Die Freien Wähler könnten nach dem 15. September die Weichen stellen, wie es in Bayern weitergehe, zeigte sich der 42-Jährige beim Redaktionsgespräch mit unserer Zeitung überzeugt. Er sieht die realistische Chance, dass bei der Landtagswahl weder die CSU die absolute Mehrheit erreicht noch dass es zu einer Fortsetzung der bisherigen schwarz-gelben Koalition kommt. Dann sei eine Koalition der Freien Wähler mit der CSU möglich, allerdings müssten die Christsozialen einer Wahlmöglichkeit für das neunjährige Gymnasium zustimmen und die dritte Startbahn beim Münchner Flughafen fallenlassen.

Auch eine Koalition mit Rot-Grün sei denkbar, allerdings müssten SPD und Grüne die Debatte um Frauenquoten und „übertriebene Tierschutz- und Naturschutzforderungen“ fallenlassen. Es gehe darum, das Beste für Bayern herauszuholen. Sollte ein „Weg in der Mitte nicht möglich sein, dann bleiben wir in der Opposition.“

„Die CSU behandelt uns von oben herab“

Die Freien Wähler seien inhaltlich mehr in die bürgerliche Richtung festgelegt, viele Mitglieder hätten früher CSU gewählt. „Das heißt nicht, dass man alles toll finden muss, was die CSU macht“, sagte Aiwanger. Und er fügte hinzu: „Die CSU behandelt uns von oben herab.“

Für das geplante Volksbegehren zur Wahlfreiheit zwischen G 8 und G 9 in Bayern hätten die Freien Wähler inzwischen rund 14.000 Unterschriften gesammelt. Bis zur Landtagswahl rechnet Aiwanger mit 25.000 Unterschriften. Umfragen zeigten, dass zwei Drittel bis drei Viertel der Menschen im Freistaat zurück zum G 9 beziehungsweise eine Wahlfreiheit wollten. „Es spricht alles für das G 9, warum die CSU hier so stur ist, dafür fehlt mir das Verständnis.“

Er rechnet damit, dass die Freien Wähler ihr Ergebnis der letzten Landtagswahl von 10,2 Prozent der Stimmen auf jeden Fall steigern werden. Man liege aktuell in Meinungsumfragen bei acht bis zehn Prozent und damit etwas besser als bei Umfragen vor fünf Jahren. „Wir werden näher bei 15 als bei zehn Prozent liegen“, prophezeite der Landeschef. Die FDP werde mit vier Prozent an der Fünf-Prozent-Hürde scheitern. Die SPD werde in ländlichen Gebieten weiter Stimmen verlieren. „Unser mittelfristiges Ziel ist es, bei der Landtagswahl die zweitstärkste Gruppierung zu werden.“

Nadler soll Zahlungen auf den Tisch legen

Zur Verwandtenaffäre sagte Aiwanger, Landtagspräsidentin Barbara Stamm (CSU) habe ihre schützende Hand über das CSU-Etablissement halten müssen. Diese Dinge seien bekannt gewesen, Stamm habe sie laufenlassen. Zur Beschäftigung der Ehefrau des Bayreuther Landtagsabgeordneten Walter Nadler meinte er, die geleisteten Zahlungen gehörten auf den Tisch. Den Kauf einer 6000 Euro teuren Digitalkamera durch den Hofer Landtagsabgeordneten Alexander König (CSU) im Rahmen der Technikpauschale für Abgeordnete nannte Aiwanger „moralisch anstößig“.

Die Freien Wähler sprechen sich für die Stärkung der bäuerlichen Strukturen und gegen eine industrielle Landwirtschaft aus. Die EU-Hygienerichtlinie müsse bei Kontrollen so ausgelegt werden, dass kleine Metzgereien erhalten blieben. In Bayern werde stärker kontrolliert als in anderen Bundesländern, hier gebe es durchaus Auslegungsspielraum der Behörden. Weiterhin unterstützt Aiwanger die Wertschöpfung auf dem Land durch Photovoltaik- und Biogasanlagen.