Die geöffnete Auster Die Saas wächst und wächst

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Gebaut wurde in der Saas ja schon immer viel. Aber eben in der Saas. Und dort vor allem um und an. Und nicht selten: schwarz. „Bis die aus der Stadt rausgekommen sind, war das Erkerla scho rausgezogen und gedeckt“, sagt Harry Pötzinger, Wirt der Siedler-Gaststätte und Ur-Saaser, mit einem Schmunzeln.

 
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„Einer meiner Vorgänger hat – so wird es erzählt – einmal resigniert gesagt: Da schauen wir jetzt gar nicht mehr raus“, illustriert der Stadtbaureferent Hans-Dieter Striedl die städtische Sicht der Dinge von damals. Jetzt ist das ganz anders. Es wird gebaut, gebaut, gebaut. Erst wie Jahresringe um die Saas herum und nun auch wieder zunehmend in der Ur-Saas. So wie in kaum ein anderes Bayreuther Wohngebiet ist die Saas in den vergangenen Jahren gewachsen. Was umso spannender ist, weil den Saasern Jahrzehnte lang der Ruf voraus geeilt war, eher verschlossen zu sein wie die Austern und lieber unter sich bleiben zu wollen. Eine Spurensuche.

Striedl sieht das Wachstum der Saas nicht nur planerisch pragmatisch – „die Nachfrage nach Grundstücken für Einfamilienhäuser ist in Bayreuth nach wie vor groß und in der Saas sind nach und nach Flächen angeboten worden“ –, sondern auch mit einem besonderen Blick für den Plan: „Von außen sieht das ja keiner, aber die Saas hatte eine ganz besondere Form, war sehr streng gegliedert. Das hat mich immer fasziniert. Das vermischt sich jetzt etwas.“ Harry Pötzinger, der im Herbst 75 wird und seine Wirtschaft „eigentlich nur noch so aus Hobby“ macht – für „die paar Alten, die regelmäßig kommen – obwohl: ein paar Junge kommen schon auch“ –, kann sich noch gut erinnern, dass das Haus am Nördlichen Ringweg am Rand der Saas stand. „Heute sind wir mittendrin, bis in die 50er Jahre war hinter uns Richtung der Schule Wald und Wiese.“

Rund 470 kleine Häuser

Die strenge architektonische Ordnung der rund 470 kleinen Häuser – frei stehende, Doppel- und Reihenhäuser – der Kern-Saas nennt Striedl „das Rückgrat, das die Saas auch soziologisch hatte. Saaser sind Saaser, die halten eng zusammen“. „Wir waren schon ein abgeschlossenes Viertel, haben nicht gern jemanden reingelassen“, sagt Pötzinger und erinnert sich an die leidenschaftliche „Rivalität der Saaser und der Altstädter“. Jedoch: Die Auster hat sich geöffnet. „Das Zusammenleben der neuen und der alten Saaser funktioniert schon gut“, sagt er. „Und wir haben ja alles hier: Auch als Alter kann man fast alles zu Fuß machen. Bäcker, Metzger, Laden, alles in der Nähe.“

Das war einer der Gründe, warum Brigitte und Matthias Sonntag das kleine Siedlungshäuschen von Brigitte Sonntags Eltern – ein paar Häuser weg von der Siedlergaststätte – um- und ausgebaut haben. Recht spektakulär, mit einem Kubus, komplett eingedeckt mit Holzschindeln. „Das ist mein Elternhaus, der Opa hat’s gebaut, der Papa renoviert. So was reißt man nicht weg. Die Saaser haben den Bau – wir wollten uns halt was trauen – schon kritisch verfolgt. Aber jetzt, wo es fertig ist, bekommen wir viel Zuspruch“, sagt Brigitte Sonntag. Die Saas sei „weit genug weg von der Stadt und nah genug dran. Wir haben hier alles, was man braucht: Kindergarten, Schule“, sagt ihr Mann. „Außerdem eine tolle Nachbarschaft“, ergänzt Brigitte Sontag. „Und Zusammenhalt.“

Den beschwört jeder Saaser. „Wir haben aktive Vereine, da ist das Miteinander groß. Generell der Zusammenhalt der Saaser ist klasse“, sagt der Vorsitzende der Siedlervereinigung Saas mit ihren rund 400 Mitgliedern, Georg Ramming. „Das zeigt sich allein daran, wenn wir beim Waldfest Helfer brauchen: Kein Problem. Vom Arbeiter bis zum Stadtrat packt jeder mit an. Berührungsängste gibt es in der Saas keine.“ Nach seiner Ansicht hat das Wachstum der Saas – im Ginsterweg waren es 37 Häuser, im Baugebiet Hofäcker 39, am Narzissenweg 19, am Saaser Berg kommen 49 dazu und am Lerchenbühl 15 – „dem ganzen Gefüge gut getan. Durch den Generationenwechsel in den Siedlungshäusern kommen jetzt auch junge Familien rein. Es findet eine Erneuerung von innen heraus statt“, die den Saaser Zusammenhalt nicht über Bord schmeißt.

„Man knüpft unheimlich schnell Kontakte“

Im Gegenteil: „Man knüpft unheimlich schnell Kontakte“, sagt Cornelia Huth. Sie, ihr Mann Joachim und die Kinder bauen gerade ein Haus am Südlichen Ringweg. Sie kommt ursprünglich aus München, ist in Regensburg aufgewachsen, ihr Mann ist Hamburger. Über die Zwischenstation Schrobenhausen – „eine echte Kleinstadt, hier dagegen stimmt die Mischung“, sagt die 36-jährige Epidemologin – sind sie jetzt in Bayreuth angekommen: „Wir sind gottfroh, dass wir in der Saas ein Grundstück bekommen haben. Und wir sind sehr positiv überascht, wie offen einem die Menschen hier begegnen“, sagt Cornelia Huth. „Heile Welt“ nennt sie das Zusammenleben, die Lage sei fantastisch. „Dass man schnell in der Natur ist, dass die Infrastruktur passt, das waren für uns ganz wichtige Faktoren.“

Eine Liebeserklärung für die neue Heimat der Huths kommt von ihrem Mann: „Ich habe hier so etwas wie einen Generationenvertrag gespürt, gerade bei den Festen wie der Waldweihnacht, dem Maibaumaufstellen oder dem Waldfest. Die Älteren, die mehr Zeit haben, engagieren sich sehr, davon profitiert die junge Generation.“ Man komme sich so schnell näher, „wir haben den Eindruck, dass man hier sehr herzlich aufgenommen wird“, sagt der 44-Jährige. Wenn man Hilfe brauche, dann sei „sofort jemand da und packt mit an“, das fühle sich ganz anders an als eine geschlossene Gesellschaft einer Kleinstadt. „Nah dran an der Stadt, aber nicht anonym leben müssen“, das sei für ihn die Saas, sagt Joachim Huth.

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