Genuss So! Zu Gast im „Goldenen Zwinger“ in Meiningen

Birgitt Schunk

Wenn die uralte Tür vom „Goldenen Zwinger“ ins Schloss fällt, ist im Handumdrehen alles ganz anders. Der Alltag muss jetzt einfach mal draußen bleiben. Die kleine Auszeit im Meiningen von einst hilft, dass dies auch gelingt.

 
Schließen

Diesen Artikel teilen

In dem Restaurant ist nichts auf alt getrimmt, der Charme längst vergangener Zeiten ist echt. Ein uriges Gasthaus, das an eine gute Stube erinnert. Selbst das gemütliche Sofa steht an der Wand – und wird recht gerne reserviert. Für heute hat sich eine Damenrunde angemeldet. Man gönnt sich erst einmal ein feines Gläschen zum Anstoßen aufs Wiedersehen. Derweil schaut Küchenchef Maik Rommel vorbei, um die Stammgäste zu begrüßen und ihre Wünsche an die Küche persönlich entgegenzunehmen. Man kennt sich schließlich.

Der Blick in die Speisekarte macht neugierig. Klassik trifft hier auf Moderne – oder umgekehrt. Der Chefkoch lässt sich nicht auf eine Richtung festlegen. Er hat gerade wieder neue Kreationen zusammengestellt. Gute, saisonale Produkte inspirieren ihn dabei. Winterkabeljau mit Rahmschwarzwurzeln und getrüffeltem Kartoffelstampf, Secreto vom Durocrücken mit fermentiertem Schmorgemüse oder Rehrücken mit getrüffeltem Rahmwirsing machen Lust auf eine kulinarische Einkehr. Hausgemachte Rinderroulade mit Gewürzrotkohl und Thüringer Klößen kommen am Wochenende ebenso auf den Tisch.

Die Hütes, wie sie in Meiningen die Klöße nennen, formt Maik Rommel wie zu Urgroßmutters Zeiten selbst. Während in zahlreichen Familien oder Gasthöfen zu den geriebenen und ausgepressten Erdäpfeln ganz klassisch Kartoffelbrei hinzukommt, ist es anderenorts etwas Saure Sahne. „Ich nehme von beiden etwas“, sagt er. Kräftig gerührt wird das Ganze mit einem Holz-Quirl. Solch Küchenwerkzeug wurde in früheren Zeiten aus dem Mittelstück ausgedienter Christbäume geschnitzt. Rommel macht das heute noch. „Der nächste liegt schon bereit – meist hält solch ein Teil ein Jahr lang.“ Das passt perfekt, denn jedes Weihnachtsfest bringt Ersatz.

Der Küchenchef kauft am liebsten vor der Haustüre ein. Heimische Jäger liefern das Wildbret, Forellen kommen ebenso von hier wie das Schnäpschen zum Verdauen. Eine Kräuterfrau aus der Rhön bringt vorbei, was in Wald und Flur saisonal wächst. Bei Tonkabohnen, Jakobsmuschel, Trüffeln, edlen Gewürzen oder feinster Schokolade muss der Chefkoch seine Fühler allerdings weiter ausstrecken. Auf der Suche nach neuen Ideen für die Küche ist Maik Rommel immer – egal, ob am Herd oder im Urlaub. Aber er sagt auch: „Irgendwie ist alles im Leben schon mal irgendwo gekocht worden.“

Umso spannender findet er, mit Bekanntem ganz neue Beziehungen in Pfanne, Topf und dann auf dem Teller einzugehen. Dabei schaut er sich überall um. Eine ältere Hausfrau hat ihm in Österreich mal das Rezept für Gnocchis ohne Eier verraten. Er hat es ausprobiert und war begeistert, denn so kann er die italienischen Erdäpfelklößchen auch auf vegane Art und Weise anbieten. „Solches Wissen ist ein ungeheuer wertvoller Fundus“, sagt er. Wie man etwas Schmackhaftes auf den Tisch zaubert, wird er künftig auch in Kursen zeigen. Kochen und Genießen machen Spaß – dieses besondere Gefühl will er weitergeben.

