Gegen Rassismus Filmemacherin zu Gast in Pegnitz und Hollfeld

Wenn Beifall alles sagt: Auf einer Kino-Tour unter dem Dach der „Wochen gegen den Rassismus“ mit dem Motto „Misch dich ein“ machten die bayerische Integrationsbeauftragte Gudrun Brendel-Fischer (CSU) und Regisseurin Mo Asumang mit dem Film „Die Arier“ in Hollfeld und Pegnitz Station. Berührend sei dieser Film, hieß es mehrfach.

 
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Mit Schülern als Publikum. Es geht um Rechtsradikalismus. Und um weit mehr. Nicht nur der Film beeindruckte, sondern auch die Reaktion der jungen Menschen. 160 waren es im Hollfelder Kintopp. Aus der Gesamtschule. Mittelschüler, Realschüler – plus eine Arbeitsgruppe, in die übergreifend auch Gymnasiasten eingebunden sind. In Pegnitz war der Nachwuchs der Christian-Sammet-Mittelschule mit rund 130 Schülern vertreten. „Da sind die Mittlere-Reife-Jahrgänge ab der achten Klasse dabei, außerdem alle Regelklassen der neunten Jahrgangsstufe“, sagt Konrektorin Irene Meyer.

Oma bei der Waffen-SS

Im Mittelpunkt des Geschehens: Die gekürzte Version eines preisgekrönten Dokumentarfilms der afrodeutschen Journalistin, Moderatorin und Filmemacherin Mo Asumang, in dem sie sich auf eine Reise in die Neonazi-Szene begibt. Als dunkelhäutige Deutsche. Mit einer Oma in der Familienbiografie, die für die Waffen-SS tätig war.

Unterwegs war sie dafür weltweit. Auslöser war der Song einer Neonazi-Band, in dem ihr „die nächste Kugel“ zugedacht wurde. Das löste Angst aus. Und letztlich den Wunsch, mit jenen ins Gespräch zu kommen, die hinter solchen „Wünschen“ stehen. Asumang machte sich auf den Weg nach Sachsen und Thüringen, besuchte Kundgebungen der NPD und Treffen von Burschenschaften in Gera, Weimar, aber auch hoch im Norden in Wismar.

Was ist eigentlich ein Arier?

Nicht ohne Grund heißt ihr Film „Die Arier“. Sie wollte erkunden, woher dieser Begriff eigentlich kommt, wer sich mit ihm identifiziert. Und erfuhr bei ihrem Nachfragen, dass darauf kaum jemand eine fundierte Antwort geben kann. Die bekam sie dann auf wissenschaftlicher Ebene. Weil der Begriff „Arier“ ursprünglich aus dem Norden des Iran stammt. Dort reiste sie auch hin, sprach mit Menschen, die das bestätigten, die Hitler als „einen Verrückten“ bezeichneten. Und für die als „echte“ Arier – es geht um einen Begriff aus der Sprachwissenschaft, den der französischer Graf und Schriftsteller Arthur de Gobineau Mitte des 19. Jahrhunderts für seine Rasseneinteilung übernahm – alle Mensch gleich sind. Heißt: Die Nazis haben den Begriff geklaut. Was nicht so lustig ist, wie es klingt.

Auch in den Südstaaten unterwegs

Asumang war auch in den Südstaaten in den USA unterwegs, verabredete sich unter abenteuerlichen Umständen mit Vertretern des Ku-Klux-Klans. Und mit Tom Metzger, vom White Aryan Resistance - Weißer Arischer Widerstand –, einer neonazistischen Organisation in den Staaten. Habe sie da nicht so richtig Angst gehabt, wurde die Filmemacherin von den Schülern in Hollfeld wie in Pegnitz gefragt. Doch, sagt sie. Gerade beim Ku-Klux-Klan, „denn die kamen mit einem Pick-up, auf dem zwei Maschinengewehre waren“. Doch aus dieser Angst sei auch Selbstbewusstsein entstanden. Für sie ging es ganz grundsätzlich um die Frage, ob sie sich einschüchtern lasse oder offensiv mit den Drohungen gegen sie umgehe. Sie entschied sich für Lösung Nummer zwei. Auch, um die Menschen hinter diesen Drohungen kennenzulernen

Die Sache mit den Anfeindungen

Dass sich dieses Bemühen lohnt, hat die in ihrer Sache unbeirrbare 59-Jährige in der eigenen Familie erlebt. Als ihre bei der Waffen-SS aktive Oma erfuhr, dass ihre Tochter einen Baby von seinem Mann aus Ghana bekomme, habe sie damit gedroht, „sich vor die Straßenbahn zu schmeißen“. Als dieses Baby, also sie, dann in der Wiege lag, habe eben diese Oma rasch beschlossen, „das ist meins“. Ergebnis: „Ich wurde von ihr sehr gut erzogen.“ Was nichts an den späteren Anfeindungen ändert. Mit denen sie inzwischen umgehen könne. Auch, weil sich sich nicht auf die „Wut- und Hassschleife“ einlasen wolle, die von der anderen Seite gerne forciert werde. Siehe Tom Metzger – der sie am Ende des Gesprächs sogar umarmen wollte. Was sie zuließ. Was wiederum auch zu ihrem Rezept gehört, „die Menschen hinter diesen Ansichten kennenzulernen“.

„Toller Film, tolle Frau“

Das habe ihr auch geholfen, sich „aus meinen Ängsten herauszuarbeiten“. Hin zu einer Gefühlslage, in der sie „mit dem Ganzen umgehen kann“. Am Ende stand, sagte Gudrun Brendel-Fischer, ein „toller Film einer tollen Frau“. Zu einem Thema, das alle angeht. Zur Frage, wie man Menschen anderer Hautfarbe oder Religion behandle – auch in einem Bayern, „das immer bunter wird“. Diese Menschen „sollen sich hier wohlfühlen“. Damit das auch so ist, braucht es einen Dialog, sagte Mo Asumang. Auch mit radikalen Leuten. Der müsse früh beginnen, „wenn die mal im Pulk auf der Straße marschieren, ist nichts mehr zu machen.“ So wie bei ihren Dreharbeiten, bei denen zwei männliche Kameraleute aufgaben. Einer, weil man ihm die Kamera ins Gesicht schlug. Als sie dann mit zwei „blonden, blauäugigen Kamerafrauen“ auftrat, sei alles viel entspannter gewesen.

Appell. Das Gespräch suchen

An die Schüler appellierte sie, nicht in eine Anti-Haltung zu verfallen. Sondern, „wenn ihr etwas mitbekommt“, mit den Betreffenden das Gespräch zu suchen. Und: Da gehe es nicht nur um Rassismus, da gehe es um Menschen, „die eine andere Meinung haben“. Für Radikale reiche es nicht, deutsch und weiß zu sein, da stecke weitaus mehr dahinter. Beifall aus den Reihen der jungen Zuhörer. In Hollfeld wie in Pegnitz. Was auch den Pegnitzer Schulleiter Thorsten Herzing bewegte: „Nicht nur der Film war berührend, sondern auch die Antworten von Mo Asumang auf die Fragen unserer Schüler.“

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