Im Sommer ist es ja recht idyllisch dort. Einen Steinwurf vom Stadtteil Saas entfernt und trotzdem dem Stadtteil Thiergarten zugeschlagen, liegt der Schießstand, den die Bayreuther Polizei für das Schießtraining nutzt, nicht weit von der ehemaligen Motorsportschule entfernt im Wald. Neben dem Schießstand der große Platz, auf dem die Jäger üben, rechts vom Parkplatz das kleine Vereinsheim. Ein verwunschenes Plätzchen – aber im Winter auch ein saukaltes: „Das hier ist die Kühlkammer der Polizeidirektion Bayreuth“, sagen die beiden Trainer für Polizeiliches Einsatzverhalten (PE) der Bayreuther Polizei, Thomas Kraus und Armin Brütting. Für das Gespräch mit dem KURIER haben sie, „schon mal ein bisschen eingeheizt“, wie sie mit einem entschuldigenden Lächeln sagen. Die drei elektrischen Heizstrahler über den zweckmäßigen und wahrscheinlich auch längst aus dem normalen Polizeidienst ausrangierten Schreibtischen und Holzstühlen mühen sich redlich und rot glühend, aber gegen 0 Grad Außentemperatur und hereinrieselnden Schnee durch die offene Shetdach-Konstruktion des Zweckbaus können sie herzlich wenig ausrichten.

„Das ist auch der Grund, warum wir hier im Winter nicht schießen“, sagt Brütting und schaut nach oben, Richtung Decke. 24 Stunden muss jeder der rund 600 Bayreuther Polizisten, die anderen in Bayern natürlich ebenso, im Jahr zu den PE-Trainern, lernt Technik, Festnahmetechniken, wird in Theorie unterrichtet und bekommt seine Auffrischung im Schießen. „Normalerweise ist das Blockunterricht, nur bei uns ist das ein bisschen anders aufgeteilt, weil wir eben nur im Sommer hier schießen können“, sagt Kraus. Alles, was im beheizten Raum stattfinden sollte, wird dann eben in den Wintermonaten geübt.

Dennoch sind die beiden Trainier nicht unglücklich über ihre Sommerresidenz, wie sie den Schießstand im Wald nennen: „Es macht Spaß, da zu schießen. Das hier hat sein eigenes Flair. Das macht auch die Größe: Unser Schießstand hier ist mit sechseinhalb Metern Breite auch deutlich breiter als die meisten anderen, die nur dreieinhalb oder vier Meter breit sind. Wir können hier auch mal zu zweit nebeneinander schießen“, sagt Brütting. Sieben oder acht Schießanlagen wie die in Bayreuth gebe es in Bayern noch, „die anderen haben entweder schon geschlossene Bauweise oder sind umgerüstet auf Video und andere moderne Komponenten“, sagt Kraus. Auch die Bayreuther sollen den Planungen nach bis 2011 eine komplett neue Trainingsanlage für den polizeilichen Einsatz bekommen, die dann auf dem großen Areal des Präsidiums in der Ludwig-Thoma-Straße untergebracht werden soll. „Mit einer modernen Indoor-Schießanlage, selbstverständlich“, sagt Kraus, während über ihm der Heizstrahler gegen die Kälte kämpft.

Das letzte Mittel

Schießen ist „das letzte Mittel unmittelbaren Zwangs“, wie Brütting aus dem Polizeideutsch zitiert. Deshalb muss dieses letzte Mittel, weil am seltensten angewendet, am intensivsten trainiert werden. Jeweils zu zweit kommen die Beamten in die Schießanlage im Wald und bekommen ihre Unterrichtseinheiten von den PE-Trainern, die dann schon auch mal – auch das ein Vorteil der idyllisch gelegenen Anlage – die Sau rauslassen müssen. „Schießen zu müssen im Ernstfall, das bedeutet Höchststress für die Kollegen, deswegen versuchen wir auch oft, sie unter Stress zu setzen. Sie müssen dann funktionieren, dürfen nicht mehr denken“, sagt Brütting. „Der Umgang mit der Waffe muss einfach sitzen.“ Kraus ergänzt: „Waffenhandhabung, Taktik, Schnelligkeit und Treffen“ – das seien vier Säulen, auf denen das Training aufbaue. Geschossen wird in der Schießanlage mit der P 7, der Dienstwaffe von Heckler & Koch, der Maschinenpistole und dem Revolver, den die Kriminalbeamten bei sich tragen. „Wir versuchen, das Training möglichst dynamisch zu gestalten und angepasst an die Einsatzsituation zu machen, früher ist das eher statisch gelaufen“, sagen die Trainier. In den vergangenen 15 Jahren wurde der Standard stark angehoben, denn je sicherer die Polizisten im Umgang mit der Waffe sind, desto sicherer wird es auch im Ernstfall für alle, die nicht an der Situation beteiligt sind.

Dieser – notwendigerweise – eiskalte Umgang mit der Waffe als letztes Mittel hat beim Üben allerdings den Winter als Feind. Deswegen haben auch die Heizstrahler im Schießstand der Bayreuther Polizei Pause bis zum nächsten Jahr im Frühjahr. Denn ein kühler Kopf im Umgang mit der Waffe setzt nicht unbedingt Temperaturen um den Gefrierpunkt voraus.