Mut zum Risiko

Geführt wird das Haus heute von Peter Matthes und seinem Sohn Andreas. Sie hatten das Restaurant gekauft und im Frühsommer 2020 eröffnet – ausgerechnet also in Corona-Zeiten. Die beiden Unternehmer aus Meiningen waren zuvor selbst gerne hier Gast. „Das traditionsreiche Haus war dann aber eine Zeit lang zu und wir hatten Sorge, dass das so bleibt – also gingen wir diesen Schritt“, sagt Peter Matthes. Er nennt es „Mut zum Risiko“. Für die Chefs einer renommierten Autohaus-Gruppe mit mehreren Häusern kein Fremdwort – die Gastronomie allerdings war für sie Neuland. Das gute Team vom Service bis in die Küche habe den Start erleichtert.

Auch wenn der „Goldene Zwinger“ sich im Gastraum heute wie eh und je präsentiert, so hat sich ringsherum seither viel getan. „Wir haben inzwischen auch einen Weinkeller, in dem wir Verkostungen anbieten“, erzählt Andreas Matthes. In dem ehemaligen Abstellraum, der zuvor nur Gerümpel beherbergte, wurde aufgeräumt und alles hergerichtet. Heute lagern hier feine Tropfen beispielsweise aus Österreich, Mainfranken und dem Saale-Unstrut-Gebiet. „Unser Anspruch war von Anfang an, das vielfältigste Weinangebot in der Stadt zu haben.“

Im Sommer sind diese Plätze im Kühlen gefragt, was natürlich auf den Biergarten ebenso zutrifft. Gleich nebenan gibt es außerdem einen kleineren Konferenzraum, den Firmen für Meetings gerne nutzen können. Willkommen sind hier aber auch Fußballfreunde, die sich gemeinsam ein Match im TV anschauen wollen. Und da wäre auch noch der Veranstaltungsraum im ersten Stock über der Gaststube.

„Der Goldene Zwinger dürfte das älteste Wirtshaus in Meiningen sein, das durchgängig bewirtschaftet wurde“, sagt Peter Matthes nicht ohne Stolz. Wann aus dem ehemaligen Wohnhaus einst ein Gasthaus wurde, darüber gingen die Meinungen bislang auseinander. „Auf der Tafel an der Hauswand ist zumindest für das Jahr 1840 der Brauereiausschank des Schlossbrauhauses erwähnt, das 1798/99 gegenüber errichtetet worden war." Nicht nur das macht den Goldenen Zwinger zu etwas Besonderem. Auch der einstige Hofkapellmeister Max Reger kehrte hier ein – an ihn erinnert ein Tisch, der seinen Namen trägt. Verbunden mit Meiningens kulturellem Erbe ist der Gasthof ohnehin bis heute. Leute vom Theater kommen öfters vorbei. Und Gäste lassen sich hier kulinarisch gern auf einen besonderen Abend einstimmen, bevor sich für sie der Vorhang im Musentempel hebt.

Penne à la caprese – Tuna

Zutaten für vier Personen:

250 g Penne

120 g Kirsch- oder Cocktailtomaten

50 g Porree

2 Esslöffel Olivenöl

1 Zehe Knoblauch

2 Zweige Basilikum

100 g Thunfisch (frisch)

etwas Salz und Pfeffer

Und So! wird’s gemacht: Das Olivenöl kommt in eine Pfanne. Danach werden die halbierten Tomaten, der klein gehackte oder in Scheiben geschnittene Knoblauch und der in dünne Streifen geschnittene Porree hinzugegeben – alles nun leicht anschwitzen. Penne in kochendes Salzwasser geben und al dente kochen, abgießen, dann zu den Tomaten hinzufügen und kurz schwenken. Am Ende mit Salz, Pfeffer und den geschnittenen Basilikumblättchen würzen. Alles anrichten und auf das heiße Gericht den in Streifen geschnittenen gebratenen Thunfisch geben.

Goldener Zwinger

Anschrift: Zwingergasse 8, 98617 Meiningen

Kontakt: Telefon 0 36 93 / 50 28 01, info@goldenerzwinger.de

Reservierung: Reservierung@goldenerzwinger.de (bitte immer Telefonnummer angeben)

Öffnungszeiten: aktuell Montag und Dienstag Ruhetag, Mittwoch bis Samstag 17 bis 22 Uhr, Sonntag 10 bis 14 Uhr

Internet: https://goldenerzwinger.de

Bilder