Er soll den fast insolventen Sozialkonzern umbauen Diakonie Bayreuth: Kritiker bemängeln Führungsstil von Chef Franz Sedlak

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Kritiker bemängeln seinen Führungsstil von Franz Sedlak. Foto: Ronald Wittek Foto: red

Umstritten, aber gebraucht: Franz Sedlak (52). Seit zwei Jahren krempelt er als Geschäftsführer die Diakonie Bayreuth um. Sein Auftrag: den fast pleite gegangenen Sozialkonzern wieder flott zu machen. Das Risiko: Das diakonische Profil könnte verloren gehen. „Wird es nicht“, sagt er. Kritiker, vor allem aus der Kirche, bemängeln seinen Führungsstil. Zu Unrecht, sagt er, „ich mach das mit Anstand“.

 
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Die gute Nachricht vorweg: Das Weihnachtsgeld für die fast 1800 Mitarbeiter der Diakonie ist noch nicht gestrichen. Die Zeichen stehen gut. „Wir kämpfen darum“, sagt Sedlak, und er betont das „Wir“. Er betont, dass „der Sedlak“ nicht einfach etwas streichen könne. Denn er kennt die Argumente der Kritiker. Die werfen ihm Eiseskälte vor, die typische Sanierer aus der freien Wirtschaft wie er an den Tag legten. Sie werfen ihm Alleinherrschaft vor. Und dass er gar keine Kirchenbindung habe.

Die Diakonie in der Krise - das müssen Sie wissen:

Tatsächlich sieht es auf den ersten Blick so aus. Im Januar wurde die Satzung des 96 Jahre alten Vereins Diakonisches Werk Stadtmission Bayreuth geändert. Der Verein ist die Herzkammer der Diakonie mit mehr als 40 sozialen Einrichtungen, Beratungsstellen und Projekten. Ein Konglomerat aus Vereinen und GmbHs, verflochten untereinander wie ein buntes Kabelgewirr. Seit Januar hat dieser durch und durch kirchlich geprägte Sozialkonzern nur noch einen Geschäftsführer: Sedlak, den Sanierer, den Wirtschaftsmann, den Weltlichen. Ist das noch Diakonie?

„Das kann so rauskommen, ja“, heißt es beim Diakonischen Werk Bayern (DW) in Nürnberg, dem Dachverband, einer Art vorgesetzter Behörde. Aber es heißt auch: Wegen Geld „geht es auch bei uns knallhart zur Sache“. Der „Idealzustand in der unter Druck stehenden Sanierungsphase kann nicht verlangt werden“, sagt Joachim Wenzel vom DW. Die wirtschaftliche Stabilität gehe vor, auf einen Theologen in der Geschäftsführung könne verzichtet werden. Erst einmal. Denn für das DW steht fest, dass die Zeit mit einem nur „weltlichen“ Geschäftsführer begrenzt sein muss. Immerhin schreibt auch die DW-Satzung für ihre Mitglieder einen zweiten, diakonischen Geschäftsführer vor.

Dabei ging Sedlak von Anfang an ohne einen Theologen an der Seite an die Arbeit. Der damalige Diakon war krank und ging dann als Diakon nach Muggendorf in der Fränkischen Schweiz. Sedlak sagt, der diakonische Weg „geht überhaupt gar nicht verloren“. Er hätte aber sehr wohl verloren gehen können. „Im Sinne der zu betreuenden Menschen“, wenn man „nicht mit den Mitteln so wirtschaftet, dass man sie dauerhaft betreuen kann“. Ein deutlicher Seitenhieb auf die Situation vor Sedlaks Zeit. Die Zeit, von der es im DW heißt, es seien keine Hausaufgaben gemacht worden.

Essenzielle Änderungen

„Es hat sich Essenzielles geändert“, sagt Sedlak. Die Buchführung wird mehrfach durchgecheckt. Eine Folge dieser Prüfung: Die Werkstätten für behinderte Menschen, eine gemeinnützige GmbH unter dem Dach der Diakonie, ist laut Veröffentlichung im Bundesanzeiger plötzlich „in ihrem Bestand gefährdet“. Ein eigentlich kerngesundes Unternehmen, das wie die Kindergärten der Diakonie der Geldbringer des Konzerns war. Das DW spricht von „Benchmarking“, dem Vergleich mit anderen Werkstätten. Die neuen Wirtschaftsprüfer schauen genau, was zu der Werkstätten-GmbH gehört – und woher das Geld kommt. Etwa 2,4 Millionen Euro stehen da noch aus, von der Diakonie. Das Geld muss her. „Diakonischer Gedanke heißt nicht, alles gutheißen und wegschauen“ und lassen, wie es sei, sagt Sedlak, der die Diakonie „auf einem verdammt guten Weg“ sieht. Bis Ende des Jahres will Sedlak die Wende geschafft haben. Auch das DW attestiert „erste gute Signale“. Der Wirtschaftsabschluss dieses Jahres werde der entscheidende sein, sagt Wenzel vom DW.

