Experten erklären Was machen Störche eigentlich im Winter?

Frieren Störche, wenn es kalt wird? Wovon ernähren sie sich? Und halten sie es tatsächlich mehrer Tage komplett ohne Nahrung aus? Ein Kulmbacher Experte und seine Kollegin wissen es ganz genau.

 
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Ein bisschen Schnee macht den Störchen nichts aus. Sie finden auch dann in unseren Breiten noch genug Futter. Foto: /Patrick Pleul/dpa

Immer wieder einmal sieht man sie auch in diesen Wochen in den Wiesen stehen, zu zweit, zu dritt oder in größeren Gruppen, regungslos, das eine Bein an den Körper gezogen: Störche. Und mancher wundert sich dann: Sind das nicht eigentlich Zugvögel, die in Afrika überwintern? Warum sind die dann noch da? Erfrieren die denn nicht im deutschen Winter? Und finden sie überhaupt genug Futter?

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Solche Sorgen sind unbegründet, sagt Oda Wieding, Leiterin des Artenschutzprogramms beim Landesbund für Vogel- und Naturschutz in Bayern LBV). Die imposanten Vögel sind gut angepasst an die Kälte. „Sie können ihr Gefieder genauso aufplustern wie die kleinen Singvögel, die ja auch den Winter bei uns überstehen“, so die Expertin. „Sie haben ihre Daunenjacke gewissermaßen immer an.“ Schnabel und Beine werden abwechselnd ins Gefieder gekuschelt und so wieder aufgewärmt. In kalten Nächten legen sich Störche auch einmal hin und halten so die unbefiederten Beine warm.

Die Befürchtung, die Tiere könnten verhungern, kann der LBV zerstreuen. „Störche fressen ja nicht nur Frösche“, erläutert Erich Schiffelholz, der Storchenexperte der LBV-Kreisgruppe Kulmbach. Nahrung gibt es für sie das ganze Jahr über in Form von Mäusen, Regenwürmern, Schnecken oder auch kleinen Fischen. Solange Felder, Wiesen oder kleine Gewässer noch offen, also nicht von Schnee und Eis bedeckt sind, finden die Störche genug zu fressen. „Und wenn doch einmal länger Schnee liegt“, so Oda Wieding, „stehen immer noch Kompostieranlagen oder Müllkippen mit einem entsprechenden Mäuseangebot zur Verfügung.“ Die Störche kennen solche Stellen, fliegen manchmal sogar aus einem Umkreis von bis zu 30 Kilometern an. „Als große Vögel brauchen sie auch nicht unbedingt jeden Tag Futter, sondern halten schon einmal eine Woche ohne Nahrung durch.“

Eigentlich ist der einst seltene Weißstorch, dessen Bestände bei uns in den letzten Jahren wieder zugenommen haben, ein klassischer Zugvogel, der normalerweise das Winterhalbjahr in Afrika verbringt - nicht etwa, weil es ihm bei uns zu kalt wäre, sondern weil das Nahrungsangebot knapp wird. Als Segelflieger meiden die Störche auf ihrer Reise das Mittelmeer und fliegen entweder als sogenannte Ost-Zieher über die Türkei, Israel und Ägypten nach Ost- und Südafrika, oder sie wenden sich als West-Zieher über Spanien und Gibraltar nach Westafrika.

Seit aber in unseren Breiten die Winter milder und schneeärmer geworden sind, ersparen sich offensichtlich viele Störche den langen, kräftezehrenden und auch gefährlichen Flug in den Süden. Liegt doch einmal länger Schnee, streifen die meisten Störche weiter bis in die großen Flussauen oder zum Bodensee, wo das Klima etwas günstiger und das Nahrungsangebot größer ist. Dabei nutzen sie nicht unbedingt die großen Horste, die es auch bei uns auf Schornsteinen oder Dächern gibt, sondern übernachten zum Beispiel auch in Bäumen.

Wenn ein „Winterstorch“ tagsüber bewegungslos in einer Wiese steht, muss sich übrigens niemand Sorgen machen: Das Tier ist nicht etwa schwach, halb verhungert oder gar schon eingefroren. Es tut einfach nur das Klügste, was man in kalten Wintern tun kann: Energie sparen.

Beim LBV hat man die „Winterstörche“ im Auge. Fachfrau Oda Wieding geht von rund 300 Tieren aus, die in Bayern überwintern. Wer Störche in unseren Breiten beobachtet, kann sich bei der LBV-Kreisgruppe unter kg-kulmbach@lbv.de oder auf der Facebook-Seite LBV Kulmbach melden