Ärzte keine Suizidspezialisten
Schulze stellte klar: "Ich möchte nicht, dass Ärzte Spezialisten für Suizidassistenz werden." Auf die eigene Praxiserfahrung angesprochen, sagt Schulze, ein Patient habe einmal darum gebeten, in die Schweiz gebracht zu werden. Der Wunsch habe sich kurze Zeit später wieder verflüchtigt. Den Satz: "Keinen Hund lässt man so sterben", haben er und Ärztin Weiskopf schon öfters gehört. Kranke Menschen, die nicht mehr leben wollten, befänden sich in einer Verzweiflungssituation. "Sie wollen nicht nicht mehr leben, sondern nur so nicht mehr leben." Der Zeitpunkt sei sehr kritisch zu betrachten: "Wann handelt es sich um unterträgliches Leid?" Auch Angehörige und Ärzte tun sich mit der Einschätzung schwer.
Fünf US-Staaten erlauben begleitete Sterbehilfe
Die Bundesärztekammer habe ausdrücklich festgestellt, so Hägele, "dass es keine ärztliche Aufgabe ist, Sterbehilfe zu leisten." Auch die Kirchen und der deutsche Ethikrat lehnten einen assistierten Suizid ab. In den USA sei er inzwischen in fünf Bundesstaaten erlaubt, in Europa in den Niederlanden und in Belgien. "Wir müssen den Menschen Alternativen anbieten", sagte der Leuchauer Pfarrer Christian Schmidt, der den aktuellen Gesetzentwurf für eine Verbesserung der Palliativ- und Hospizversorgung "für den richtigen Weg" hält.
Eigenen Willen rechtzeitig formulieren
Die Angst vor der Palliativmedizin sei vielfach unbegründet, meint Hägles Nachfolger als Hospizvereinsvorsitzender, Dr. Markus Ipta. "Wir wollen in die Diskussion, auch mit jungen Menschen kommen, damit sie sich frühzeitig damit beschäftigen." Er rät dazu, den eigenen Willen rechtzeitig zu formulieren, zum Beispiel in Form einer Patientenverfügung.
Übrigens: Versicherungen zahlen im Falle einer selbstgeplanten Selbsttötung nicht, sagte Hohenner auf eine Frage aus dem Publikum. Wenn ein schwer Kranker es wünscht, wird der Verzicht auf einen Herzschrittmacher oder die Dialyse auf der Palliativstation akzeptiert. Manchmal sei auch eine "palliative Sedierung" der passende Weg für schwerleidende Patienten, so Schulze. Selbst wenn eine 94-Jährige nicht mehr essen und trinken will und das bei klarem Verstand so entscheidet, werde das von den Ärzten hingenommen. "Soweit sind wir mittlerweile schon."