Der Nazi und die Spielzeugknarre

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Es blinkt und knattert. Frank Rennicke mit dem Spielzeiggewehr. Er fühlt sich von der Polizei gegängelt. Foto: Ottp Lapp Foto: red

Waffenübergabe bei einem rechten Treffen, Anzeige, Razzia. Gefunden wurde in Unterhartmannsreuth bei Hof: eine Spielzeugpistole für Kinder, eine alte, angeblich funktionslose russische Waffe und zwei Gaspistolen, die legal sind. Die Staatsanwaltschaft Hof hält sich bedeckt.

 
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Samstagfrüh, 6.40 Uhr in Hartmannsreuth, Landkreis Hof. Vor dem ehemaligen Elektrogroßhandel stehen Staatsschutz, Bereitschaftspolizei, Spezialeinsatzkräfte. Gegen den Bewohner, Frank Rennicke (51), ein bekannter Liedermacher der rechten Szene, der NPD nahestehend, aber kein Mitglied, hegen die Beamten den Verdacht des unerlaubten Waffenbesitzes, Verstoß gegen das Kriegswaffenkontrollgesetz. Laut Durchsuchungsbeschluss, der dieser Redaktion vorliegt, hat ein „Zeuge“ gesehen, wie eine „Maschinenpistole“ bei einem angeblich rechten Treffen übergeben worden war. Tatzeitpunkt: Samstag, 5. März, gegen 17 Uhr, auf dem Hof vorm Haus, dabei etwa zehn Personen und Kinder.

Versammlung "systemkritischer Menschen"

Rennicke beschreibt die Situation so: Am 5. März habe es einen „Liederkreis“ bei ihm gegeben. Sein Haus ist groß, diente in den 1960er-Jahren als Schule, dann wurde ein Elektro-Handel daraus, dann kaufte das Haus und das Geschäft Rennickes Frau. Bei ihm träfen sich nicht nur Rechte, sondern auch „systemkritische Menschen“, von Impfgegnern bis Chemtrail-Interessierten. Viele seiner Lieder stehen auf dem Index, sind wegen Volksverhetzung verboten. Man sei gekommen, um zu „diskutieren“: „Es gab Suppe, die Sonne kam kurz raus, die Leute waren draußen rauchen, alles etwas rustikaler“. Bei dieser Gelegenheit habe ihm der NPD-Mann Ulrich Pätzold (57) aus der Nähe von Deggendorf Spielsachen übergeben: einen Legobausatz und einen Fischerbausatz, darauf habe das Spielzeuggewehr gelegen, Made in China, „M22“ steht drauf. Drückt man auf den Abzug, blinkt es rot und weiß und macht knarzende Geräusche.

Er habe das Gewehr vergessen

Rennicke hat in zweiter Ehe einen zweijährigen Sohn, seine Frau ist im neunten Monat schwanger. Er habe das Gewehr sofort wieder vergessen, sein Sohn sei nicht daran interessiert gewesen – bis am Samstag ein Großaufgebot der Polizei vor der Tür stand. Dabei fanden die Beamten noch weitere Waffen: Zwei Gaspistolen, eine gehört der Ehefrau von Rennicke. „Ich habe einen kleinen Waffenschein.“ Die andere gehört ihm.

Rennicke bekommt keinen Waffenschein mehr, weil er seit 2010 vorbestraft ist: wegen Widerstands gegen die Staatsgewalt, als er sich mit einem Polizisten auf seinem Grundstück geprügelt hat. Allerdings darf er die Pistole zuhause haben, er darf sie nur nicht mit sich führen. Die beiden Pistolen ließ die Polizei im Hause des rechten Sängers. Mitgenommen haben sie dagegen einen alten russischen Karabiner, Nummer 36794 mit aufgebohrtem Lauf, hinten zugelötet, verrostet. „Nicht schussfähig“, behauptet Rennicke, der das Gewehr aus dem Zweiten Weltkrieg von einem Offizier der Bundeswehr geschenkt bekommen haben will. Seitdem sei es in seiner Rumpelkammer „vergammelt“.

Noch mehr Waffen

Beim NPD-Mann Pätzold soll nach Recherchen des Kuriers eine „Waffe“ für Gotcha, dem Verschießen von Farbkugeln, gefunden worden sein. Die soll seinem Sohn gehören. Pätzold war bei der Durchsuchung seiner Wohnung angeblich nicht dabei, er sei im Ausland, so ein Freund. Pätzold war für ein Gespräch nicht zu erreichen.

Das Spielzeuggewehr ließen die Beamten übrigens im Haus des Rechtsextremen. Der denkt jetzt über eine Anzeige nach. Ob er wegen der NSU-Verbrechen kein Verständnis für die Durchsuchung hat? „Das versteh ich auch“, sagt Rennicke.

Staatsanwaltschaft äußert sich nicht

Die Staatsanwaltschaft Hof äußert sich nicht zu dem Verfahren. Es liefen noch Untersuchungen, heißt es. Wie lange die dauern, steht noch nicht fest. In einer Pressemitteilung vom Wochenende hatte es geheißen: „Bei den Durchsuchungen stellten die Beamten mehrere Verstöße nach dem Waffengesetz fest. Die weiteren Ermittlungen und Überprüfungen hierzu dauern an.“ Ein mit dem Fall betrauter Ermittler sagte: „Stellen Sie sich vor, wir hätten nichts getan.“

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