Der tiefe Fall von Müller-Brot

Archivfoto: dpa Foto: red

Müller-Brot gehörte zu den größten Backunternehmen Deutschlands. Dann folgten ein Ekel-Skandal und die Pleite. Die damaligen Manager haben nun Bewährungsstrafen erhalten. Bleibt das Problem mit der Lebensmittelkontrolle.

 
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Der Preisdruck bei der Großbäckerei Müller-Brot muss enorm gewesen sein. Vor allem als 2009 Rewe absprang und damit etwa ein Drittel des Absatzes wegbrach. Gespart wurde vor allem am Personal und an der Reinigung. Die Folge: ein Ekel-Skandal. Lebensmittelkontrolleure finden Mäusedreck, Kakerlaken, Maden, Fruchtfliegen, Käfer, Motten, Schimmel und Rost. Trotzdem wurden weiterhin täglich Zehntausende Brötchen, Brote und Feinbackwaren gebacken und verkauft. Am Freitag verurteilte das Landgericht Landshut die Ex-Geschäftsführer zu Bewährungsstrafen.

Der Fall zeigt ein Problem auf: Ab wann sollen Verbraucher über die Ergebnisse der Lebensmittelüberwachung informiert werden? «Die Lebensmittel selbst waren unbedenklich. Es war kein Schimmel im Brot oder eine Schabe in der Semmel», sagt der Vorsitzende Richter Alfons Gmelch bei der Urteilsverkündung. Es herrschten aber ekelerregende Umstände in der Produktion.

Hygienemängel über Jahre bekannt

Die Hygienemängel waren allen drei Angeklagten über Jahre hinweg bekannt. Es gab mehr als zehn Kontrollen mit Beanstandungen und sogar Bußgeldbescheiden. «Die Angeklagten haben die Mängel aber als unbedenklich eingestuft und die notwendigen Maßnahmen nicht eingeleitet», betont Gmelch. Mit geringem Aufwand hätte eine große Wirkung erzielt werden können.

Der Fall zeige das ganze Versagen der Lebensmittelüberwachung, meint Andreas Winkler von foodwatch. «Ahnungslose Verbraucherinnen und Verbraucher kauften jahrelang 45 Millionen Brote und 640 Millionen Brötchen von Müller-Brot – während bayerische Beamte längst über Mäusekot, Kakerlaken und andere ekelerregende Zustände in der Backstube Bescheid wussten.» Ein solcher Fall könne sich jederzeit wiederholen, denn die Staatsregierung habe aus dem Skandal nichts gelernt. «Nach wie vor erfahren Verbraucherinnen und Verbraucher nicht, welche Betriebe gegen Hygienevorschriften verstoßen.»

Vom Verbraucherschutzministerium heißt es, für die Information der Öffentlichkeit gebe es einen bundesweit einheitlichen Rechtsrahmen: «Ein maßgeblicher Anwendungsfall ist der durch ein Lebensmittel bedingte hinreichende Verdacht auf ein Risiko für die menschliche Gesundheit.»

Transparentes System

Die Kontrolle komplexe Betriebe werde in Zukunft gestärkt, verspricht die bayerische Verbraucherschutzministerin Ulrike Scharf (CSU). «Dazu wird eine neue Kontrollbehörde für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen errichtet. Die Arbeiten am Detailkonzept laufen mit Hochdruck.» Nach Angaben des Ministeriums soll die neue Behörde von Anfang 2018 an schrittweise die Kontrolle der komplexen Betriebe von den Landratsämtern übernehmen. Dafür sind 70 Stellen vorgesehen.

Andreas Winkler von foodwatch fordert dagegen, alle Ergebnisse der amtlichen Lebensmittelkontrollen umgehend zu veröffentlichen: «Ein transparentes System ist die beste Werbung für Betriebe, die zuverlässig und sauber arbeiten.» Da die Lebensmittelüberwachung Ländersache sei, könnte Bayern ein solches Gesetz beschließen. «Das ist eine Frage des Willens. Bayern wehrt sich aber dagegen», kritisiert Winkler.

Discounter und große Lebensmittelketten waren die Kunden von Müller-Brot. Mit zusätzlich knapp 390 Filialen und einem Umsatz von 425 Millionen Euro zählte die Großbäckerei aus dem oberbayerischen Neufahrn zu den Branchenriesen in Europa. Nach der Insolvenz erhielt der Firmeninhaber überraschend von den Gläubigern den Zuschlag für den Rückkauf. Nach Protesten der Belegschaft zog sich der Investor aber zurück und ein Münchner Bäcker übernahm gemeinsam mit der Tochter des Firmengründers knapp 150 Filialen.

Inzwischen ist Franz Höflinger der alleinige Geschäftsführer. Die Standorte der Filialen seien interessant gewesen, aber auch die Marke Müller, trotz des Imageschadens, betont er. «Irgendwie ist Müller ja durch den Skandal zur bekanntesten Bäckerei-Marke in Deutschland geworden.» Heute sei die Marke repariert, ist er sich sicher. Die Tochter des Firmengründers ist nur noch stille Teilhaberin. Sie lieferte in diesem Jahr Brezn für das Münchner Oktoberfest.

dpa

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