Hitler ist noch immer Ehrenbürger

Sie von der Liste der Ehrenbürger zu streichen, darauf ist bis heute schlicht niemand gekommen. Und noch mit einer weiteren Personalie befasst sich der Gemeinderat am kommenden Donnerstag: Mit der von Nikolaus Brückner. Der Hauptlehrer war 40 Jahre lang in Marktschorgast unter anderem als Schulleiter tätig gewesen. 1955, zehn Jahre nach dem Zusammenbruch des Nazireichs, war ihm die Ehrenbürgerwürde von Marktschorgast verliehen worden. Jetzt kam heraus: Auch Brückner hatte wohl eine Nazi-Vergangenheit, die eine Ehrenbürgerwürde eigentlich ausschließt. Bürgermeister Hans Tischhöfer fällt es sichtlich schwer, über das Thema zu sprechen. Das sei damals halt so gemacht worden mit der Ehrenbürgerschaft, sagt er.

Kulmbach hat schnell gehandelt

Gewiss hat Tischhöfer recht. So war das damals. Nach dem Krieg sah das dann ganz anders aus. Da schämte man sich solcher Ehrenbürger. Kulmbach hat schnell gehandelt. Schon 1945 hat sich der Stadtrat klar distanziert und Hitler das Ehrenbürgerrecht wieder aberkannt. Doch das war keineswegs überall so. 68 Jahre war Adolf Hitler bereits tot, als sich der Bayreuther Stadtrat von diesem Ehrenbürger distanzierte. Erst 2013 hat der Bayreuther Stadtrat den Schlussstrich gezogen und unter anderem Hitler wie auch Hans Schemm die Ehrenbürgerwürde offiziell aberkannt.

Ernennung lange übersehen

Das wollen nun auch die Marktschorgaster tun. So spät nicht etwa deshalb, weil sie zu ihren fragwürdigen Ehrenbürgern gestanden wären. Man hatte diese heute peinlichen Ernennungen schlicht übersehen. Ein ehemaliger Marktschorgaster war es, der über eine Internetrecherche herausgefunden hatte, dass Adolf Hitler noch immer auf der Liste der Ehrenbürger geführt wird. Per E-Mail verständigte der Mann die Gemeinde und fragte an, ob sie die Liste nicht überarbeiten mag. Die Gemeinde „mochte“.

Nikolaus Brückner unter der Lupe

Bei der Gelegenheit wurde aber auch die Geschichte des Ehrenbürgers Nikolaus Brückner unter die Lupe genommen. Als er anlässlich seines 65. Geburtstages Ehrenbürger wurde, war das Dritte Reich bereits zehn Jahre Geschichte. Lehrer war Brückner, Leiter mehrerer Chöre, darunter auch des katholischen Kinderchors. Auch als Heimatforscher hatte sich Nikolaus Brückner große Verdienste erworben. Doch das war offenbar leider nicht alles. Die Recherchen über Brückner brachten noch eine andere Seite dieses Manns zutage. Als besonders eifriges NSDAP-Mitglied soll der Lehrer in Marktschorgast ganz besonders engagiert für die Nazi-Partei geworben haben. „Er hat den Volkssturm bis zum Schluss ziemlich rigoros geleitet“, weiß Nikolaus Ott. Er weiß auch: Brückner ist damals wohl entnazifiziert worden, hat seinen „Persilschein“ erhalten. Für Nikolaus Ott und auch für seine Gemeinderatskollegen ist deshalb klar: „Solche Menschen sind für Marktschorgast nicht tragbar.“

Gemeinderat soll sich distanzieren

Nicht tragbar ist es für Ott auch, dass Adolf Hitler, Hindenburg und Schemm noch Anfang des Jahres 2017 in der Liste der Ehrenbürger aufgeführt sind. Der zweite Bürgermeister weiß zwar: So richtig aufheben und damit ungeschehen machen kann der Gemeinderat den einmal gefassten Beschluss nicht. Der Rat von heute kann sich lediglich von den Beschlüssen seiner Vorgänger distanzieren. Das sollte nun mindestens geschehen, meint Nikolaus Ott und weiß in dieser Sache das gesamte Ratsgremium hinter sich: „Wir sollten als Gemeinde in der Öffentlichkeit einen Schlussstrich ziehen.“