Ein Insider hat ausgepackt: Zwei Kriminelle wollten Ex-NKD-Mann Krause eine Straftat unterjubeln NKD-Prozess: Wurde der reiche Manager erpresst?

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Der Angeklagte Michael Krause bei der Zeitungslektüre. Foto: Scherer Foto: red

Bedroht, beklaut und geschlagen: Michael Krause (38) war als Topmanager von NKD feinere Umgangstöne gewohnt als im Knast in Hof, wo er in Untersuchungshaft sitzt. Dort soll er zwei Mitgefangene zum Mord an seinem Richter angestiftet haben. Doch es gibt Hinweise, dass der reiche Manager erpresst werden sollte.

 
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Der vierte Stock des Hofer Gefängnisses, wo jeder Tag gleich aussieht und wo Krause seit Juli 2013 sitzt, weil er 3,7 Millionen Euro veruntreut haben soll. Dort saß auch Tomas K., 24 Jahre, Tscheche, verurteilt zu sechs Jahren; er hatte einen Anwalt entführt und erpresst. Dass sich Krause und K. im vierten Stock begegnen, hat fatale Folgen.

Schnell hatte im Gefängnis die Runde gemacht, dass oben im vierten Stock einer sitzt, der Geld haben muss. Immer wieder kommt es zu bedrohlichen Situationen. Mal wird Krause geschlagen, mal wird ihm ein Messer vorgehalten. „Und siebenmal bin ich bestohlen worden“, sagt Krause. Siebenmal seien persönliche Aufzeichnungen aus seiner Zelle verschwunden. Dann trafen sich der Entführer aus Tschechien und der Ex-NKD-Manager.

K.s Version der Geschichte: Krauses Richter Siegbert Übelmesser sollte entführt und eventuell ermordet werden, weil der ihm nicht glaube, dass Krause unschuldig sei. Dies ist strafbar als Verabredung zu einem Verbrechen der Geiselnahme und zum Mord gemäß Paragraf 30 Absatz 1 Strafgesetzbuch. Deswegen erging einen Tag vor Heiligabend gegen Krause im Gefängnis ein Haftbefehl, es gibt ein weiteres Ermittlungsverfahren gegen ihn, seitdem muss er in Fußfesseln vor Gericht erscheinen, seine Zelle wurde durchsucht, Besuch darf er nur mit einer Trennscheibe empfangen – das ganze Programm.

Ein Insider hat ausgepackt – und eine völlig andere Version geliefert: Krause war nicht der Anstifter, sondern das Opfer. Der Tscheche K. soll sich mit einem anderen Landsmann, Miroslav K., 36 Jahre alt, Drogendealer, zusammengetan haben. Die beiden wollten, so der Insider, dem reichen Manager eine Straftat unterjubeln, um aus dem Knast zu kommen. Das sei der Plan gewesen: Krause schreibt selbst den Zettel, worauf stand, was die Entführer zu tun hätten, dass der Richter seine Meinung ändert oder ein neuer Richter kommt. Krause selbst sollte über die beiden Tschechen die „Mafia“ mit dem Verbrechen beauftragen. Zahlen sollte er erst eine halbe Million Euro, dann 100 000 Euro, schließlich nur noch 4000 Euro. Damit Krause mitspielte, drohten sie ihm: Man werde ihn in der Dusche vergewaltigen oder seiner Familie etwas antun.

Einer der beiden Tschechen habe diese Information an die Polizei „verkaufen“ wollen, in der Hoffnung, aus der Haft entlassen zu werden. Es gebe noch andere Mitgefangene, die bestätigen könnten, dass Krause unter Druck gesetzt worden sei. Und dass er sehr große Angst gehabt habe. Schon im Oktober vergangenen Jahres sei geplant gewesen, Krause „abzukassieren“. Dies bedeutet, dass die beiden mindestens zwei Monate Krause unter Druck gesetzt hätten. Er sei sogar mit dem Messer bedroht worden. Es heißt auch, dass Drogen bei den angeblichen Erpressern im Spiel gewesen sein sollen.

Marc Wandt, einer der Anwälte des NKD-Managers, bestätigte dies auf Anfrage. Tatsächlich gebe es Aussagen von fünf Mithäftlingen, die zeigten: Krause sollte erpresst werden, er sei massiv unter Druck gesetzt worden. Nichts von den Vorwürfen gegen Krause stimme – weder, dass er den Richter ermorden lassen wollte, noch dass er 3,7 Millionen Euro veruntreut habe.

„Es gibt keinen, der geschädigt wurde“, sagt Rechtsanwalt Wandt. „Wem fehlen die 3,7 Millionen?“ Genau das ist die Gretchenfrage vor dem Hofer Landgericht, wo seit fast einem Jahr verhandelt wird. Krause sagt: Für die Millionen hat eine Tochterfirma von NKD geheime Informationen über den asiatischen Textilmarkt gekauft. Damit sei es NKD gelungen, 40 Millionen Dollar beim Einkauf von Waren zu sparen.

Die Ermittler sagen: Stimmt nicht. Erstens sei das kein geheimes Wissen, also habe es keine Gegenleistung für die 3,7 Millionen Euro gegeben. Das Geld fehle also der NKD. Die Krux an der Sache: Durch Zahlung der Millionen reduzierten sich Forderungen gegen die NKD in gleicher Höhe. „Ein Nullsummenspiel also“, sagt Wandt.

Ein wichtiger Zeuge, Michael J. (38), der bestätigen könnte, dass ein solcher Handel mit geheimen Informationen eingefädelt wurde, will nicht vor dem Hofer Gericht aussagen. Wo er sich aufhält, weiß niemand. Er hätte zwar ausgesagt, ließ er mitteilen, doch er forderte sicheres Geleit: Denn gegen ihn läuft ein internationaler Haftbefehl wegen Verdachts auf Geldwäsche: Es geht um 4,9 Millionen Euro.

Das Amtsgericht Hof allerdings verweigerte ihm das sichere Geleit. Es schätzte „das staatliche Verfolgungsinteresse“ höher ein „als die gebotene Sachaufklärung“ im Fall Krause. Dessen Anwalt Wandt hält das „aus rechtsstaatlicher Sicht für äußerst bedenklich“. Der Kampf Krauses vor Gericht wird also weitergehen. Im Gefängnis scheint er wieder mehr Ruhe zu haben. Für seine Verteidigung schaut er Tausende von E-Mails durch. Und einer der beiden Tschechen ist in ein anderes Gefängnis gekommen. Angeblich soll er sich vor Krause gefürchtet haben.

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