Kein Auskunftsanspruch in Verwandtenaffäre

Von Jürgen Umlauft
Joachim Braun (r.) wollte, dass Walter Nadler die Verdienste seiner Ehefrau offenlegt. Foto: red Foto: red

Der Landtag muss die Gehaltszahlungen von Parlamentariern an ihre bis 2013 in den Abgeordnetenbüros arbeitenden Angehörigen nicht veröffentlichen. Mit dieser Entscheidung kippte der Bayerische Verwaltungsgerichtshof (VerwGH) ein anders lautendes Urteil der Vorinstanz.

 
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Im konkreten Fall ging es um das Gehalt der im häuslichen Abgeordnetenbüro als Sekretärin beschäftigten Ehefrau des 2013 aus dem Landtag ausgeschiedenen Bayreuther CSU-Abgeordneten Walter Nadler. Während Landtagspräsidentin Barbara Stamm (CSU) das VerwGH-Urteil als Bestätigung ihrer Auffassung begrüßte, zeigte sich der Kläger, der frühere Chefredakteur des "Nordbayerischen Kurier" Joachim Braun, enttäuscht. "Das Urteil ist ein Rückschlag für die Pressefreiheit in Bayern", sagte Braun.

In seiner Urteilsbegründung erklärte der Vorsitzende Richter Walter Häring, die schutzwürdigen Interessen des Ex-Abgeordneten und seiner Ehefrau müssten unter Abwägung widerstreitender Rechtsgüter nicht hinter dem presserechtlichen Auskunftsanspruch zurücktreten. Die von der Zeitung geforderten Daten beträfen die informationelle Selbstbestimmung der Betroffenen, ihre Herausgabe sei zudem dazu geeignet, einen Abgeordneten in der freien Ausübung seines Mandats einzuschränken. Es gebe in diesem Fall "kein Allgemeininteresse nach erhöhter Transparenz", auch wenn Nadler das Gehalt aus der ihm per Gesetz vom Landtag gewährten Mitarbeiterpauschale bezahlt habe und es damit um die Verwendung öffentlicher Mittel gehe. Die einzelnen Arbeitsverträge hätten frei und ohne Pflicht zur Veröffentlichung ausgehandelt werden können, solange die öffentlich bekannten Höchstbeträge für die Erstattung der Mitarbeitergehälter nicht überstiegen gewesen wären. 2013 lag diese Höchstgrenze bei rund 7500 Euro im Monat, aufgeteilt auf 1,66 Planstellen.

Nach Einschätzung des Gerichts liegt es allein in der Entscheidung der Betroffenen, ob und welche personenbezogenen Daten sie von sich preisgäben. Auch die unbefugte Weitergabe von solcher Daten durch den Landtag müssten Abgeordnete nicht hinnehmen. Vor allem dann nicht, wenn - wie im Fall Nadler - von der Klägerseite keine konkreten Anhaltspunkte für ein Fehlverhalten vorgetragen würden. Nadler habe unter den 79 Abgeordneten, die von der fraglichen Altfallregelung zur Bezahlung von Angehörigen Gebrauch gemacht hatten, nicht zu jenen gehört, "bei denen der Verdacht auf Missbrauch bestanden hat", betonte Häring. Um eine Herausgabe zu erreichen, hätte der Kläger konkrete Verdachtsmomente vorlegen müssen. Allein der Umstand, dass bei anderen Abgeordneten Missbrauchsvorwürfe erhoben worden seien, genüge nicht, um im Einzelfall die Schutzwürdigkeit personenbezogener Daten "herabzumindern".

Stamm sah sich durch das Urteil in ihrer Auffassung bestätigt, "dass der Schutz der Mitarbeiter ein hohes und schützenswertes Gut ist". Schließlich handle es sich bei den Gehaltszahlungen um Daten aus der "unmittelbaren persönlichen Sphäre". Zugleich habe das Gericht die verfassungsrechtlich garantierte Freiheit des Abgeordnetenmandats gestärkt, freute sich Stamm. Braun sah mit dem Urteil die Arbeit von Journalisten erschwert. Wie solle ein Journalist Verdachtsmomente belegen, wenn er die zum Beleg nötigen Daten nur bekomme, indem er den Verdacht mit diesen Daten belege, fragte er. "Das beißt sich die Katze in den Schwanz."

Neben der rechtlichen sah Braun eine "moralische Komponente". So habe das Gericht in seiner Beurteilung den Aspekt außer Acht gelassen, ob die Bezahlung an Nadlers Ehefrau angemessen und gerechtfertigt gewesen sei. Diese Frage habe die Öffentlichkeit im Jahr 2013, als die Verwandtenaffäre publik geworden sei, durchaus bewegt, weshalb er nach wie vor ein öffentliches Interessse an der Veröffentlichung der Daten sehe. Wegen der grundsätzlichen Bedeutung des Falles hat der VerwGH Revision zum Bundesverwaltungsgericht zugelassen. Diese muss binnen vier Wochen nach Vorliegen der schriftlichen Urteilsbegründung eingelegt werden.

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