Festakt im Zentrum: Augen zu und durch

Von und Moritz Kircher
Beim Festakt im Zentrum gab es eine kleine Kostprobe: Derzeit befindet sich die Junge deutsch-französisch-ungarische Philharmonie unter der Leitung von Nikolaus Richter auf Tournee. Foto: Andreas Harbach Foto: red

Es war eine Lehrstunde in der Disziplin „Augen zu und durch“: Beim Festakt zum 30-jährigen Bestehen des deutsch-französischen Forums junger Kunst im Zentrum an der Äußeren Badstraße gab es vor allem Musik und freundliche Worte. Dass im Zentrum, das eng mit dem Forum verbunden ist, nach wie vor die Staatsanwaltschaft ermittelt, wurde in dieser Feierstunde ausgeblendet.

 
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Der Griff in die Kasse des Zentrums durch die Geschäftsführerin war in dieser Veranstaltung kein Thema. Stattdessen war Klaus Klötzer, der Vorstandsvorsitzende des Zentrums, sichtlich bemüht, positive Nachrichten zu verbreiten: „Das Zentrum lebt“, sagte Klötzer in seiner Begrüßung. Und: „Die Stimmung im Haus ist sehr gut, so sagt man mir.“

80 Musiker und 15 geladene Gäste

Warme Worte adressierte Klötzer auch an einige der Gäste, die der Einladung zum Festakt gefolgt waren: „Du bist ja einer unserer großen Freunde“, hieß es in Richtung von Zweitem Bürgermeister Thomas Ebersberger (CSU). Oder: „Danke, lieber Nikolaus.“ Gemeint war Nikolaus Richter, der beim Festakt Ausschnitte aus dem Konzertprogramm mit der jungen deutsch-französisch-ungarischen Philharmonie präsentierte.

Es war ein ungewöhnlicher Anblick, der sich den handverlesenen Gästen beim Betreten des Europasaals bot: Dort, wo sonst die Zuschauer sitzen, hatte das rund 80-köpfige Orchester Platz genommen, vor der Bühne saßen die circa 15 Gäste. So kamen auf jeden Besucher rund fünf Musiker. Unter den Gästen waren auch Bayreuths Alt-OB Michael Hohl, Kulturpfleger Stefan Specht (beide CSU) und Clemens Lukas, in dessen Musica-Reihe Nikolaus Richter Anton Bruckners 7. Sinfonie dirigieren wird.

Oberbürgermeisterin bleibt Festakt fern

Die Verantwortlichen im Zentrum mussten freilich einige Absagen in Kauf nehmen. Der Generalsekretär des deutsch-französischen Forums junger Kunst ließ sich durch die Projektbeauftragte Michaela Christmann vertreten. Vincent Bubois, Direktor der Musik-Akademie in Straßburg, ließ ein freundliches Grußwort verlesen. Bayreuths Oberbürgermeisterin Brigitte Merk-Erbe (BG), die sich angesichts der Vorgänge im Zentrum jüngst sehr verärgert über die Verantwortlichen gezeigt hatte, war dem Festakt ferngeblieben.

Ausschließlich lobende Worte mit Blick auf 30 Jahre Forum fand hingegen Festrednerin Ursula Adamski-Störmer vom Bayerischen Rundfunk, die in ihrer Laudatio kulturpolitische Aspekte hervorhob. Der Bayerische Rundfunk ist hier seit rund 25 Jahren mit im Boot. Auch heuer soll das Sinfoniekonzert in der Bayreuther Stadtkirche am Samstag, 7. April, um 17.30 Uhr aufgezeichnet werden. Ein Sendetermin steht noch nicht fest, wie Adamski-Störmer auf Kurier-Nachfrage sagte. Seit Dienstag befindet sich das Orchester auf Tournee durch Paris und Berlin.

Staatsanwaltschaft ermittelt weiter im Zentrum

Fest steht indessen: Während die Orchestermusiker mit Anton Bruckners himmlischer Musik die recht irdischen Vorgänge im Zentrum für die Dauer von einer Stunde vergessen machen werden, ermittelt die Staatsanwaltschaft weiter. Da eine Vielzahl einzelner Daten überprüft werden muss, sei ein Ende der Ermittlungen noch nicht abzusehen, wie Oberstaatsanwalt Herbert Potzel am Dienstag im Gespräch mit dem Kurier sagte.

Noch immer ist nicht geklärt, wie die ehemalige Geschäftsführerin des Jugendkulturzentrums „Das Zentrum“ über zwei Jahre hinweg mutmaßlich 190 000 Euro veruntreuen konnte. Der Trägerverein hatte der Stadt Anfang des Jahres eine Mitschuld gegeben: Das Rechnungsprüfungsamt habe auch nichts bemerkt. Aber hätte das Amt die Chance dazu gehabt? Nein, heißt es aus dem Rathaus, wo man entscheidende Versäumnisse beim Verein sieht.

Stadt bestreitet Mitschuld

Das Rechnungsprüfungsamt prüfe beim Zentrum gar nicht die kompletten Bücher, teilte die Stadtverwaltung auf Kurier-Anfrage mit. Man prüfe, „ob die an das Zentrum ausgereichten Zuschüsse ordnungsgemäß verwendet wurden“, heißt es in der schriftlichen Antwort. Die Stadt listet auf, was geprüft werde: laufende Betriebskosten für das Gebäude, Kosten für den Bauunterhalt, Zuschuss für die Vergütung der Geschäftsführung, des Sekretärs, eines Auszubildenden und einer weiteren Mitarbeiterin.

Die vorgelegten Belege aus dem Jahr 2015 seien unauffällig, sagt die Stadtverwaltung. Anfang des Jahres 2018 habe der Jahresabschluss für 2016 noch nicht vorgelegen – „trotz mehrfacher Nachfrage“, wie die Stadtverwaltung betont. Darüber hinaus schaut sich das Rechnungsprüfungsamt noch die Abrechnung des deutsch-französischen Forums junger Kunst an, weil die Stadt auch hier einen Zuschuss gibt.

Stadtverwaltung muss lange auf Zahlen aus dem Zentrum warten

Ob die mutmaßlich veruntreuten Gelder auch in einen der von der Stadt genannten Prüfbereich fallen und die Stadt etwas hätte bemerken können, werden die laufenden Ermittlungen ergeben müssen. Die Stadtverwaltung sagt: Nein. Denn zum Zeitpunkt, als die mutmaßliche Veruntreuung aufflog und die Geschäftsführerin fristlos gekündigt wurde, hätten die bei der Stadt bis dahin vorgelegten Belege „keinen Anlass zur Beanstandung“ ergeben.

Welchen Sprengstoff die Bücher des Zentrums noch bergen, könnte in diesen Wochen klarer werden. Denn bis Ende des Monats müsse der Jahresabschluss 2017 bei der Stadt vorliegen.

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