Ein Herz für Pflanzen Gartendoktor Fritz Köhlein ist gestorben

Vom Autodidakten arbeitete er sich zum anerkannten Doktor der Naturwissenschaften ehrenhalber empor: Im Alter von 98 Jahren ist Fritz Köhlein jetzt gestorben.

 
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Fritz Köhleins Standardwerk für den Hobbygärtner „Pflanzen vermehren“ wurde rund 70 000 mal verkauft – für 15 Mark das Stück. Auf 130 Seiten vereint es das gesamte Wissen eines begnadeten Autodidakten in Sachen Pflanzenzucht, der am 15. März im hohen Alter gestorben ist. Fast bis zuletzt hat er – gemeinsam mit seiner Frau, die zwei Jahre vor ihm starb – seinen Garten mit Pflanzen, die teilweise seinen Namen tragen, noch mitbetreut.

Am 26. Dezember 1924 wurde Köhlein in Bayreuth als Sohn des Kfz-Werkmeisters Georg Köhlein und seiner Ehefrau Elisabeth geboren. Jugend- und Schulzeit verbrachte er in Bayreuth, die Ferienzeit fast immer in Bindlach beim Großvater. Nach dem Besuch der Graserschule und der Aufbauschule kam er zunächst an die Lehrerbildungsanstalt in Würzburg. Von 1942 bis Juli 1944 war er Panzerfunker bei der deutschen Wehrmacht und geriet in russische Kriegsgefangenschaft. Nach der Rückkehr im Mai 1948 stand der Gelderwerb im Vordergrund. Anstellung fand er als Chemie-Hilfswerker bei der damaligen Lackfabrik Julius Rotter in Bayreuth. Und im Juli 1952 absolvierte er erfolgreich die Chemielaboranten-Prüfung.

Arbeit als Lacktechniker

1950 heiratete Fritz Köhlein seine Frau Annemarie. Die beiden Söhne Norbert und Gerald wurden geboren. Ab 1954 arbeitete er als Lacktechniker bei den Lackfabriken Schwaab im Werk in Bad Berneck. Als Laborleiter, Sicherheitstechniker und Ausbilder hatte er ein interessantes Arbeitsfeld, doch seine Liebe galt schon damals der Pflanzenwelt. Beim Besuch der Autorin dieses Nachrufs im Jahr 2016 war Fritz Köhlein auch im hohen Alter seine Passion anzusehen. Seine Augen strahlten, wenn er erzählte. Über 2000 verschiedene Pflanzen gab es früher in seinem rund 1000 Quadratmeter großen grünen Reich. All das, was er auch für seine Bücher fotografiert und dokumentiert hat. Von Prachtstauden, wie Pfingstrosen, Eisenhut oder Phlox bis hin zum kleinen Leberblümchen. Jeder noch so kleine Winkel war bepflanzt.

Viel gereist

Doch Köhlein war auch viel gereist. Hin zu den Ursprüngen der verschiedenen Gartenpflanzen und hat sich Raritäten nach Bindlach geholt. Von vielem hatte er sich damals schon verabschiedet. „Ein Garten wandelt sich eben, das kann verschiedene Gründe haben,“ sagte er. Und dennoch: Es gab ein paar Herzenssachen, von denen sich Köhlein nicht trennen konnte. Dazu zählte die Hauswurz. Die robusten Dickblattgewächse zog er meist in Steintrögen. Und Köhlein ging auch fast bis zuletzt noch seiner zweiten Leidenschaft nach. Er saß am Computer und schrieb seine Erinnerungen auf. Nur noch für sich. Vorbei die Zeit, als er stellvertretender Präsident der Gesellschaft der Staudenfreunde war, oder Beirat der Fachzeitschrift „Gartenpraxis“, regelmäßig Kolumnen schrieb und als Referent durch die Lande reiste.

Hohe Auszeichnungen

Fritz Köhlein starb hochdekoriert. Die Uni Bayreuth hat ihm den akademischen Grad eines Doktors der Naturwissenschaften ehrenhalber verliehen. Von der Gesellschaft der Staudenfreunde bekam er die Karl Foerster-Medaille in Bronze, Silber und Gold und vom Zentralverband Gartenbau, Sondergruppe Stauden, den Karl Foerster-Ring.

Sein erstes Buch „Pflanzen vermehren“–1972 entstanden – erlebte mehr als neun Auflagen. Ein Standardwerk für jeden Hobbygärtner. Unzählige weitere folgten. Von Nelken, Saxifragen über Viola bis hin zur Hosta. Sein erstes Werk, rund 130 Seiten stark, umfasst alle wesentlichen Informationen zur Aussaat, zur Teilung und zum Gewinnen von Stecklingen. Fertigkeiten, die heute kaum einer mehr beherrscht.

Allein, manche Tipps werden den Pflanzendoktor überleben: So riet er mir damals, als Anzuchterde den Auswurf vom Maulwurfshügel zu verwenden. Weil er feinkrümelig ist? Nein, er ist frei von Unkrautsamen, weil er aus einer Tiefe von zehn bis 15 Zentimetern stammt.

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