Hotellerie Wirte setzten verstärkt auf Mini-Jobber

Der Tourismus boomt im Landkreis Kulmbach, doch wer soll all die Menschen bedienen? In der Gastronomie herrscht akuter Fachkräftemangel. Die Gewerkschaft NGG hat eine Idee, wie man das ändern könnte.

 
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Touristen schätzen das Kulmbacher Land. Allerdings, sagt die NGG, fehlen die Servicekräfte in der Gastronomie. Foto: NGG

Der Kreis Kulmbach liegt im „Touri-Trend“: Vom Hotel über die Pension bis zur Ferienwohnung – im Landkreis Kulmbach gab es im vergangenen Jahr rund 217.100 Übernachtungen. Das sind 0,5 Prozent mehr als im Vorjahr. Im Schnitt blieben die Gäste 2,1 Tage im Kreis Kulmbach. Das teilt die Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten mit. Die NGG Oberfranken beruft sich dabei auf Zahlen des Bayerischen Landesamtes für Statistik.

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„Vom Reisekoffer der Touristen bis zum Aktenkoffer der Geschäftsleute: Die Menschen haben den Kreis Kulmbach auf dem Reise-Ticket. Es kommen reichlich Gäste. Aber die wollen guten Service. Und genau daran hapert es oft. Die Branche braucht Fachkräfte. Also Profis, die ihren Job gelernt haben – von der Hotel-Rezeption über die Bar bis zum Spa. Für das Housekeeping braucht die Branche genauso Know-how wie für die Haustechnik. Weder ein Hotelfachmann noch eine Restaurantfachfrau lässt sich durch angelernte Mini-Jobber ersetzen“, sagt Inga Schneider von der NGG Oberfranken.

Mehr Arbeit, weniger Personal

Während der Corona-Pandemie seien die Beschäftigtenzahlen im Gastgewerbe im Kreis Kulmbach deutlich zurückgegangen. Davon habe sich die Branche noch längst nicht erholt. Im Gegenteil: „Mehr Arbeit wird aktuell von weniger Köchinnen, Kellnern und Rezeptionistinnen geschultert. Das geht auf Dauer nicht gut“, sagt NGG-Gewerkschaftssekretärin Schneider. Schon jetzt würden kräftig Abstriche im Angebot gemacht: „Dünnere Speisekarten, weniger Zimmer, dafür mehr Ruhetage – der Personalmangel macht vielen Hotels, Restaurants und Gaststätten zu schaffen“, erklärt Inga Schneider.

Dabei sei das Problem des Fachkräftemangels oft hausgemacht: „Gute Leute bekommt die Branche nur über gute Löhne. Und genau daran hapert es: Wer in der Gastronomie arbeitet, hat einfach zu wenig im Portemonnaie. Dabei sind das Kochen und Kellnern echte Stress-Jobs. Dazu kommen Arbeitszeiten bis spät in die Nacht und viele spontane Überstunden“, sagt NGG-Gewerkschaftssekretärin Inga Schneider.

Deshalb müsse sich für die Beschäftigten der Gastro-Branche im Kreis Kulmbach beim Lohn dringend etwas ändern. Die NGG Bayern werde am 13. Mai mit den Arbeitgebern vom Deutschen Hotel- und Gaststättenverband (Dehoga Bayern) über einen neuen Tarifvertrag verhandeln. Die Forderung dazu liege bereits auf dem Tisch: „Fachkräfte brauchen einen Einstiegslohn von 3000 Euro. Außerdem müssen Zuschläge für die Arbeit an Wochenenden und Feiertagen gezahlt werden. Nur so kann es überhaupt klappen, die Gastro-Branche wieder attraktiver zu machen, insbesondere für den Nachwuchs“, sagt Schneider.

Gastronomie hat Nachwuchssorgen

Generell sei es notwendig, mehr in den Nachwuchs zu investieren, so Inga Schneider. Denn die Abbrecherquote bei Ausbildungen im Hotel- und Gaststättengewerbe in Bayern liege deutlich über dem Durchschnitt anderer Branchen. „Die Gründe dafür, die Ausbildung an den Nagel zu hängen, sind unterschiedlich: Die Azubis begreifen schnell, dass sie noch arbeiten müssen, wenn andere längst frei haben. Dazu kommt, dass das Klima zum Beispiel in den Küchen oft rau ist. Da hilft es auch nicht, wenn Gäste mit dem Trinkgeld quasi ein Trostpflaster kleben“, sagt die Gewerkschafterin.

Das Trinkgeld sei ein beliebtes Argument von Arbeitgebern, die sich gegen faire Löhne stemmten. „Viele Chefs in der Gastro-Branche machen einen weiten Bogen um den Tariflohn. Wer in so einem ‚Niedriglohn-Haus‘ arbeitet, dem kann man nur sagen: Job-Wechsel – Tariflohn lohnt sich immer“, sagt Schneider. Denn eines sei klar: „Die Branche wird auch im Kreis Kulmbach weiter Konjunktur haben – und gute Leute brauchen. Denn der Trend zum Reisen wird nicht abreißen“, betont die Gewerkschaftssekretärin der NGG Oberfranken. red