Entscheidung zwischen Höhenklinik und Herzoghöhe trifft Rentenversicherer zu ungünstiger Zeit Klinik-Kampf trifft Rentenversicherung

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Der Existenzkampf der beiden Reha-Kliniken in Bischofsgrün und Bayreuth kam plötzlich. Und es trifft die Deutsche Rentenversicherung (DRV) Nordbayern zu einer schwierigen Zeit: Weniger Mitarbeiter müssen mehr Rentenanträge bearbeiten. Aber alle Beteiligten können nur eins: warten.

 
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Sechster Stock, ganz oben im Haus der DRV in Bayreuth, wo fast 1000 Leute arbeiten. Drinnen die jährliche Vertreterversammlung, draußen graues Wetter. Es passt zur Situation. Die DRV stehe vor einer „schwierigen, aber wegweisenden Entscheidung“, sagte Michael Bischof, Vorstandsvorsitzender der DRV Nordbayern. Gemeint ist die Entscheidung zwischen der Klinik Herzoghöhe in Bayreuth und der Höhenklinik in Bischofsgrün. Eines der Häuser muss schließen (der Kurier berichtete). Grund dafür sind die Berechnungen des Bundesrechnungshofes. Bischof nannte diese „massive Angriffe“ auf die DRV. Denn Deutschlands oberste Rechnungsprüfer hatten festgestellt, es gebe keinen Bedarf für einen 55 Millionen Euro teuren Neubau in Bayreuth. Einerseits – und er sei viel zu teuer. Unterm Strich stünden zu viele Kliniken und zu viele Betten im Verhältnis zu den Versicherten. Eine Reha-Klinik also muss genügen.

Dagegen setzte Vorstandsvorsitzender Bischof aber die „gute Auslastung“ der acht DRV-Kliniken in Nordbayern. Die Betten seien bis zu 98 Prozent immer belegt. Dies halte auch einen Vergleich mit privaten Anbietern aus. Und zeige, dass die DRV durchaus in der Lage sei, ihre Häuser wirtschaftlich zu betreiben. Trotzdem betonte auch er, dass es immer schwieriger werde, die Kliniken voll auszulasten. Dazu kommt erschwerend, dass sich die DRV keine neuen Geschäftsfelder oder „Kunden“ erschließen kann. Laut Gesetz darf sie nur ihre – eigenen – Versicherten betreuen. Somit bleibt ihr der Weg in das oft lukrativere Wellness-Geschäft oder die Reha für andere Patienten verschlossen.

Umso härter hart und völlig unerwartet hat die DRV allerdings die Rüge der obersten Rechner getroffen, dass in ihren nordbayerischen Häusern auch die Versicherten anderer Rentenversicherungen aufgenommen würden. Das sei „wettbewerbswidrig und nicht gesetzeskonform“, hieß es in einem Schreiben des Bundesrechnungshofes. „Das ist für uns noch relativ neu“, sagte Bischof. Erst vor wenigen Monaten sei dieses Thema „aufgetaucht“. Fazit: Wenn die Reha-Patienten anderer Versicherten fehlen, werde sich die Belegung mit eigenen Versicherten in Zukunft immer schwieriger gestalten. Deshalb, so mahnte Bischof, habe die DRV „die Pflicht“, die Alternativen für den 55 Millionen Euro teuren Neubau in Bayreuth zu prüfen. Die beiden Möglichkeiten sind: Einen anderen, größeren Neubau in Bayreuth oder eine Erweiterung der Klinik in Bischofsgrün.

Auch wenn nach den Zahlen die Höhenklinik in Bischofsgrün im Rennen etwas vorne liegt – entschieden ist noch lange nichts. „Wir müssen erst prüfen, ob diese Lösung überhaupt so, vor allem in der Höhenklinik, durchführbar ist“, warnte Bischof. Die Entscheidung soll Ende des Jahres fallen. Sie ist abhängig vom Ergebnis mehrerer Machbarkeits-Studien: Schließlich müssten die Wasser,- Abwasser- und die Stromversorgung entsprechend erweitert werden“, sagte Bischof. Erst wenn dies möglich sei, „können wir eine definitive Entscheidung fällen“. Lässt sich die Höhenklinik also problemlos erweitern, sterben die Neubaupläne für die Bayreuther Klinik auf der Herzoghöhe.

Die Diskussion trifft die fast 3000 Mitarbeiter der DRV in ganz Nordbayern zu einer schwierigen Zeit. Seit der Fusion zwischen Bayreuth und Würzburg vor sieben Jahren muss der Rentenversicherer sparen – auf Deutsch: Stellen streichen. Insgesamt 277 gab das Ministerium damals vor. Doch inzwischen haben zwei neue Gesetze dafür gesorgt, dass weniger Mitarbeiter mehr Arbeit haben. Die Mütterrente und die Rente mit 63 sind die Ursache für deutlich mehr Anträge und Beratungszeit. Allein in Bayreuth waren es im vergangenen Jahr 6850 Anträge mehr – ein Plus von zwölf Prozent. Insgesamt haben in Nordbayern 10 000 Arbeitnehmer – viel mehr als erwartet – die frühe Rente beantragt. Bundesweit sind es mehr als 300 000 gewesen. „Ein Ansturm auf die Rentenversicherung“ nennt das Willy Willeke, einer der Geschäftsführer der DRV.

Insgesamt profitieren etwa zehn Millionen Versicherte bundesweit von den neuen Rentengesetzen, die bis zu elf Milliarden Euro pro Jahr mehr kosten. Eine Geldmenge, die auch den Chefs bei der DRV Sorgen macht. Derzeit finanzieren die Beitragszahler die Mehrkosten. „Und wer soll das bezahlen?“, fragte Vorstandsvorsitzender Bischof. Er plädierte für eine Steuerfinanzierung und nicht wie bisher, das Geld den Versicherten „aufzubürden“.

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