Denn wenn Geld von der Landeskirche nach Bayreuth fließen soll, müssen die Zahlen stimmen – und die Prognosen. Seit Monaten sind Wirtschaftsprüfer im Sozialkonzern unterwegs und stellen die Buchhaltung auf den Kopf. Aber noch längst nicht sind die Experten vom DW zufrieden. Auf Deutsch: Noch fehle die „Zukunftsfähigkeit“, die Wende ist also noch nicht geschafft.

Verschärfte Beobachtung

Nicht nur deshalb steht Sedlak unter verschärfter Beobachtung – vom DW und auch von den Diakonie-Mitarbeitern. Häufigster Kritikpunkt: sein Führungsstil. Vor allem die Tonlage sei nicht immer angemessen. Tatsächlich sind es viele Stimmen, die das kritisieren und von einem Klima der Angst sprechen. Was keiner der Mitarbeitervertreter, den „Betriebsräten“ der Diakonie, bestätigt. „Nein, keine Probleme“, sagt etwa Otto Meyer von den Werkstätten. Die Stimmung sei gut.

Aber im DW in Nürnberg ist die Kritik angekommen. Dort spricht man von einem „Totalkontrast“ zu früheren Zeiten in der Diakonie. Damals hätten manche Mitarbeiter auch ein „Insel-Dasein pflegen“ können, „weil die Leitung nicht nachgefragt oder keine Orientierung gegeben hat. „Manche kommen mit der neuen Welt noch ganz schwer zurecht“, sagt ein hoher DW-Mitarbeiter. Auch er berichtet davon, dass es mit Sedlak „keine Schmuse-Gespräche“ in Nürnberg gebe.

Dass er „anders führt“ als bisher, ist sich Sedlak bewusst. Er antwortet seinen Kritikern mit dem Satz: „Die Aussicht mancher Mitarbeiter auf Veränderung oder auf Verlust – dafür bin ich eingestellt. Aber das mach ich mit Anstand.“ Manche hätten sich „Pfründe angeeignet“ oder „Freiheiten genommen“, seien „gegen ein kollektives Miteinander“ und „gegen einen kooperativen Führungsstil“. Er fordere eine „Kultur des Mitdenkens“ und fragt: „Befehl und Gehorsam, ist das diakonisch?“

So läuft die Sanierung

Sanierung: Vor zwei Jahren ist Dr. Franz Sedlak (52) angetreten, die Diakonie zu sanieren. Er kam aus dem klinischen Bereich.

Entlassungen: Nach Angaben der Mitarbeitervertretung, wurden seitdem zwei Entlassungen ausgesprochen.

Abmahnungen: Nach Angaben der Kritiker „hagelt“ es in der Diakonie Er- und Abmahnungen. Tatsächlich habe deren Zahl nicht zugenommen, sagen die Mitarbeitervertreter.

Kontrolle 1: Die Sanierung läuft unter Aussicht des Diakonischen Werkes Bayern (DW), einem Dachverband, in dem 1300 Mitglieder sind. Alle Daten und Fakten gehen aus Bayreuth direkt dahin. Der DW muss vielen Maßnahmen zustimmen.

Kontrolle 2: Über dem Geschäftsführer Sedlak steht der achtstimmige Verwaltungsrat. Er ist das eigentliche Machtzentrum des Diakonischen Werkes. Obwohl unter seiner Ägide die Diakonie in die Schieflage gekommen ist, haben sich die Mitglieder Ende des vergangenen Jahres nochmals aufstellen lassen. Neuer Vorsitzender ist Karlheinz Löbl. Auf die Frage, ob die gleichen, die den Niedergang der Diakonie begleitet haben, auch für den Wiederaufstieg stehen können, sagt der Vorstand des Verwaltungsrates und Geschäftsführer der Diakonie: „Ich finde es aller Ehren wert, dass alle gesagt haben: Wir stellen uns der Verantwortung und bleiben an Bord.“

Hilfe: Der DW kann auch mit Geld helfen, was er auch signalisiert hat. Das geht aber nur, wenn alle erforderlichen Kennzahlen stimmen.

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