Im Physik-Schülerlabor tüfteln Vizeweltmeister mit dem Nachwuchs Hier schießen Schüler mit Staubsaugern

Von Katharina Wojczenko
Gleich fliegt das Überraschungsei: Für die selbstgebaute Vakuum-Bazooka brauchen die Schüler nur einen Staubsauger und ein Rohr. Das Projektil wird so schnell, dass es an der Abzweigung in den Staubsauger vorbeischiesst - und hoffentlich im Eimer von Jonas Eller landet. Den Sauger hält Fabian Eller. Foto: Andreas Harbach Foto: red

"Mit 13 habe ich Physik gehasst", sagt Jonas Landgraf. Fünf Jahre später ist er wie Fabian Eller amtierender Physik-Vizeweltmeister und leitet mit ihm im Schüler-Labor der Uni Bayreuth den Nachwuchs an.

 
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Wenn Jonas Landgraf über Physik spricht, klingt er philosophisch. "Es fasziniert mich, wie man durch logische Vorgehensweise versucht, die Natur zu verstehen und zu beschreiben. Und dass man nicht alleine in der Kammer ist, sondern rausgeht und Experimente macht." Genau das macht er seit dem Wintersemester mit neun Jungen und Mädchen ab der 9. Klasse aus Bayreuth, Kulmbach und Weiden im Schülerlabor an der Uni.

Das Projektil: ein Überraschungsei

Zum Beispiel bauen sie gerade aus einem Staubsauger und einem Rohr eine Vakuum-Bazooka - also ein Gerät, das mit Unterdruck ein Projektil abfeuert. Wie wird dieses schneller? Wie kann man die Geschwindigkeit überhaupt messen?

Das sind Fragen, an denen die Betreuer Jonas Landgraf und Fabian Eller mit ihnen tüfteln. "Es gibt keine Musterlösungen, es sind offene Fragestellungen", sagt Eller. An denen sich teils auch gestandene Forscher die Zähne ausbeißen. Die Schüler haben genau ein Jahr Zeit dafür.

Ab zur deutschen Meisterschaft

Die Aufgabe mit dem Staubsauger ist eine von 17 des diesjährigen deutschen Physiker-Nachwuchswettbewerbs "German Young Physicists' Tournament" (GYPT). Im März präsentieren vier Schüler der Bayreuther Gruppe ihre Lösungen bei dem Turnier - auf Englisch.

Die besten dürfen als Teil der Nationalmannschaft zur Weltmeisterschaft (International Young Physicists' Tournament) nach Singapur. Im vergangenen Jahr wurden Landgraf und Ellner, die seit diesem Winter in Bayreuth Physik studieren, mit dem deutschen Team in Russland Vize-Weltmeister. Im März bekommen sie dafür den Schüler-Preis der Deutschen Physikalischen Gesellschaft.

Was tun gegen den schlechten Ruf der Physik

Überhaupt haben sich die Bayreuther Nachwuchs-Forscher in kurzer Zeit einen beachtlichen Ruf erarbeitet, sagt Professor Walter Zimmermann, der Gründer des Schülerlabors. "Wir haben das 2014 sehr improvisierend begonnen, aber schon mehrere nationale Preise gewonnen." Und seitdem die halbe Nachwuchs-Nationalmannschaft gestellt.

Zimmermanns Lehrstuhl ist Teil der deutschlandweiten Initiative, die mit dem Physikwettbewerb den Nachwuchs fördern will. "Das Schülerlabor ersetzt keine Schule", sagt Zimmermann. "Das ist nicht das Ziel. Es geht um eine kleine Gruppe von Schülern, die neugierig und begeistert sind." Und die bestenfalls ihre Klassenkameraden mit ihrer Begeisterung anstecke.

"Das lernt man an der Schule nie"

Damit es dazu kommt, ist ein begeisterter Lehrer wichtig, weiß Jonas Landgraf aus eigener Erfahrung. Sein Physiklehrer am Augustinus-Gymnasium in Weiden war daran schuld, dass sein Hassfach zur Leidenschaft wurde. "Klaus Märker unterrichtet super, für schlechte wie für gute Schüler, und ist ein absoluter Fachmann", sagt Jonas Landgraf. "Ich wollte ihm nacheifern." Sein Lehrer habe ihn gefördert, ihn in der 9. Klasse auf das Frühstudium an der Uni Bayreuth gebracht.

2014 kam er in das neue Physik-Schülerlabor, das Simeon Völkel leitete. Völkel war schon als Schüler Nachwuchs-Student an der Uni und wurde Bundessieger im Schülerwettbewerb "Jugend forscht" - und ging wie Eller und Landgraf ebenfalls aufs Augustinus-Gymnasium in Weiden. Mittlerweile schreibt er an seiner Doktorarbeit. Deshalb betreuen die beiden jetzt das Schülerlabor. "Ich habe hier Dinge gelernt, die lernt man an der Schule nie", sagt Landgraf. "Das will ich zurückgeben."

Der Prof hilft weiter

"Es macht Spaß, ihnen etwas beizubringen", sagt Fabian Eller. Meist bringen die Jugendlichen Ideen mit. Kommen sie nicht weiter, fragen sie die Betreuer. Und wenn die nicht weiterwissen, können sie zu einem Prof gehen. Für ihre Experimente können sie Geräte benutzen, die es an der Schule nicht gibt.

"Man kann sich tief einarbeiten, muss Argumente abwägen", sagt Eller. Denn bei dem Wettbewerb verteidigt man seine Idee nicht nur verteidigen, sondern diskutiert auch, wie man die Lösungen der anderen verbessert. Dafür verbringen die Schüler in ihrer Freizeit in der Regel zehn Stunden pro Woche an der Uni, in der heißen Phase vor dem Wettbewerb auch mal 60 Stunden.

Info: Bayreuth ist neben Bamberg, Hof und Coburg einer der Standorte des Schülerforschungszentrums Oberfranken, das regelmäßig Angebote an Schüler macht. Das Physik-Schülerlabor ist Teil des Bayreuther SFZ.

Mehr zum Schülerlabor hier.

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