Kinderkrankheiten in Baden-Württemberg Schwappt die Scharlachwelle ins Land?

Regine Warth

In Hamburg sind besonders viele Kinder an Scharlach erkrankt. Und auch im Osten Deutschlands breitet sich die Infektionskrankheit immer weiter aus. Zudem werden die Medikamente knapp. So sieht die Lage derzeit im Südwesten aus.

 
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„Himbeerzunge“ – so heißt es das typische Symptom einer Scharlachinfektion im Volksmund. Foto: stock-adobe/Lukassek

Himbeerzunge – so heißt das typische Symptom einer Scharlachinfektion im Volksmund: Insbesondere in Hamburg und Nordrhein-Westfalen sind derzeit besonders viele Kinder an Scharlach erkrankt. Auch in Baden-Württemberg ist in den Praxen ein Anstieg an Streptokokkeninfektionen zu beobachten, heißt es seitens des Berufsverbands für Kinder- und Jugendärzte.

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Warum breitet sich die Krankheit so schnell aus?

Die Krankheit ist hochansteckend. In Kindergärten und Schulen können sich die Scharlachbakterien schnell verbreiten. Zur Ansteckung kommt es durch erregerhaltige Tröpfchen, die durch Husten, Niesen oder verunreinigte Hände verteilt werden. Spätestens am dritten Tag nach der Ansteckung zeigen sich Beschwerden: Halsschmerzen, Fieber, ein nicht juckender Hautausschlag mit vielen roten Flecken am Körper und der roten Zunge. Teils kann es auch zu Bauchschmerzen und Erbrechen kommen.

Wie sieht die Lage in den Kinderarztpraxen im Land aus?

Eine Erkrankung mit Streptokokken ist nicht meldepflichtig, daher lässt sich schwer sagen, wie viele Menschen derzeit wirklich erkrankt sind. Nach Aussagen des Landessprechers des Berufsverbands der Kinder- und Jugendärzte, Till Reckert, nehmen derzeit vor allem die Streptokokken-Angina-Fälle bei Kindern zu. Darunter seien bislang aber meist milde Verläufe, so der niedergelassene Kinder- und Jugendarzt aus Reutlingen. „Nur selten ist mal ein richtiger Scharlach – mit dem typischen Hautausschlag und schwerem Krankheitsgefühl – dabei.“ Auch das Landesgesundheitsamt Baden-Württemberg sieht eine leichte Zunahme gegenüber den Vorjahren: Es hat angesichts der Berichte von der starken Scharlachwelle in England im vergangenen Winter die Gesundheitsämter gebeten, die von ihnen erfassten Scharlacherkrankungen zusätzlich zu übermitteln. Demnach wurden dieses Jahr in Stuttgart bis zum 17. Februar insgesamt 229 Fälle von Scharlach gemeldet. Zum Vergleich: In den Jahren 2022 waren es 102 Fälle, in den Pandemiejahren 2021 und 2020 waren es je 21 und 109 Fälle.

Was ist zu tun, wenn sich solche Symptome zeigen?

Die wichtigste Regel lautet: sich unbedingt von Kindergärten, Schulen oder Räumlichkeiten fernhalten, in denen man auf viele andere Menschen trifft – auch, wenn nur der Verdacht auf Scharlach besteht. Wer als Erwachsener tatsächlich oder möglicherweise erkrankt ist, darf keinen beruflichen Tätigkeiten mit Kontakt zu anderen Menschen nachgehen. Dieses Kontaktverbot gilt so lange, bis der behandelnde Arzt es aufhebt. Anlaufstelle für Patienten mit Verdacht auf Scharlach ist der Kinder- oder der Hausarzt.

Wie sieht die Medikamentenversorgung aus?

Therapiert wird Scharlach mit Antibiotika, in aller Regel mit Penicillintabletten. Für Kinder gibt es entweder Penicillinsaft oder auch Cephalosporin- oder Makrolidtabletten. In Hamburg klagen Kinderärztinnen und -ärzte, dass die Bestände aber deutlich reduziert sind. Auch in Baden-Württemberg wissen Apothekerinnen und Apotheker um die Engpässe in anderen Bundesgebieten. „Einerseits ist ein höherer Bedarf an Medikamenten vorhanden, andererseits haben wir auch eingeschränkte Lieferketten“, sagt Katina Drotleff, Sprecherin der Landesapothekerkammer Baden-Württemberg.

Allerdings gehe man momentan davon aus, dass die Scharlachwelle abebbt, bevor man hierzulande auf einen Versorgungsengpass zusteuere. „Es gibt Alternativen auf dem Markt, auf die man ausweichen kann, sollte ein Präparat nicht verfügbar sein“, sagt Katina Drotleff.