Von der Bierstadt zur Bikerstadt Knapp 40.000 Menschen bei der Sternfahrt

und Klaus Rössner

Die Motorradsternfahrt in Kulmbach ist ihrem eigenen Anspruch nach drei Jahren Corona-Pause gerecht geworden. So mancher Biker ist überrascht.

 
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Der 20. Motorradsternfahrt in Kulmbach, darüber waren sich die Veranstalter am Sonntagnachmittag einig, ist nach drei Jahren Pause wegen Corona am vergangenen Wochenende ein großartiges Comeback geglückt. Dabei ist auch die Zahl der Besucher fast an den bisherigen Rekord herangekommen. Knapp 40 000 Menschen waren es laut Polizeisprecher Rainer Erfurt vom Bayreuther Polizeipräsidium , die am Samstag und Sonntag nach Kulmbach gekommen sind, um an der größten Motorradveranstaltung Süddeutschlands teilzunehmen. Dabei stand einmal mehr die Verbesserung der Sicherheit der Biker im Vordergrund, aber auch Spaß und Unterhaltung kamen nicht zu kurz.

„Ankommen statt Umkommen“ – das ist seit jeher das Motto der Sternfahrt. Viel wird dabei von der Polizei aufgeboten, um die Biker zu sensibilisieren und damit hoffentlich den einen oder anderen schweren Unfall zu verhindern. Viele bleiben am Stand der oberfränkischen Polizei stehen vor dem Anhänger, auf dem ein demoliertes Motorrad und ein schwer beschädigtes Auto, ein mehr als 400 PS starker Audi, ausgestellt sind. „Raser töten – sie zerstören Leben in Sekunden“ steht als Titel auf den erklärenden Tafeln mit einem sehr direkten, unbeschönigten Text, der wohl keinen der Betrachter unberührt gelassen hat. Ein illegales Rennen hat das Leben von gleich mehreren Menschen für immer verändert, mehrjährige Gefängnisstrafen nach sich gezogen, ein unschuldiger Familienvater hat sein Leben verloren, sein Sohn musste um seines kämpfen.

Einige Meter weiter auf dem Gelände der Kulmbacher Brauerei kann jeder, der es einmal selbst fühlen will, in einen Überschlagssimulator steigen. Kopfüber im Fahrzeug: Das zu erleben macht Gänsehaut, auch wenn man schon beim Einsteigen weiß, dass bei diesem Überschlag keinem etwas passiert. Mit fast ungläubigem Staunen klettern danach die meisten aus dem Fahrzeug. Die Gesichter zeigen, welchen tiefen Eindruck es hinterlassen hat.

Nicht weniger intensive Blicke, aber mit ganz anderem Hintergrund, gibt es gegenüber am Stand von Harley Davidson. Probesitzen auf einer dieser legendären Maschinen und natürlich ein Erinnerungsfoto davon, das haben sich viele Besucher nicht entgehen lassen. Andere stöbern in den Angeboten der Zubehörhändler. „Ich kauf mir heute einen Helm“, sagt ein Besucher, der sich mit seiner Maschine aus Hof auf den Weg nach Kulmbach gemacht hat. Er habe sich überzeugen lassen, dass der „alte Deckel“, mit dem er immer noch herumfährt, bei einem Unfall kaum Schutz bieten würde.

Die Motorradsternfahrt ist, auch wenn die Hauptzielgruppe natürlich die Biker sind, eine Veranstaltung, die die ganze Familie ansprechen soll. Verkehrserziehung schon für die Kleinsten, und dabei jede Menge Spaß: Ein Puppentheater macht das möglich. An einem anderen Stand können sich die Kids die passende Bemalung fürs Biker-Event auftragen lassen. Das zieht auch viele junge Eltern an. Kinderwagen sind keineswegs ein seltener Anblick auf dem Veranstaltungsgelände. Und auch die Kirche findet ihren Platz. Das Programm am Sonntag startet mit einem Motorradgottesdienst, dessen Inhalte maßgeschneidert für die Zielgruppe sind. Auch diesmal ist dieser Gottesdienst wieder gut besucht. Einige Hundert Besucher haben ihn aufmerksam verfolgt.

Als am Sonntagmittag dann der große Korso durch die Stadt rollt, säumen Tausende die Straßen. Unzählige Fotos und Videos werden gemacht. Fachsimpeln darf natürlich auch nicht fehlen. Sind die Fahrzeuge von Triumph und Harley die besseren oder doch die eher futuristischen Rennbikes aus Japan? „Joghurtbecher“ sagt einer verächtlich. sein Gesprächspartner kontert: „Wie oft bleibt dein Ami-Bock so im Durchschnitt in der Woche irgendwo stehen?“

Man kann sie hören und riechen, die vielen Motorräder, die ihre Runde durch die Innenstadt drehen. Sirenen heulen, Motoren knattern oder brüllen, je nach Fahrzeugtyp. Fasziniert wird das endlos scheinende Defilee von den Zaungästen betrachtet. Viel zu sehen gibt es allemal. Mehr als 2000 Biker haben sich, berichtet es die Polizei, am Sonntag auf den Weg gemacht. Vom kleinen Motorroller bis hin zum Quad ist alles dabei, was für Freiheit steht.

Oberfrankens neuer Polizeipräsident Markus Trebes erlebt bei seiner Premiere die Faszination, die diese Sternfahrt ausmacht. Strahlend sitzt er in dem Fahrzeug, das den Korso anführt, zusammen mit Innenminister Joachim Herrmann und OB Ingo Lehmann. Auch für Trebes ist es ein großes Anliegen, die Sicherheit der Motorradfahrer zu verbessern. Er hat schon vor dem Start an alle Biker appelliert:

„Jedes Frühjahr ist ein Neueinstieg, bei dem sich die Fahrer neu an die Gegebenheiten gewöhnen müssen. Vorsichtig herantasten ist das Motto.“ Dass das bei den Besuchern ankommt, dafür haben die Verantwortlichen, das Polizeipräsidium, die Kulmbacher Brauerei sowie Stadt und Landkreis Kulmbach, auch in diesem Jahr wieder alles getan.

Wenn es nach Joachim Herrmann geht, dann wird es die Sternfahrt in Kulmbach noch viele Jahre geben. „Ich wüsste nicht, was dagegensprechen würde. Wir fühlen uns in Kulmbach sehr wohl.“ Das haben sich am Wochenende sicher auch die unzähligen Biker und Motorradfreunde gedacht. Viele sind schon am Samstag angereist und haben sich bis in den späten Abend bei Rockmusik live bestens unterhalten. Biker-typische Musik war es, die hören war: Top-Act Bonfire rockte am Samstagabend die Fans, tagsüber sorgten die Gruppen If we last, Adrenalize, City Rockers und D.I.E.B.A.N.D für gute Unterhaltung. Nicht zu vergessen die Band der Rock-Antenne-Bayern.

Brauerei-Vorstandssprecher Markus Stodden war mehr als zufrieden mit dem Wochenende und dem immensen Zuspruch, den die Sternfahrt bei ihrer 20. Auflage einmal mehr erfahren hat: „ Aus kleinen Anfängen heraus hat sich unser Treffen gigantisch entwickelt“.

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