Forstbewirtschaftung: Vom Versuch, aus einem gequälten einen gesunden Wald zu machen Ökologie: Auch totes Holz ist gutes Holz

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Eine Frischzellenkur für den Forst versuchen Frank Pirner (rechts) und seine Kollegen in diesem drei Hektar großen Waldstück, in dem der Sturm gewütet hat. Der Forst hat hier 35.000 neue Bäume gepflanzt, um aus dem früheren Kiefern- einen Mischbestand werden zu lassen. Foto: Stefan Brand Foto: red

Der Forstbetrieb Pegnitz ist ein Wirtschaftsbetrieb. Er muss Erfolge vorweisen auf der Ertragsseite. Das ist die eine, die ökonomische Seite (über sie haben wir bereits berichtet). Doch da ist auch die andere, die ökologische. Jene Seite, die Forstbetriebsleiter Frank Pirner in der öffentlichen Wahrnehmung zu kurz kommt. Obwohl das, was der Forst da leistet, doch eigentlich nicht zu übersehen ist, meint er.

 
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Doch dazu müsse man eben überhaupt erst einmal in den Wald gehen. Und sich dort mit offenen Augen bewegen, nicht mit Scheuklappen. Dann registriere ein aufmerksamer Forstbesucher rasch, was da wirklich Sache ist. Bei der Neugestaltung des Waldes, bei der Auslichtung, bei der Aufforstung, bei der Pflege von Waldrändern, beim Anlegen neuer Biotope.

„Mit Gewinnmaximierung hat das nichts zu tun, sehr wohl aber mit der Maximierung des Gesamtnutzens“, so Pirner bei einer Exkursion mit dem Kurier in den Veldensteiner Forst und den Herzogswald. Es gehe um eine Vielzahl von Anforderungen, es gehe immer auch um den Kompromiss. Einen Kompromiss, „den wir gerne suchen.“ Denn: „Wir wollen den Naturschutz, wir wollen den Trinkwasserschutz. Ohne Wenn und Aber.“ Das müsse man „draußen“ immer und immer wieder erklären. Wobei Pirner das schon langsam leid ist: „Es kommt mir manchmal vor, als ob man gegen eine Wand redet.“

Wald der Zukunft

Doch Pirner ist nicht der resignative Typ. Schon Sekunden später hat er seine Euphorie wiedergefunden, wenn er vom „neuen Wald“ erzählt, dem Wald der Zukunft. Der Umbau könne nur Schritt für Schritt passieren. Der Veldensteiner Forst hat diesen Umbau dringend nötig, sagt Pirner: „Das ist ein gequälter Wald, hier ging es Jahrhunderte nur um den Nutzen, die Holzgewinnung und sonst nichts.“

Der Holzbedarf für die Eisenverhüttung und die über 1000 Köhlerstellen war enorm. Die Konsequenz ist ein Wald, der fast nur aus Fichten und Kiefern besteht. „Und der unter einem verarmten Boden mit wenig Nährstoffen leidet.“

Es werde viele Jahrzehnte dauern, bis dieser Wandel vollzogen ist. Man könne nicht alles auf einmal anpacken. Im Leienfelser Wald und im Herzogswald sei die Situation besser, hier gibt es keine Monokulturen. Auch, weil der Forst investiert, sagt Pirner. So wie auf einer drei Hektar großen Fläche im Herzogswald. Hier hatte der Sturm gewütet. Man holte alle Kiefern heraus, pflanzte 35 000 neue Bäume. Vor allem Eichen. „Wir wollen hier aus einem reinen Nadelbaum- einen Eichenmischbestand machen“, sagt Pirner. Das sei eine „ganz schön große Herausforderung“.

Und ein ganz schönes Risiko. Denn Rehe und Hirsche lieben Eichenrinde, die jungen Bäume sind also stark von Wildverbiss bedroht. Da bleibt in manchen Fällen nichts anderes übrig, als den Baumnachwuchs mit Zäunen zu schützen. Bei einem Areal von drei Hektar Größe ist das natürlich kaum zu bewerkstelligen.

Doch die gezielte Verjüngung und Veränderung des Baumbestandes ist nur ein Aspekt des ökologischen Handelns, sagt Frank Pirner. Das ist mehr.

Die Unantastbaren

Immer wieder stößt man auf Bäume, die einen grünen Farbring tragen. Da sind zum einen „unsere Methusaleme“, wie sie Pirner nennt. Mächtige Stämme, oft Buchen, die irgendwie schon immer hier waren, die weit über hundert Jahre alt sind. Die sollen auch bleiben. Als so eine Art Wahrzeichen des Waldes. Und da sind die Höhlenbäume. Bäume, in denen bereits Spechte und Käuze ein Domizil gefunden haben. Bäume, die Schäden in der Rinde aufweisen – weil die Höhlenbauer da leichter „anklopfen“ können. „Da haben die Förster stets ein Augenmerk drauf, diese Bäume werden nicht gefällt.“

Das tote Holz

Nein, es schaut im Forst unserer Region noch lange nicht so aus wie im Nationalpark Bayerischer Wald, wo der Wald völlig selbst überlassen wird, sich zurück zum Urwald entwickelt. Aber so richtig aufgeräumt wirkt der Wald auch bei uns nicht. Das hat seinen Grund: Abgestorbene Bäume oder solche, die durch Sturmböen umgeknickt wurden, bleiben oft da liegen, wo sie hinfallen. „Dieses Totholz ist ein wichtiger Lebensraum, gerade für die weit über tausend Käferarten, die wir hier haben“, sagt Pirner. Und da müsse man nicht selten sehr energisch argumentieren gegenüber jenen, die diese Bäume als schnell greifbares Brennholz sehen. Pirner: „Wir wollen einen artenreichen Wald, dazu brauchen wir dieses Totholz.“

Naturdenkmäler und Gewässer

„Auch sie sind wichtig, auch sie wollen wir erhalten“, betont der Forstbetriebsleiter. Damit meint er nicht die oft versteckt liegenden Überreste ehemaliger Steinbrüche oder Kohlenmeiler. Damit meint er die Gewässerlandschaft im Forst. Etwa den so idyllisch anmutenden Seerosenweiher an der sogenannten Forellenstraße im Veldensteiner Forst. Hier hat der Forst auch selbst gewirkt, hat Verlandungszonen angelegt. „Auch das dient wieder der Artenvielfalt – „es ist der Wahnsinn, was der Wald da alles zu bieten hat“. Gut, der eine oder andere Weiher werde auch verpachtet. Aber dann unter Auflage, „dass er naturnah bewirtschaftet werden muss“.

Unter dem Strich steht für Pirner das Fazit: „Die Ökologie ist für uns genauso bedeutsam wie die Ökonomie. Wir nutzen den Wald nicht nur, wir pflegen ihn auch. Und wir machen ihn damit besser, attraktiver, natürlicher.“

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