Hausärzte Große Arbeitsbelastung, wenig Wertschätzung

Eine Ärztin für Allgemeinmedizin impft in ihrer Praxis eine Patientin gegen das Coronavirus. Foto: dpa/Christoph Schmidt

Eine hohe Anzahl von Corona-Patienten, Nachwuchssorgen und Probleme bei der Digitalisierung: Alles Themen, welche die Allgemeinärzte derzeit umtreiben. Beim Bayerischen Hausärztetag wollen sie darüber diskutieren.

 
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Der 29. Bayerische Hausärztetag am 13. und 14. Mai in Erlangen steht unter dem Motto „Hausarztmedizin im Zentrum – persönlich bleiben, digital werden“. Nachdem die Versammlung 2020 ausgefallen und 2021 nur digital stattfand soll sie in diesem Jahr erstmals wieder in Präsenz abgehalten werden. Der Landesvorsitzende des Bayerischen Hausärzteverbands, Dr. Markus Beier, und seine Stellvertreterin Dr. Petra Reis-Berkowicz erläuterten in einem Online-Pressegespräch, welche Themen aktuell in den Praxen diskutiert werden.

Hausärzte tragen zur Pandemie-Bekämpfung bei

Wie der Landesvorsitzende aus Erlangen hervorhob, hätten die Hausarztpraxen während der Corona-Pandemie den Hauptteil der Last getragen. 90 Prozent der Covid-19-Patienten seien von den Allgemeinärzten und ihren Praxisteams versorgt worden. Diese seien „ein Schutzschild für die Kliniken“ gewesen. Über zwölf Millionen von 27 Millionen Impfungen im ambulanten Bereich hätten die Haus- und Kinderärzte in Bayern vorgenommen. Die Impfzentren seien mitversorgt worden und Flüchtlinge betreut worden.

Von den Patienten sei durchaus eine Anerkennung für diese Leistung zu spüren, so Beier. Von politischer Seite allerdings weniger: In den entscheidenden Gremien im Bund seien die Hausärzte nicht vertreten. Sie seien nicht im Expertenrat der Bundesregierung, „was geradezu absurd ist“, kritisierte der Landesvorsitzende. „Wir sollten nicht wieder unvorbereitet in den nächsten Herbst gehen“.

MFA sollen mehr verdienen und studieren

Ein wichtiger Schritt sei die Akademisierung der Ausbildung. Künftig sollen MFA einen Bachelor-Abschluss machen können. Wegen der gestiegenen Arbeitsbelastung verdienten die Medizinischen Fachangestellten (MFA) einen Bonus. Doch noch gebe es keine steuerfreie Unterstützung. Die Pandemie sei auch für sie kräftezehrend gewesen. Daher sollten sie mit mehr Wertschätzung und Anerkennung belohnt werden. Um dem Ärztemangel entgegenzutreten wäre es wünschenswert, wenn die Universitäten mehr für den ambulanten Bereich ausbilden würden. Aber es sei gerade das Gegenteil zu erleben. Dabei sei die Änderung der Approbationsordnung nach dem Masterplan 2020 überfällig.

Kritik an teuren Medizinischen Versorgungszentren

Ein Dorn im Auge sind den Hausärzten die „Investoren getriebenen MVZ-Strukturen“. Die Kosten für medizinische Leistungen seien in Medizinischen Versorgungszentren um zehn Prozent höher, so Beier. Zudem würden 20 Prozent mehr Überweisungsfälle produziert. Zu einem Großteil würde es sich um Ringüberweisungen innerhalb des MVZ handeln. „Jeder profitiert vom Patienten, die Versorgung wird teurer und schlechter“, kritisiert der Landesvorsitzende. Die Träger säßen dabei zum Teil im Ausland. „Das ist ein Ausverkauf der Gesundheitsversorgung“, übt Beier Kritik. Hausärzte würden so viel verordnen wie nötig, ein MVZ dagegen so viel wie möglich. Zugleich würden Kassenarztsitze von ihnen aufgekauft, was die Versorgung in der Fläche gefährde.

Online-Petition gegen Pflicht zu E-Rezept

Die Bezirksvorsitzende des Hausärzteverbands, Petra Reis-Berkowicz, Allgemeinärztin aus Gefrees, berichtete über ihre erfolgreiche Online-Petition. Als Vorsitzende der Vertreterversammlung der Kassenärztlichen Vereinigung, wandte sie sich gegen die verpflichtende Einführung der gesetzlich festgelegter Telematikinfrastruktur (TI). Denn dies sei ohne ausreichende Testphasen auf den Weg gebracht worden. Die Praxen sollen demnach elektronische Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen und elektronische Rezepte ausstelle. Wenn sich diese „Turbogesetzgebung“ durchgesetzt hätte, wäre in den Praxen „Chaos ausgebrochen“, sagte die Hausärztin.

Technische Mängel eine Zumutung im Alltag

In der bisherigen Form sei das Ganze eine „Zumutung“, Soft- und Hardware seien nicht ausgereift. Als Ärztin begrüße eine Digitalisierung im Gesundheitswesen zum Wohle der Patienten. Doch die vorhandenen technischen Mängel seien nicht hinnehmbar. Die Anwendung funktioniere nicht fehlerfrei und behindere die Abläufe in den Praxen. Die Ärzte hätten sogar mit Strafen rechnen müssen, wenn sie die Vorgaben nicht eingehalten hätten.

Der Bundesgesundheitsminister habe nun das Gesetz bis zum 30. Juni ausgesetzt und weitere Testphasen versprochen. „Erst wenn das reibungslos funktioniert, können wir das anwenden“, sagte Reis-Berkowicz. Sonst sei die TI nicht akzeptabel, schon um die Medikamentensicherheit der Patienten zu gewährleisten.

Apotheker sollten nicht impfen

Zugleich wandte sich Reis-Berkowicz gegen die aktuell diskutierte Grippe-Impfung in Apotheken. Für die Verordnung einer Impfung sei medizinisch-ärztliches Know-how erforderlich. Dazu bräuchte es Kenntnis über Therapien und Krankheiten. „Apotheker sind dafür nicht ausgebildet.“

INFO Zur Mitgliederversammlung am Samstag, 14. Mai, wird Gesundheitsminister Klaus Holetschek erwartet. Die Hausärzte erhalten zudem Informationen zur KVB-Wahl im Herbst. Am Vortag ist ein Nachwuchstag für Medizinstudierende und Ärzte und Ärztinnen in der Weiterbildung geplant. Ein Fortbildungsprogramm mit medizinischen und nichtmedizinischen Themen, zur hausarztzentrierten Versorgung, für Medizinische Fachangestellte oder Workshops zur Niederlassung werden angeboten.

(www.hausaerzte-bayern.de)

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