Helft den BAT-Beschäftigten!

Ein Kommentar von Norbert Heimbeck
Krisengespräch bei der BAT Bayreuth mit den Ministerinnen Ilse Aigner und Emilia Müller sowie Markus Schmitz von der Bundesagentur für Arbeit und Oberbürgermeisterin Brigitte Merk-Erbe. Foto: Andreas Harbach Foto: red

Darf man nach dieser Nachricht optimistisch sein? Am Donnerstag hat die BAT die Katastrophe in Bayreuth ausgelöst: Ab Ende 2017 verlieren 950 Menschen ihren Arbeitsplatz. Die Produktion wird fast vollständig stillgelegt.

 
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Trotzdem gab es im Bayreuther Rathaus gestern überraschend Positives zu hören: Stadt, Wirtschaftskammern und Universität haben gemeinsam ein Strukturpaket erarbeitet, das den Wirtschaftsstandort vor dem Absturz bewahren soll. Das Innovationen fördert und Arbeitsplätze sichert. Der Haken an der Sache: Die vielen Einzelprojekte aus diesem Paket kosten insgesamt um die 80 Millionen Euro. Und: Vieles aus dem Strukturpaket ist bis jetzt nicht über den Status einer Idee hinausgekommen.

An der Summe, die Bayreuth fordert, wird man in München ordentlich zu kauen haben. Zumal ja auch die Bitte um Hilfe bei der Sanierung der Stadthalle nicht verstummt. Wie sagte Oberbürgermeisterin Brigitte Merk-Erbe? „Das ist keine Frage von Entweder-Oder. Es muss beides geben.“

Das sagen die Bayreuther zum Stellenabbau bei BAT:

Der Freistaat steht in der Pflicht

Klar ist: Der Freistaat steht in der Pflicht, in Bayreuth einzugreifen. Muss ein Hilfspaket für die Stadt schnüren. das im Idealfall auch positiv in die Region hinaus strahlt. Aber zuerst muss es darum gehen, den 950 von Entlassung bedrohten Menschen zu helfen. Ihnen und ihren Familien muss unsere Solidarität gelten.

Der Schock sitzt noch immer tief, und es wird wohl noch lange dauern, bis wir verstehen, warum eine Fabrik, die erfolgreich arbeitet und ihren Besitzern Milliardengewinne einbringt, geschlossen wird. Wenn wir das überhaupt jemals verstehen sollten. Denn der Unternehmenserfolg ist der Erfolg jedes Einzelnen, der in der Produktion schwitzt.

Es braucht schnelle Lösungen

Diesen Menschen Lösungen anzubieten, ist die vordringlichste Aufgabe. Danach müsste man ihnen vermitteln, dass das gestern vorgestellte Strukturpaket weit in die Zukunft reicht. Dass wohl ihre Kinder den Nutzen der darin enthaltenen Projekte erleben werden. Denn tatsächlich hat das Strukturpaket das Zeug zu einem Zukunftsding: ein Gründerzentrum, eine Innovationswerkstatt an der Uni, ein Masterplan zur Unternehmensnachfolge, eine Initiative für energieeffiziente Gebäudetechnik, Digitalisierung, berufliche Qualifizierung (dazu gehört auch der überfällige Neubau der Berufsschule I) sowie der Ausbau des Industrie- und Forschungsschwerpunkts Neue Materialien.

Gut 100 000 Menschen in Oberfranken sind im verarbeitenden Gewerbe tätig, viele davon in Zukunftsbranchen wie Leichtbau, Technische Textilien, Kunststofftechnik und Elektronik. Oberfranken ist eine Industrie- und Werkstoffregion. Da ist es nur sinnvoll, wenn in diese Bereiche investiert wird.

Appell an München

Die Initiatoren des Strukturpakets haben ein Signal nach München gesandt: Wir tun hier was. Und wir schauen nach Kronach (Stichwort: Loewe-Krise), Nürnberg (Quelle-Schließung) oder ganz aktuell Bad Neustadt an der Saale (Siemens-Schließung). Auch dort hat der Freistaat Hilfspakete geschnürt, wurden die Entlassenen aufgefangen. Und dann wurde aus den Trümmern Neues errichtet.

Über aller Hoffnung auf die Zukunft darf aber das aktuelle Schicksal der von der Werksschließung Betroffenen nicht aus den Augen verloren werden. Weiterqualifizierung ist nötig, der Konzern muss in die Pflicht genommen werden, seine Entscheidung in irgendeiner Weise sozial zu gestalten. Soweit das überhaupt möglich ist. Bis jetzt ist es einigermaßen ruhig geblieben im BAT-Werk. Die Mitarbeiter sind geschockt, wütend und traurig. Das ist nur allzu verständlich. Ruhig muss es nicht bleiben, die Stimmung ist explosiv, sie kann jederzeit kippen. Das müssen die BAT-Verantwortlichen auf der Rechnung haben. Dass sie rechnen können, beanspruchen sie ja für sich.

norbert.heimbeck@nordbayerischer-kurier.de

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