Freibadbesuch: Freizeitspaß statt Wagnis

Von und Torsten Geiling
Bald beginnt wieder die Freibadsaison. Aber trauen sich Vereine überhaupt noch Schwimmausflüge zu machen?Foto: Archiv/Ronald Wittek Foto: red

Über das aktuelle „Vanessa-Urteil“ des Kulmbacher Amtsgerichts wird in Jugendverbänden und Jugendringen viel diskutiert. Können Jugendgruppen überhaupt schon Badeausflüge riskieren? Und wenn ja - was sollten sie beachten?

 
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Die Übungsleiterin des Turnvereins war schuldig gesprochen worden, den Tod eines achtjährigen Mädchens im Himmelkroner Freibad mitverursacht zu haben. Das Kind ertrank im tiefen Wasser und hielt sich im Schwimmerbereich auf – ohne schwimmen zu können.

Betreuer und Jugendleiter brauchen Rettungsschwimmer

Der Landesverband Bayern der Deutschen Lebensrettungs-Gesellschaft (DLRG) veröffentlichte nach der Entscheidung des Amtsgerichts Empfehlungen an seine Mitglieder. Sie richten sich auch an die DLRG-Jugend, der rund 20 000 Mädchen und Jungen bis 26 Jahre angehören. „Viele Jugendverbände fragen sich nun, ob sie noch mit Kindern und Jugendlichen Fahrten zu Badeseen und Schwimmbädern anbieten können“, heißt es in dem Schreiben. „Die DLRG gibt klare Hinweise. Für Betreuer ist das Rettungsschwimmabzeichen Silber Voraussetzung. Jugendleiter, die mit Kindern und Jugendlichen Schwimm- und Freizeitbäder besuchen, müssen das Deutsche Rettungsschwimmabzeichen in Silber besitzen. Die aktuelle Rettungsfähigkeit des Jugendleiters wird dadurch sichergestellt, dass die Prüfung zum Rettungsschwimmabzeichen nicht älter als zwei Jahre ist.“

Tipps für rechtssicheres Handeln

Jürgen Ziegler steht an der Spitze des Kreisjugendrings (KJR) Kulmbach. Er sagt: „Wir haben eine Verantwortung gegenüber Kindern und Jugendlichen, aber auch den Betreuern gegenüber.“ Die Betreuer des Kreisjugendrings seien gut ausgebildet. Sie würden die wichtigsten Grundlagen Schritt für Schritt lernen. „Wer sich jetzt Sorgen macht, wie er rechtssicher handelt, den laden wir zu einer Informationsveranstaltung ein.“ Als Referenten werden Hansjakob Faust vom Bayerischen Jugendring (BJR) und Kathrin Limmer, Juristin am Landratsamt, die Fragen von Vereinen und Verbänden beantworten. Der Termin ist nach den Pfingstferien geplant. Dass die Jugendleiter, wie der DLRG empfiehlt, das Deutsche Rettungsschwimmabzeichen in Silber haben sollten, hält er für überzogen. Vielmehr verweist Ziegler auf den Bayerischen Jugendring (BJR). Der sage, es gebe keine „absoluten und allgemein verbindlichen Vorgaben“ für den Besuch von Rettungsschwimmerkursen und Betreuungsschlüsseln bei ehrenamtlichen Jugendleitern. Der KJR Kulmbach nimmt die Leitlinien des Landesverbands als Vorbild für das künftige Vorgehen.

Die kommunale Jugendarbeit im Kreis Bayreuth stellt sich ebenfalls auf die Folgen des Urteils ein. „Der Kreisjugendring versteht sich als Partner und Berater der Jugendbetreuer, seien es ehren- oder hauptamtlich Tätige“, sagt Daniel Frieß, der Vertreter des Landrats im Amt und Geschäftsbereichsleiter Zentrale Angelegenheiten.

Das haftungsrechtliche Risiko minimieren

Das Kulmbacher Urteil habe man zum Anlass genommen, fachlich fundierte und zugleich Rechtssicherheit bietende Rahmenbedingungen und Verhaltensempfehlungen zu erarbeiten und umzusetzen. Auch der Kreisjugendring Bayreuth lehnt sich wie der in Kulmbach an die BJR-Informationspapiere. „Bei Einhaltung der dort empfohlenen, durchweg praktikablen und sinnvollen Empfehlungen wird ein Besuch im Schwimmbad hoffentlich bald wieder mehr als Freizeitspaß und weniger als haftungsrechtliches Risiko wahrgenommen werden“, sagt Frieß.

