Spektakuläre Wendung
Zum ersten Mal gibt es ein Indiz auf einen möglichen Mörder Peggys, der nicht aus dem Raum Lichtenberg stammt. Bisher waren die Ermittler davon ausgegangen, dass es jemand aus dem nahen Umfeld des Mädchens sein könnte. Mit der Verbindung zu Böhnhardt nimmt der Fall eine spektakuläre Wendung. In Kreisen des Bundesinnenministeriums spricht man von einem „guten Treffer“.
Verdacht in einem anderen Kindermord
Böhnhardt stand schon im Verdacht, einen neunjährigen Jungen ermordet zu haben, dessen Leiche Anfang der 1990er Jahre am Saale-Ufer gefunden wurde. Später wurde er in Verbindung mit dem Tod eines 14-Jährigen gebracht. Die Mordserie des NSU soll 2000 im September begonnen haben – in Nürnberg, also nicht weit weg von Lichtenberg. Bisher führte allerdings keine Spur im NSU-Komplex in den Frankenwald.
Es waren nur noch Fetzen von Peggys Kleidung übrig
Ein Pilzsammler hatte Peggys Skelett am 2. Juli in einem Waldstück bei Rodacherbrunn entdeckt. In der Nähe der Leiche fanden sich auch Reste der Kleidung von Peggy. Allerdings waren nur noch Fetzen davon übrig, die von Tieren im Wald verteilt worden waren. Weiter gefunden wurde die Kunststoffuhr, die das Mädchen am Tag seines Verschwindens trug. Nach Informationen des Nordbayerischen Kuriers wurden auch die schwarzen Schuhe des Mädchens unter einer Wurzel gefunden, allerdings in einiger Entfernung von der Leiche.
Der Schädel des Mädchens ist nach Kurier-Informationen relativ unversehrt, allerdings hat er einen großen Riss in der Schädeldecke. Ob dieser von einer Verletzung stammt oder erst nach dem Vergraben der Leiche entstanden ist, dazu schweigen die Ermittler. Sie hatten im Laufe des Juli und August den Boden rund um die Fundstelle mehrfach durchsucht und durchsiebt, erst vor einigen Wochen sogar die Tierhöhlen in dem Bereich nach Spuren durchsucht. Gefunden haben sie laut einem Polizeisprecher „nichts Relevantes“. Fest steht bisher nur, dass Peggy nicht an dem Ort ermordet wurde, wo sie gefunden wurde.
NSU-Tatwaffe
2014 tauchte auf einmal der Name Uwe Böhnhardts im Zusammenhang mit den Ermittlungen in einem anderen Kindermord auf. In Limburg war der Jenaer Enrico T. von BKA-Beamten zu seiner Rolle im Zusammenhang mit der Beschaffung der NSU-Tatwaffe befragt worden.
Er sagte aus: „Ich möchte aber vielleicht noch etwas ergänzen. Ich war damals Tatverdächtiger wegen Kindsmordes an dem Kind Bernd B. Mein Bootsmotor wurde damals in der Nähe der Leiche gefunden und ich soll diesen damals da hingelegt haben. Mir wurde das Boot aber vorher gestohlen und ich hatte es vor dem Verschwinden des Jungen schon seit einer Woche gesucht. Ich gehe davon aus, dass mir das jemand in die Schuhe schieben wollte. Ich habe das damals nicht angezeigt, weil ich das Boot selbst nicht gekauft und keine Belege mehr hatte.“ Er vermutete, dass Böhnhardt den kleinen Bernd B. ermordet hatte.
Teddybär, Kindersandale und Spielzeug-Wasserpistole im Wohnmobil
Böhnhardt war im Februar 1993 wegen Diebstahls und Körperverletzung zu vier Monaten Gefängnis verurteilt worden und kam wenige Wochen vor Bernd B.s Verschwinden frei. Er war damals erst 15 Jahre alt, galt aber als äußerst gewaltbereit. Böhnhardt wurde zu dem Fall als Zeuge befragt, er wurde aber nicht als Beschuldigter geführt. Seit 2014 ermittelt die Staatsanwaltschaft Gera nun wieder in dem Fall. Es gebe „verbesserte Möglichkeiten, Spuren auszuwerten“.
Im Wohnmobil, mit dem die beiden Uwes zu ihrem Überfall auf eine Sparkasse in Eisenach fuhren, fanden sich ein Teddybär, eine Kindersandale und eine Spielzeug-Wasserpistole. Gegen die mutmaßliche Komplizin Beate Zschäpe, läuft in München der NSU-Prozess.
Eilig einberufene Pressekonferenz
Polizei und Staatsanwaltschaft Bayreuth luden noch Donnerstagnacht zu einer eilig einberufenen Pressekonferenz. Allerdings gab der Leitende Oberstaatsanwalt Herbert Potzel „nur ein Statement, aber keine weiteren Nachfragen“. Zu frisch seien die Erkenntnisse nach dem DNA-Fund bei Peggys Gegenständen. Auch für Freitag würden keine weiteren Informationen zu erwarten seien. Die Ermittlungen hätten gerade erst begonnen. Ob die Spur überhaupt in Verbindung mit dem Tod von Peggy stehe, müsse erst ermittelt werden, so Potzel.
Dasselbe Labor
Auch wenn DNA-Spuren im allgemeinen ein hoher Beweiswert zugesprochen wird, besteht aller Grund zur Zurückhaltung. Nach bislang vorliegenden Informationen wurden die Spuren im Mordfall Peggy im selben Labor untersucht, in dem einst auch die sterblichen Überreste von Uwe Böhnhardt obduziert wurden. Deshalb ist auch die Möglichkeit einer Übertragung von Spuren nicht ganz ausgeschlossen.
DNA-Phantom
Die Ermittlungsbehörden sind durch den Fall eines DNA-Phantoms gewarnt, das die Kripo in ganz Deutschland über 15 Jahre genarrt hatte. Die Ermittlungsbehörden waren auf der Spur einer Frau, die ab 1993 praktisch in ganz Europa rücksichtslose Kapitalverbrechen der verschiedensten Art begangen haben sollte. An über 40 Tatorten wurde ihre DNA gesichert, darunter bei der Erschießung der Polizistin Michelle Kiesewetter in Heilbronn.
Erst 2008 wurde die Identität der Frau gelüftet. Es war eine Mitarbeiterin eines Betriebes im Landkreis Kronach, der Wattetupfer herstellte, mit der DNA-Proben genommen wurden. Bei der Produktion war ihre DNA auf die Tupfer übertragen worden. Später stellte sich heraus, dass die Erschießung von Kiesewetter einer der NSU-Morde gewesen war. Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt hatten es auf die Dienstwaffe der Beamtin abgesehen. Sie wurde später in ihrer Hinterlassenschaft gesichert.
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