Bundeskriminalamt stoppt Pläne, Jäger nachts mit Kriegstechnik jagen zu lassen Nachtzielgerät ist vom Tisch

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Ein Wildschwein bei Nacht im Visier eines Jägers. In Bayern dürfen Jäger bald Nachtzielgeräte verwenden. Je neuer die Generation der Geräte ist, desto besser die Sicht. Foto: BKA Foto: red

Aus für das Nachtzielgerät. Der umstrittenen Optik für Jäger hat das Bundeskriminalamt einen Riegel vorgeschoben. Es hat Anträge von 30 bayerischen Kreisjagdgruppen abtgelehnt, die das Gerät in sogenannten Problemregionen einsetzen wollten.

 
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Mit militärischer Nachtsicht-Ausrüstung gegen Wildschweine. Es war die umstrittenste Maßnahme und sie hat die Jäger Bayerns gespalten: Den zunächst probeweisen Einsatz der Geräte hatte Landwirtschaftsminister Helmut Brunner (CSU) auf Druck des Bayerischen Bauernverbands erlaubt. Auf dem Weg dahin hätte nur noch eine juristische Hürde genommen werden müssen. Das Bundeskriminalamt hätte der bislang verbotenen Technik zustimmen müssen. Diese Erlaubnis blieb aus. Die verbotenen Geräte dürfen also weiterhin nur von Sondereinsatzkommandos der Bundeswehr oder der Polizei eingesetzt werden.

Vor allem Landwirtschaftsminister Brunner hätte die auf der üblichen Zieloptik montierten Restlichtverstärker gerne gesehen und hat Anfang 2015 versprochen dafür zu sorgen, dass Ausnahmeregelungen ab Mai dieses Jahres gelten würden. Als Präzedenzfälle wurde Jägern aus den Landkreisen Cham, Regensburg und Regen die jagdrechtliche Erlaubnis von den jeweiligen Unteren Jagdbehörden erteilt. Die waffenrechtliche Erlaubnis mussten sie sich vom Bundeskriminalamt (BKA) einholen, da es sich dabei laut Waffengesetz um sogenannte verbotene Waffen handelt. Auf Nachfrage der JÄger beim BKA kam aber jetzt heraus, dass sich Brunner offensichtlich verschätzt hatte: 51 Anträge zur Verwendung von Nachtsichtvorsätzen zur Jagd wurden Anfang August "nach umfassender Prüfung ablehnend beschieden".

Detaillierte Begründungen waren nicht erfahren, da es sich um jeweils einzelne Verwaltungsakte handelt, die das BKA nicht herausgeben darf. Das Landwirtschaftsministerium äußerte sich knapp und bündig: „Das BKA hat die rund 30 Anträge auf waffenrechtliche Genehmigung zur Verwendung von Nachtzielgeräten abgelehnt. Die Antragsteller prüfen unserer Kenntnis nach derzeit, ob sie gegen die Ablehnungsbescheide Widerspruch einlegen werden."

Ohne Triumphgefühl

Jürgen Vocke, der Präsident des Bayerischen Jagdverbands und somit Bayerns oberster Jäger, sieht sich in seiner Linie bestätigt. In einem Gespräch mit dem Kurier sagte er, er freue sich darüber, dass es keinerlei Ausnahmen für die verbotene Optik gebe. Aber er sei „ohne Triumphgefühl“. Für ihn sei es nur „unverständlich, dass wir die Nacht für die Wildtiere zum Tag machen wollten“. Er hatte sich immer gegen die Optik ausgesprochen. Bereits beim Landesjägertag im April 2015 hatte Johannes Dietlein, Lehrstuhl für Öffentliches Recht und Verwaltungslehre an der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf, ein im Auftrag Vockes erstellte Rechtsgutachten vorgestellt. Darin kam er zu dem Schluss, dass eine Freigabe von Nachtzieltechnik zur Schwarzwildbejagung auf der Basis des geltenden Waffen- und Jagdrechts nicht möglich sei.

In die Diskussion gekommen war das Gerät, weil vor allem Bauern geklagt hatte, die Schäden durch Wildschweine seien in den vergangenen Jahren gestiegen. Zahlen dazu gab es nicht. Tatsächlich aber haben sich die Lebensbedingungen und das Nahrungsangebot im Wald in den vergangenen Jahren signifikant zu Gunsten des Schwarzwilds verbessert. Die Zahl der erlegten Tiere stieg rasant. Laut Beschluss des Landwirtschaftsausschusses vom Februar dieses Jahres sollte die Nachtsicht-Optik „in Notgebieten“ gegen Wildschweine eingesetzt werden. In der Jagdsaison 2013/2014 wurden über 68000 Wildschweine registriert. Vor rund dreißig Jahren waren es noch 3000 Tiere

Auch die Wirksamkeit des Gerätes war von Anfang an umstritten. Wildbiologe Niels Hahn (48) allerdings hatte sich für den Einsatz ausgesprochen. Der Forstwissenschaftler aus Baden-Württemberg hatte dies in einer Studie im Auftrag der Bayerischen Landesanstalt für Wald und Forstwirtschaft (LWF) herausgefunden. In einem mehrmonatigen Probelauf kamen insgesamt 139 Nachzielgeräte zum Einsatz, die Abschusszahlen wurden dadurch allerdings nicht erhöht.

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