Ferienarbeit Pegnitz Fabrik statt Freibad

Von Wolfgang Karl

PEGNITZ. Ferienzeit ist Arbeitszeit – zumindest für viele Schüler und Studenten. Bei den beiden großen Industrieunternehmen in Pegnitz, KSB sowie Baier und Köppel sind einige Ferienarbeiter beschäftigt. Für die Firmen hat das viele Vorteile, die Ferienhelfer selbst können schon mal in die Berufswelt schnuppern und sich kleine Wünsche mit dem Geld erfüllen.

 
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Insgesamt 77 Ferienarbeiter waren in diesem Jahr schon bei KSB in Pegnitz beschäftigt. Mit vieren davon hat sich der Kurier unterhalten. Tobias Deinzer ist einer von ihnen. Der 17-Jährige ist der einzige Schüler aus der Runde. „Ein Cousin hat mir von der Ferienarbeit hier erzählt. Er meinte, dort herrsche ein gutes Arbeitsklima und ich solle es eben mal versuchen.“ Maria Korzendorfer studiert an der Ostbayerischen Technischen Hochschule in Regensburg, bei KSB ist die 22-Jährige schon das vierte Jahr in Folge.

Karriere bei der KSB

Kollegin Melina Wiesent (20) beginnt bald eine Lehre als Industriemechanikerin bei KSB und nimmt die Gelegenheit zur Ferienarbeit wahr, um schon einmal die Gegebenheiten vor Ort kennenzulernen: „Das ist ziemlich cool, dadurch gehe ich nicht unwissend in meine Lehrzeit, sondern kenne mich schon ein bisschen aus.“ Zum zweiten Mal ist Andreas Henrich in den Semesterferien im Betrieb. Der 22-Jährige studiert Maschinenbau an der Georg-Simon-Ohm-Hochschule in Nürnberg.

Spaß in der Fabrikhalle?

Doch macht es den Vieren wirklich Spaß, in der Fabrikhalle zu stehen? Korzendorfer gefällt es, neben dem Studium noch etwas dazu zu verdienen, gerade, weil sie inzwischen die Kollegen gut kennt. Nach dem Studium könne sie sich auch vorstellen, fest bei KSB anzufangen. Etwas, das Ester Buthmann, die Personalleiterin in Pegnitz, sehr gerne hört.

Die Ferienarbeit lohne sich für KSB in mehrfacher Hinsicht: „Zum einen, um zu jungen Leuten hier in der Region Kontakt zu halten, um Talente an den Standort zu bekommen und sich gegenseitig kennenzulernen.“ Aber es sei genauso wichtig, in der Urlaubszeit für Entlastung durch Ferienarbeiter zu sorgen. Ein Thema, das Thomas Simon, dem Leiter der Produktion Pumpen für seine Fertigung wichtig ist: „Die Kunden bestellen ja auch in der Haupturlaubssaison weiter. Ohne Ferienarbeiter müssten wir längere Lieferzeiten angeben.“

Auch Baier und Köppel beschäftigt Ferienarbeiter

Auch der Schmiersystemhersteller Baier und Köppel in Pegnitz beschäftigt Ferienarbeiter. „Zwischen 15 und 20 haben wir gleichzeitig hier am Standort“, sagt Lorenz Schriefer, der Personalreferent. Anders wie bei KSB werden die Kräfte nicht nur in Fertigung und Montage, sondern auch im Büro eingesetzt. Die 17-jährige Elisa Overbeck aus Pegnitz arbeitet im Exportbüro.

Sie ist zum zweiten Mal bei Baier und Köppel und kann sich gut vorstellen, später im kaufmännischen Bereich in der Industrie zu arbeiten. „Mich hat interessiert, wie so ein Arbeitsalltag aussieht. Man sieht und lernt das ja nicht in der Schule“, sagt sie. Dass einige Ferienarbeiter hinterher bei Baier und Köppel anfangen, sei schon häufiger vorgekommen, sagt Schriefer. Bisher habe man nur positive Erfahrungen gemacht.

Geld für Laptop und Führerschein

Jana Gerstner ist 18 Jahre alt und geht auch in Bayreuth aufs Gymnasium. An ihrem Job in der Montage gefällt ihr vor allem die Vielseitigkeit der Aufgaben: „Ich montiere Kleinteile zusammen. Zwar macht man immer viele davon, aber jeden Tag andere.“ Sie sei bereits das zweite Jahr hier, ihr Vater arbeite ja auch in der Firma. Tobias Ckotsch (16), Gymnasiast aus Pegnitz, will sich mit der Ferienarbeit etwas Elektronik kaufen, um seinen Laptop aufzurüsten.

Auch bei Baier und Köppel sitzt er in der Fertigung an Kleinteilen. „Ich finde es faszinierend, wie ein kleines Bauteil in einer großen Maschine viel bewirken kann“, sagt er. Seine technische Begeisterung sei ererbt, schon sein Vater arbeite als Mechaniker. Zu Baier und Köppel sei er durch einen Aushang an seiner Schule, dem Gymnasium Pegnitz, gekommen.

Man sieht, was man geleistet hat

Fertigungsleiter Reinhold Schatz sieht durchaus den Nutzen in der Urlaubszeit. Ob jemand Lust daran hat, das merke er bald: „Nach einer Woche schon kann man sehen: Da ist jemand begeistert, oder die Begeisterung nimmt ab. Das merkt man gleich.“ Außerdem sei es etwas anderes als die Schule, etwas, bei dem man hinterher sehe, was man geleistet hat, sagt Ckotsch.


Info: Die Geschichte der Pegnitzer Industrialisierung begann spät: Erst in den 1880er Jahren kam es zu zwei erfolglosen Versuchen, Industrieunternehmen anzusiedeln. Voraussetzung für die Ansiedlung von Schwerindustrie war der Eisenbahnbau in den 1870er Jahren. Am 28. Juni 1877 traf die erste Dampflokomotive in Pegnitz ein.

Der erste erfolgreiche Industriebetrieb war die Armaturen- und Maschinenfabrik AG Hilpert-Nürnberg, kurz: AMAG. Die nahm am 25. Juni 1890 mit 40 Arbeitern den Betrieb auf und ist heute noch als KSB ansässig. Mittlerweile wieder eingestellt ist der Bergbau am „Kleinen Johannes“, der vor rund 50 Jahren auslief. Vor 70 Jahren, 1948, zog die Firma Baier und Köppel nach Pegnitz.

Inzwischen ebenso dichtgemacht hat die Teppichfabrik Poser, die auf dem Gelände des heutigen Admira-Centers stand und mehrere hundert Mitarbeiter hatte. An den Bergbau erinnert heute noch der Sportverein Glückauf Pegnitz und der Name des Industriegebiets „Kleiner Johannes“.

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