Bayreuth Terror im Schulhof: "Das ist ein Scheiß-Überfall"

, Vanessa Lutz
Schüler prügeln sich auf einem Schulhof. Kids in der Großstadt ticken immer weniger sozial. Foto: Oliver Berg

Sechs Raubüberfälle, einer mit Schreckschusspistole, eine spektakuläre Flucht aus dem Jugendknast – mit 16 Jahren. Der jugendliche Serientäter sitzt dafür drei Jahre im Knast. Auch zwei Komplizen droht eine harte Strafe. Sie wollen nur Mitläufer gewesen sein.

 
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Komplett abgedreht, wie im Gangsterfilm: Nur dass die Verbrecher noch Kinder sind. Islam K. aus Bayreuth raubte Handtaschen, riss eine einer alten Frau aus der Hand, wurde mit Drogen erwischt, war gewalttätig. Im Januar lockte er zwei Jugendliche in die hinterste Ecke im Schulhof der Graserschule in Bayreuth, einem drückte er eine silberne Schreckschusspistole an den Kopf. „Das ist ein Scheiß-Überfall.“ Sein Opfer glaubte es nicht. K. schlug zu: mit der Waffe ins Gesicht.

K. und seine Helfer verschwanden mit der Beute: Bauchtasche, Uhr, Zahnspangen-Box und Kopfhörer. Die Opfer mussten bis 1000 zählen.

Kinder als Verbrecher: Im Internet spielte er Kinderspiele, im richtigen Leben machte er Kampfsport und wollte den coolen Verbrecher geben. Aber K. wurde gefasst und landete in einem Heim für kriminelle Jugendliche in Weißenstadt. Vermeidung der U-Haft, Kosten pro Tag: etwa 350 Euro.

Nach zwei Monaten der nächste Ausraster. Er hatte Küchendienst und klaute den Autoschlüssel einer Mitarbeiterin und raste mit einem 17-jährigen Mitinsassen in Richtung Tschechien (Mehr dazu lesen Sie hier >>>). Im auffälligen orangefarbenen Suzuki Splash. Wenige Tage später war die Flucht in einem Wald bei Stemmasgrün zu Ende. U-Haft. Nach Informationen unserer Zeitung hat K. alle Überfälle gestanden. Im Mai wurde er unter Ausschluss der Öffentlichkeit zu drei Jahren und drei Monaten Haft verurteilt.

Seine beiden Komplizen stehen erst jetzt in Bayreuth vor Gericht wegen besonders schwerer räuberischer Erpressung. Beide stellten sich als Mitläufer dar, von einer Waffe hätten sie nichts gewusst. „Ich war schockiert“, sagt Ivan B. (17), noch ein richtiger Bub: die Stimme sanft, der Körperbau zierlich, der Blick scheu, aber oft blitzen seine Eisaugen scharf.

Mitläufer? Der Überfall sei nicht geplant gewesen, ein plötzlicher Einfall K.s. Der Junge mit den Eisaugen, der mit 15 noch Jugendrat war, will nur eines gehabt haben: Angst. Trotzdem – oder deswegen durchsuchte er die erbeuteten Taschen und Jacken. Und gab alles dem mit der Waffe. Fuhr aber auch seelenruhig mit ihm später im Bus weg, von Angst keine Spur. Und klaute drei Wochen später dreimal hintereinander beim Karstadt jeweils ein Taschenmesser. „Weil es cool war.“ Und bot einer 15-Jährigen Drogen zum Kauf an. „Es tut mir leid.“

Der zweite, Jason K. (19), hatte K.s Brutalität nicht erwartet. Obwohl die beiden sich lange kannten, „saugute Freunde“ waren und zusammen trainierten. An dem Tag im Januar wollten sie „die Stadt checken“. Die Waffe? „Ich konnte es nicht glauben.“

Im Bus habe Islam K. dann „die Tat richtig gefeiert“. Auch der „saugute Freund“ bedauerte alles „sehr“, nachdem er „ein bisschen darüber nachgedacht“ habe. „Ich wäre ein besserer Freund gewesen, wenn ich eingegriffen hätte.“ Aber keiner hatte K. zurückgehalten, keiner den Opfern geholfen. Stattdessen haben sie K. bereitwillig die Beute gegeben. „Es war wie im Film.“

Ende Juli wird der Prozess fortgesetzt. Dann kommen die beiden Opfer als Zeugen.

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