In der Wirtsstube knistert das Feuer im schwarzen Schwedenofen, der Holzboden knarrt ein bisschen, wenn Simone Fuchs oder die vermutlich zukünftigen Chefinnen Christina und Theresa Redemann einen Kaffee oder das erste frühe Bierchen zu ihren Gästen bringen. Die Wintersonne lacht freundlich durch die kleinen Fenster der Stube in der Gastwirtschaft Redemann in Oberpreuschwitz – so weit das eben geht durch die alten und liebevoll erhaltenen Kastenfenster, deren äußere Scheiben vom strengen Nachtfrost mit Eisblumen verziert sind. Wenn die Klingel ertönt, muss Simone Fuchs, „unsere gute Seele“, wie Seniorchefin Katharina Redemann sie nennt, schnell rüber in den Laden huschen, in die Metzgerei, die seit 1960 eine sehr glückliche Symbiose mit der Wirtschaft gleich auf der anderen Seite des Gangs bildet. „Wenn wir die Metzgerei nicht hätten, könnten wir die Wirtschaft gar nicht machen“, sagt Katharina Redemann. „Aber so haben wir im Prinzip immer warme Küche. Und das Essen kommt natürlich frisch auf den Tisch, weil wir das, was wir dem Gast zubereiten, drüben in der Metzgerei schnell holen können.“ Deshalb sei man „halt ganz einfach praktisch und flexibel. Jeder kriegt bei uns, was er will“, sagt die Seniorchefin mit einem stolzen Blick in die Runde der Familie, auf die Enkelkinder, die 17-jährige Theresa, die 18-jährige Christina und auf den Sohn und Metzgermeister Heinrich Redemann. Nur ihr Mann Walter ist irgendwo im Haus unterwegs und plaudert nicht mit über die Geschichte des Gasthauses, das seit bald 49 Jahren auch seine Heimat ist.

„1794 wurde das Haus als Bäckerei und Brauerei gebaut und ist dann durch viele Hände gegangen. 1960 haben es dann mein Mann und ich gekauft und haben seitdem hier die Metzgerei und die Gastwirtschaft.“ Schön langsam sei diese Kombination auch durchaus etwas Besonderes, weil die alten Wirtschaften eben aussterben. „Aber wir haben das Glück, dass junge Leute da sind, die das pflegen.“ Der Bestand scheint also gesichert.

Lamm und Zwetschgenbamers

Man habe sich „bisher einfach halten können“, sagt Katharina Redemann, auch wenn die kleine Wirtschaft mit ihren rund 60 Plätzen, wenn man die Nebenstube mit dazu nimmt, wie Heinrich Redemann schnell im Kopf überschlägt, erst im vergangenen Jahr „vom Rauchergesetz hart erwischt worden ist. Da war ein Vierteljahr erst einmal keiner mehr da“, sagt er. Erst mit dem Beginn des Sommergeschäfts und der Biergartenzeit habe sich das Geschäft wieder einigermaßen gefangen – oder haben die Leute den besonderen Charme eben vermisst, von dem Katharina Redemann gern geheimnisvoll spricht. Oder das Lammfleisch „von der Herde, die mein Sohn in Hummeltal hält“. Vielleicht war es aber auch der Zwetschgenbamers, den der Senior nach Kölner Rezept macht. Oder die Tatsache, „dass wir halt einfach cool sind“, wie Christina Redemann ganz resolut feststellt.

Es könnte aber auch das geheimnisvolle Kraftfeld sein, von dem die 75-jährige Seniorchefin spricht, mit einem Schmunzeln auf den Lippen: „Wir haben doch draußen im Biergarten den über 200 Jahre alten Ahornbaum. Und man muss die Leute mal beobachten, die in den Biergarten kommen. Die kommen, schauen ein bisschen, und setzen sich dann zu dem Baum. Vor einiger Zeit war mal ein Frankenwaldbauer da, der hat mit einer Wünschelrute gemessen und gesagt, dass da ein Kraftfeld ist. Und außerdem hat er gesagt, dass Ahornbäume normalerweise nicht so alt werden wie der in unserem Biergarten. Die Leute fühlen sich dort einfach wohl in seinem Umfeld – ob man es jetzt glaubt, oder nicht.“ Auch in der Wirtschaft soll es einen Platz geben, an dem sich der eine oder andere wohler fühlt als auf anderen: „Ein Stammgast hat sich immer auf den selben Stuhl gesetzt und wenn der einmal zufällig besetzt war, kam er immer an den Tresen und hat ganz traurig gefragt, wo er sich denn jetzt hinsetzen soll – obwohl noch ein paar Stühle frei waren.“

Für die Redemanns ist es wichtig, die alte Wirtshaustradition hoch zu halten: Am Sonntag zum Beispiel packt die Familie an und schält und verarbeitet bis zu einen Zentner Kartoffeln zu Klößen, „dann gehen an guten Tagen auch schon 120 Essen raus“, sagt Heinrich Redemann. Und so ganz langsam, ist sich die Familie sicher, finde auch wieder eine Umkehr bei den Gästen statt, was das Essen angeht. Man sei wieder auf der Suche nach bodenständiger und ehrlicher Küche, nach den regionalen Spezialitäten. Oder, weil sie es einfach schätzen, ohne großes Aufheben umsorgt zu werden, wie es Seniorchef Walter Redemann bei einem kurzen Besuch am Tisch im Gespräch mit dem KURIER auf den Punkt bringt: „Das ist schon Jahre her, dass zwei Festspielgäste aus Trier sich unterhalten und gesagt haben: ,Das ist herrlich hier, weil es vom Fortschritt verschont geblieben ist.’ Das hat mir damals schon so gut gefallen. Was nützen den Leuten denn tolle Polster, wenn sie nix G’scheits zu essen kriegen“, sagt Walter Redemann, dreht auf dem Absatz um und geht wieder seiner Arbeit nach.