Der Kurier hat Fritz Maier und seinen Hund Nando begleitet Auf Wildschweinjagd im Limmersdorfer Forst

Von Sarah Bernhard

60 Jäger, 30 Hunde und 600 Hektar Wald: Die Drückjagd rund um die Waldhütte gehört zu den größten in der Region. Der Kurier hat Fritz Maier und seinen Hund Nando bei der Jagd begleitet. Und sah schnelle Rehe, große Kaliber und einen roten Mülleimer voller Innereien.

 
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Um kurz nach acht Uhr leuchtet die Waldhütte orangerot. 60 Jäger und ihre Hunde warten vor dem Haus darauf, dass es losgeht. „Rehe können orange schlecht wahrnehmen“, sagt Fritz Maier (57), Leiter des Forstbetriebs Nordhalben. Menschen umso besser: Sobald eine orangefarbene Weste auftaucht, wird Schießen verboten sein.

Das ist nur eine von vielen Regeln, die vor jedem Jagdbeginn besprochen werden. Eine andere: Gejagt werden Rehe, Wildschweine und Hasen. Füchse nicht. „Wir wollen, dass das Fell des Tieres genutzt wird. Wenn man mit Büchsen schießt, geht das nicht“, sagt Maier. Weil die Kugeln große Löcher ins Fell reißen. Schrotflinten hingegen machen nur kleine Löcher. Aber die sind bei der Drückjagd verboten. Es ist 8.27 Uhr.

Ein logistisches Meisterwerk

Die nächsten eineinhalb Stunden vergehen damit, dass sich die Jäger auf den Wald verteilen. „Waidmanns Heil“, rufen sie sich zu. „Waidmanns Dank“, antworten sie. Jeder hat einen bestimmten Platz – den er erst einmal finden muss. Der logistische Aufwand ist riesig, bereits im März hat der Forstbetrieb mit der Organisation begonnen.

Fritz Maier und sein Hund Nando etwa müssen erst über Neustädtlein und Limmersdorf auf die andere Seite des Waldes fahren, bevor sie zu ihrem Ansitz kommen. Er steht in einem Erlenwäldchen, direkt neben einem kleinen Fichtenbestand, eingeklemmt zwischen zwei Wiesen. Wenn das Wild flüchtet, dann durch dieses Wäldchen. Die Bäume rauschen im Wind. Ein idealer Ort für die Jagd.

Während Maier auf den Ansitz klettert, markiert Nando, eine Alpenländische Dachsbracke, hektisch jeden Baum im Umkreis. „Vor der Jagd ist er immer ein bisschen nervös“, sagt Maier. Die Uhr zeigt zehn. Die Jagd beginnt.

Sofort fallen Schüsse

Sofort fallen auf der anderen Seite der Wiese Schüsse. Nando stürmt davon. Seit sechs Jahren jagen die beiden zusammen, sie können sich voll aufeinander verlassen. Maier legt das Gewehr an. Wieder Schüsse, kurz hintereinander. „Vermutlich eine Rotte“, sagt Maier.

Vier Kugeln hat der Jäger in seiner Büchse, jede 7,6 Millimeter groß. Statt Kimme und Korn hat er ein Zielfernrohr auf das Gewehr montiert, es markiert das Ziel mit einem roten Punkt. „Man kann beide Augen offen lassen und sieht deshalb viel besser, was außenherum passiert“, sagt Maier. Doch kein Tier taucht auf.

10.20 Uhr. Kling, kling macht es, dann quietscht ein Tier. „Ach, der Terrier von der Frau Schulze“, sagt Maier. „Der hat ein Glöckchen um den Hals. Und wenn er keine Fährte findet, dann quietscht er.“ In der Ferne taucht ein orangefarbener Fleck auf, der nach dem Hund pfeift. Im Gegensatz zu Fritz Maier sitzt Sabine Schulze nicht auf einem Ansitz, sondern läuft durch den Wald, um das Wild aufzuscheuchen. Zwölf solcher sogenannter Hundeführer sind bei der Jagd dabei.

Ein Reh bricht durch die Fichten

Sieben Minuten später ist es soweit. Ein Reh bricht aus dem Fichtenwäldchen hervor und springt genau am Ansitz vorbei. Maier zielt, aber das Reh ist zu schnell, um einen sicheren Schuss abgeben zu können. Auch als es um 10.35 Uhr zurückkehrt, ist seine Geschwindigkeit viel zu hoch. Von Nando ist nichts zu sehen. „Er ist da, wo es interessant ist“, sagt Maier.

Und dann passiert – zwei Stunden lang nichts. Nicht ungewöhnlich, sagt Maier. „Man beobachtet dann halt Vögelchen oder macht sich sonstwelche Gedanken.“ Kalt sei ihm bei einer Jagd nie, „die Anspannung ist viel zu groß“. Nur wer die ganze Zeit konzentriert bleibe, mache seinen Job richtig.

Um 12.25 Uhr kehrt Nando zurück. „Der hat keine Lust mehr“, sagt Maier. „Fein gemacht“, ruft er seinem Hund zu, dann packt er das Gewehr ein, klappt den Sitz hoch und macht sich auf den Weg zurück zur Waldhütte.

Der Waldboden ist voller Blut

Dort sind andere Jäger schon dabei, mit scharfen kleinen Messern ihre Beute auszunehmen. Es riecht nach Blut, der Waldboden ist voll davon. „Ein bisschen eklig ist das schon“, gibt Jagdleiter Gerhard Müller zu, „deshalb machen wir es ja auch nicht auf dem Marktplatz“. Aber so gehe es in jedem Schlachthof zu – außer dass die Tiere, die dort geschlachtet würden, oft nicht einmal ein schönes Leben hatten.

Sechs Rehe und zwölf Wildschweine haben die Jäger erlegt, „eine mittlere Streckengröße“, sagt Müller. Die Innereien werden entnommen und in einen roten Mülleimer geworfen. „Wie andere Schlachtabfälle auch.“ Ein Tierarzt untersucht jedes Tier auf verschiedene Krankheiten.

Tiere kommen sofort ins Kühlhaus

Früher wurde die fertig ausgenommene Beute ausgelegt. Doch das sei schon lange nicht mehr so, sagt Fritz Maier: Die meisten Wildschweine und Rehe kommen heute sofort ins Kühlhaus neben der Waldhütte. „Es macht keinen Sinn, Lebensmittel ewig draußen rumliegen zu lassen, nur weil das früher mal so war.“

Wer ein Tier erlegt hat, bekommt aber auch heute noch einen Zweig überreicht, den er sich an den Hut steckt – das einzige, was den Jägern von dieser Jagd bleiben wird. Die Tiere, die jetzt im Kühlhaus hängen, gehören den Bayerischen Staatsforsten – und werden bald in den hiesigen Gasthäusern auf dem Teller liegen.

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