Orchester als Friedensprojekt
„Musik zu einem wesentlichen Teil des gesellschaftlichen Lebens zu machen, war immer eine Herzensangelegenheit von mir“, sagte er einst bei einer Vorlesung in London, als er an seinen verstorbenen Freund, den palästinensischen Literaturwissenschaftler Edward Said erinnerte. Die beiden hatten 1999 das West-Eastern Divan Orchestra als ein Friedensprojekt für junge Musiker aus Israel und Palästina gegründet. Freilich stellt sich die Realität bisweilen den Utopien der Künstler in den Weg. Das West-Eastern Divan Orchestra ist schon seit längerer Zeit nicht mehr in arabischen Ländern aufgetreten. Für Schlagzeilen auch außerhalb der Feuilletons sorgte Barenboim im Jahr 2001, als er Musik von Richard Wagner in Israel aufführt und damit einen Eklat auslöste. Holocaust-Überlebende verbinden Wagners Musik mit dem Konzentrationslager von Auschwitz. Barenboim musste sich Beschimpfungen wie „Faschist“ oder „eine Schande“ gefallen lassen. Er entgegnete: „Wagner war antisemitisch, seine Musik nicht.“ So verteidigte der Dirigent die Aufführung des Vorspiels zu „Tristan und Isolde“.