Sein Anwalt, Uwe Mosig aus dem brandenburgischen Senftenberg, hatte darauf hingewiesen, dass kein Zeuge habe bestätigen können, dass S. wirklich der böse Anrufer gewesen sei. „Wir haben nichts“, sagte Mosig. „Vor allem keinen Tatnachweis.“ S. rief während der Hochphase der Diskussion um den angeblich zu Unrecht in der Psychiatrie sitzenden Mollath im Bezirkskrankenhaus an, um Leipziger zu beleidigen. Dafür, dass Mollath sieben Jahre „unschuldig hinter Gittern“ saß, gab er Leipziger die Schuld.
Polizeischutz für den bedrohten Chefarzt
Zunächst meldete S. sich im Dezember 2012 unter falschem Namen im Bezirkskrankenhaus und gab sich als Mitarbeiter der örtlichen Presse aus. Als Leipziger ihm erklärte, dass nicht er, sondern Richter für die Unterbringung von Mollath verantwortlich seien, legte S. los. „Dann muss ich wohl raufkommen und Ihre verleumderische Zunge abschneiden.“ Als er nochmal anrief, drohte er gleich mit Mord. Danach kam eine Email. „Die hat mich schon sehr bestürzt, diese Email“, sagte Leipziger als Zeuge in der ersten Verhandlung vor Gericht. Er stand während dieser Zeit unter Polizeischutz.
Danach änderte S. seine Methode. Nach Ansicht des Gerichts verfasste S. den Text, schickte ihn Leipziger und stellte in auf Foren im Internet. Seiner Meinung nach sollten Leipziger, einige Juristen aus Bayreuth, die angeblich mit dem Fall Mollath zu tun hatten, und der Nürnberger Richter Otto Brixner, der Mollath 2006 unterbringen ließ, getötet werden. Alles „Filzläuse“ oder „Sumpfratten“ oder „Parasiten“ befand er. Und „Parasiten töten sei gut“, schrieb er, das wisse jeder, der in Biologie aufgepasst hat. Ulrich S. kam zu der Schlussfolgerung: „Im derzeitigen Stadium ist brutale Gewalt die einzige Möglichkeit, weitere Verfilzungen und Versumpfungen zu vermeiden.“ Staatsanwältin Sandra Staade erkannte darin ein „Menschenbild des Nationalsozialismus“ wieder.
"Ich fühle mich gleichzeitig schuldig und unschuldig"
In seinem letzten Wort vor dem Urteil sprach S. von einer israelischen Studie. Darin sei festgestellt worden, dass das Urteil stärker von der Zufriedenheit der Richter abhänge als von den Tatsachen. „Deshalb hoffe, ich dass Sie zufrieden und satt sind“, sagte er zur Richterin. Er selbst fühle sich gleichzeitig schuldig und unschuldig.
Dem Kurier sagte S., die Aussagen über Leipziger würden von „halb Deutschland“ geteilt. Und er gehöre zu dieser Hälfte. Im Übrigen sei er stinksauer, weil man ihm sein Mobiltelefon und seine Computer abgenommen habe. Das aber wird er nicht mehr bekommen – es bleibt in Händen der Justiz. Außerdem muss S., der mit seiner Frau von Harz IV lebt, die Kosten für das Verfahren tragen.
Aber das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. S. werde in die nächsthöhere Instanz gehen, sagte sein Anwalt dem Kurier.