Der Gastgewerbebranche schmecken die Dokumentations- und Aufzeichnungspflichten nicht Bayreuth: Gastronomen klagen über "Bürokratiemonster"

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In den Restaurantküchen brodelt es. Dokumentation allergieerzeugender Inhaltsstoffe, Arbeitszeitkontrolle beim Mindestlohn - Gastwirte klagen über die ausbordende Bürokratie durch neue gesetzliche Vorgaben.

 
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"Wo sind denn die ganzen Wirte?“ Fragend blickte Ulrich Brandl, Präsident des Gastronomenverbandes Dehoga Bayern, auf dem Neujahrsempfang des Dehoga-Bezirks Oberfranken in Bayreuth ins Auditorium voller Ehrengäste aus der Politik. Um sich gleich die Antwort selbst zu geben: „Sie werden ihren Aufzeichnungspflichten nachkommen müssen. Gegen Mittag werden sie dann auftauchen. Weil sie dann eh keine Zeit mehr zu kochen haben.“

Ja, nichts bringt das Gastgewerbe derzeit so auf die Palme wie die vielfältigen Dokumentations- und Aufzeichnungspflichten, sei es Lebensmittelhygiene, Arbeitsmedizin, Infektionsschutz und dergleichen. Nun seien noch zwei weitere dazugekommen, „auch noch Zungenbrecher“, wie die oberfränkische Dehoga-Bezirksvorsitzende Andrea Luger klagt: die sogenannte Lebensmittelinformationsergänzungsverordnung und die Arbeitszeitaufzeichnungsverpflichtung nach dem Mindestlohngesetz. Nach ersterer müssen Betriebe, die nicht verpackte Lebensmittel in den Verkehr bringen, den Gast darüber informieren, welche von 26 allergieauslösenden Stoffen oder Erzeugnissen in den angebotenen Speisen und Getränken sind. „Wer Allergiker ist, wird sich doch nicht darauf verlassen, was auf einer Liste steht, sondern er wird mit dem Küchenchef reden“, zürnt Brandl. In den letzten Jahren habe es eine erfreuliche Hinwendung zur selbst gekochten regionalen Küche gegeben. Jetzt werde der Koch lieber wieder zur sauber deklarierten Fertigpackung für Großverbraucher greifen, ist Brandl überzeugt.

Ein weiteres „Bürokratiemonster“ ist für Andrea Luger die Aufzeichnungspflicht nach dem Mindestlohngesetz. Nicht der Stundenlohn von 8,50 Euro selbst sei das Problem, sondern die Pflicht, Arbeitszeiten und Pausen der Mitarbeiter haarklein zu dokumentieren. Was vor allem Kleinbetriebe belaste, die noch nicht über derartige Aufzeichnungsmöglichkeiten verfügen. Wer dagegen verstößt, könne mit Bußgeldern von bis zu 30 000 Euro belangt werden, klagt Luger. „Der Wirt sollte sich doch seiner eigentlichen Hauptaufgabe widmen können, nämlich sich um den Gast zu kümmern. Dies wird durch die wuchernde Bürokratie immer schwieriger.“ Luger zufolge hätten einige Gastwirte bereits angedeutet, diese bürokratischen Belastungen nicht mehr tragen zu wollen und notfalls ihren Betrieb zu schließen. „Lassen Sie mich die Dokumentationspflicht zum gestgewerblichen Unwort des Jahres erklären“, sagte Luger und forderte die Politik auf, die Aufzeichnungspflichten zu beschränken und das Mindestlohngesetz entsprechend zu korrigieren.

Und wie war es denn so, das abgelaufene Jahr 2014, für den oberfränkischen Tourismus? „Nahezu gleichbleibend, mit einer leicht negativen Tendenz“, berichtete Dehoga-Bezirkschefin Luger. Im Vergleich zu 2013 meldeten die Beherbergungsbetriebe einen leichten Rückgang bei den Gästeankünften um 0,2 Prozent und bei der Zahl der Übernachtungen um 0,8 Prozent. Die Bettenauslastung lag in Oberfranken bei 35,6 Prozent, die durchschnittliche Aufenthaltsdauer bei 2,5 Tagen. Zum Vergleich: Bayernweit stieg die Zahl der Ankünfte um 2,5 Prozent, die Zahl der Übernachtungen um 1,0 Prozent. „2014 gab es keine überregional wirkenden Jubiläen oder Großveranstaltungen, insofern sollte der Rückgang nicht so dramatisch gesehen werden“, sagte die Bezirksvorsitzende.

Bis auf die Ferienregion Oberes Maintal – Coburger Land mit einem Plus von 2,4 Prozent ging es mit den Übernachtungszahlen in den Regionen abwärts: Fränkische Schweiz minus 0,3 Prozent, Frankenwald minus 3,3 Prozent und Fichtelgebirge (inklusive Bayreuth) minus 2,0 Prozent. Zulegen konnten die Städte bei den Übernachtungszahlen gegenüber dem Vorjahr: Bamberg um plus 3,4 Prozent, Hof 1,9 Prozent, Coburg 5,1 Prozent und Bayreuth 4,1 Prozent.

Wo die Hotel- und Gaststättenbranche noch der Schuh drückt: die Fachkräftesicherung. Mittlerweile sei es schon sehr schwierig geworden, beispielsweise einen vernünftigen Koch zu finden, klagte Luger. Und dieses Problem werde sich in den nächsten Jahren noch deutlich verschärfen – bereits jetzt sei die Zahl der Auszubildenden in Oberfranken seit 2007 um 40 Prozent gesunken. Ausbildungsbotschafter sollen an Messen und in Schulen für einen Beruf im Gastgewerbe werben und das sogenannte Konzept der wertschätzenden Ausbildung vorstellen, ein nachhaltig angelegtes Projekt, das schon vor der eigentlichen Ausbildung beginnt und auch nach der Lehrzeit eine Betreuung gewährleisten soll.

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