Der BJR sieht im Besuch von Schwimmbädern, Spaßbädern und Badeseen einen wichtigen Bestandteil der Jugendarbeit in Bayern. „Obgleich der Besuch eines Schwimmbades zweifellos immer mit gewissen Gefahren verbunden sein wird, sollten sich Jugendverbände durch dieses Urteil nicht verunsichern lassen“, teilt der Bayerische Jugendring mit. Wenn die Aufsichtspflicht vor und während des Badeausflugs eingehalten und das Geschehen mit „stetiger Wachsamkeit vor Ort“ begleitet werde, bleibe der Schwimmbadbesuch „weniger ein juristisches Wagnis, als vielmehr ein Freizeitspaß für groß und klein“.

Schriftliche Einverständniserklärung

Zwingend erforderlich sei, so der BJR, sich im Vorfeld mit den Eltern abzusprechen. Diese müssten ausdrücklich ihr Einverständnis erklären. Eine vorformulierte, schriftliche Einverständniserklärung sei auszuteilen und unterschrieben an den Jugendleiter zurückzugeben. Gehe es in „kein gewöhnliches Freibad oder Hallenbad“, wie ein Wellen- oder Seebad, sei hierüber ebenso zu informieren. „Die Eltern müssen wissen, worauf sie sich einlassen.“ Aber genauso die Betreuer: Sie sollten „eine Art Schwimmtest“ organisieren und sich nicht auf die Angaben der Kinder verlassen.

Ehrenamt ist toll, aber wir müssen uns gut vorbereiten“, sagt daher Ziegler. Das gehe nur mit regelmäßigen Schulungen und der Wiederholung des Erste-Hilfe-Kurses. „Ein Restrisiko bleibt aber immer“, sagt Ziegler. „Wir müssen noch an ein paar Stellschrauben drehen, dann können wir weiterhin beruhigt schlafen.“ Die verurteilte Betreuerin tut Ziegler leid. Auch andere hätten Verantwortung für das Geschehen. „Wir wollen den Ehrenamtlichen den Spaß und die Freude an der Arbeit wieder zurückbringen.“

Bronze-Abzeichen besser als Seepferdchen

Der Rettungsschwimmerverband sagt, ein sicherer Schwimmer sei nur, wer mindestens das Schwimmabzeichen der Stufe Bronze nachweisen könne. Für das Schwimmen in Freigewässern oder im Meer seien die Anforderungen höher und das Silberabzeichen nötig. Damit ist er strenger als der Bayerische Jugendring. Ein Jugendleiter müsse ständig am Beckenrand präsent sein, bei mehreren Becken bedürfe es mehrerer Aufsichtspersonen. Man dürfe sich nicht auf die Beschäftigen der Bäder verlassen – und auch nicht nur auf die Angaben der Kinder und Eltern.

Letzteres geht Ziegler zu weit: „Wem können Sie denn dann vertrauen?“ Die Tipps des BJR hält er für „pragmatischer und praktikabler“. Letztendlich sei immer der Einzelfall entscheidend.

Regelmäßige Schulungen

Der Kreisjugendring Bayreuth schult ebenfalls regelmäßig die Jugendleiter. Erst vor Kurzem haben Silke Berner, und Rainer Nürnberger zur Aufsichtspflicht zum Jugendschutz und zu Versicherungsfragen informiert. Darüber hinaus organisiert der Verband ein Treffen der gemeindlichen Jugendbeauftragten. Das sind häufig Gemeinderäte, aber auch Personen, die vom Gemeinderat zu ehrenamtlichen Jugendbeauftragten gewählt werden. Dieses Treffen findet mindestens einmal im Jahr im Großen Sitzungssaal des Landratsamtes statt, das nächste Mal am 19. Juni.

Mit Blick auf das Kulmbacher Urteil sollen diesmal auch die Jugendverantwortlichen der Verbände,  das sind die Vertreter der Vereine, die Jugendarbeit anbieten, dazu eingeladen und informiert werden.

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