür vor Gericht zehn Monate auf Bewährung bekommen.

Auf Anregung der Verteidigung setzte Richterin Tettmann das Verfahren kurzerhand aus und entschied, einen medizinischen Sachverständigen beizuziehen. Der soll klären, ob die Frau zum Zeitpunkt der Tat überhaupt schuldfähig war oder ob ihre Schuldfähigkeit erheblich vermindert gewesen sei. Außerdem soll der Mediziner feststellen, welche Kriminalprognose der Angeklagten zu stellen ist. Immerhin hatte sie sich zuletzt von ihrem gewalttätigen Partner getrennt, sich um eine Betreuung bemüht und einen Antrag auf betreutes Wohnen gestellt. Eine Freiheitsstrafe hätte man bei den Vorstrafen nicht mehr zur Bewährung aussetzen können, so die Richterin.

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