Der Menschenrechtskommissar des Europarats, Michael O'Flaherty, sagte in Straßburg, das neue Gesetz werfe wichtige Fragen zu den Menschenrechten von Asylbewerbern und der Rechtsstaatlichkeit im Allgemeinen auf.
Der zum Europarat gehörende Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGRMR) hatte 2022 in letzter Minute Großbritannien daran gehindert, Asylsuchende per Flieger nach Ruanda zu schicken. Premier Sunak kündigte an, einstweilige Verfügungen des EGMR künftig zu ignorieren. "Kein ausländisches Gericht wird uns daran hindern, die Flüge zu starten", sagte er am Montag. Zugleich betonte er, der Asylpakt stehe nicht im Konflikt mit internationalem Recht.
London sieht sich im Recht
Die konservative britische Regierung betont, ihr Vorhaben trage dazu bei, Migrantinnen und Migranten zu schützen. Gefährdete Menschen würden von der Fahrt in Schlauchbooten über den Ärmelkanal abgeschreckt und das Geschäftsmodell von Schleusern zerstört, sagte Sunak. Innenminister James Cleverly betonte mit Blick auf französische Berichte über ein neues tödliches Unglück im Ärmelkanal, London tue alles, damit niemand mehr sein Leben aufs Spiel setzen müsse. Experten bezweifeln aber, dass das Vorhaben Migranten von der Überfahrt abhalten wird.
Sunak sprach von einem "bahnbrechenden Gesetz". Nun gehe es darum, die Abschiebeflüge nach Ruanda auf den Weg zu bringen.
Kritisiert wird in Großbritannien auch, dass Hunderte Millionen Pfund britische Steuergelder an Ruanda gezahlt werden, aber vermutlich nur ein Bruchteil der infrage kommenden Asylsuchenden abgeschoben wird.
Sunak hat versprochen, die Migration einzudämmen und will mit dem harten Vorgehen auch den deutlichen Rückstand seiner Konservativen in den Umfragen vor der Parlamentswahl in diesem Jahr verringern. Allerdings deutet bisher wenig darauf hin, dass Sunak eine Trendwende gelingt.
Ruanda: 130.000 Flüchtlingen wurde bereits Sicherheit geboten
Die Regierung in Ruanda begrüßte die Einigung im britischen Parlament. "Wir haben uns einer Migrations- und Entwicklungspartnerschaft mit Großbritannien verpflichtet und freuen uns darauf, die Menschen, die nach Ruanda umgesiedelt werden, willkommen zu heißen", sagte Regierungssprecherin Yolande Makolo der Deutschen Presse-Agentur in Kigali.
In den vergangenen 30 Jahren - seit dem Genozid 1994, bei dem innerhalb von nur 100 Tagen Hutu-Milizen mindestens 800.000 Angehörige der Tutsi sowie gemäßigte Hutu ermordeten - habe das ostafrikanische Land hart daran gearbeitet, Ruanda für Ruander und Ausländer sicherzumachen, so Makolo. Das Land habe seitdem bereits 130.000 Flüchtlinge aufgenommen und arbeite beispielsweise mit dem der UN-Flüchtlingshilfswerk UNHCR zusammen, um in Libyen festsitzenden Migranten einen sicheren Aufenthaltsort zu bieten.