Bäckerei Lang Plätzchen, Punsch und Impfung

Ungewöhnliche Zeiten verlangen ungewöhnliche Lösungen: Thomas Zimmer hat sie gefunden. An zwei Adventswochenenden bekommen Kunden, Mitarbeiter und Bekannte eine Booster-Impfung.

 
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Bayreuth - Die Idee für die „Bäcker-Booster Impfung“ kam Thomas Zimmer spontan. „Als ich selbst meine dritte Impfung erhalten habe, sprach ich mit Dr. Schineis, ob man da nicht auch für andere was machen könnte“, sagt der Bäckermeister im Gespräch mit unserer Zeitung. Schineis und Zimmer kennen sich schon lange. „Wir haben früher den Schulverkauft am WWG gemacht. Er fragt immer, wann es wieder unsere Zwiebelbrötchen gibt“, erzählt Zimmer und lacht verschmitzt.

Dritte Impfung am 2. Adventssamstag

Und so finden sich die Impfwilligen am Samstag vor dem zweiten Advent im Innenhof der Bäckerei-Konditorei Lang ein. Punsch, Kaffee, Stollen und Plätzchen werden angeboten. An den Stehtischen können sich die vorangemeldeten Impflinge auf ihren Booster einstimmen. 22 Mitarbeiter, Kunden und Bekannte kommen hier ganz unkonventionell in den Genuss ihrer Drittimpfung. „Zuerst sollten es nur unsere Leute sein, dann kamen noch ein paar mehr dazu.“ Der Arzt sagte kurzerhand zu, am Wochenende in den Betrieb zu kommen.

Desinfektionsmittel und Spritzen

Und so wird aus der Bäckerstube ein Impfzimmer. Desinfektionsmittel, Kugelschreiber, Stempel und natürlich Spritzen und Impfstoff werden auf dem Holztisch ausgebreitet. Mehr braucht’s nicht. Wer sich impfen lassen wollte, bringt seinen Impfausweis, eine Einwilligungserklärung und den Aufklärungsbogen mit. Die nötigen Unterlagen bekamen die Impflinge vorab per Mail zugeschickt. Diese mussten dann nur noch unterschrieben und am Impftag mitgebracht werden. Den QR-Code kann sich jeder später in der Apotheke abholen.

Thomas Zimmer freut sich über die Resonanz. „Wenn man ein bisschen nachgedenkt, kann man auch andere Wege gehen beim Impfen“, sagt er und wolle das mit der Impfaktion beim Bäcker zeigen. „Alle sind happy.“ Auf einen Termin im Impfzentrum müssten die Leute noch zu lange warten. Denn es sei ja so, dass die meisten Menschen beim Impfen mitmachen wollten. „Nur es mangelt an Impfstoff.“ Das bestätigt der Facharzt Schineis, der bei dem Thema nur noch mit dem Kopf schüttelt. Die ausgelieferte Menge an Impfstoffen könne die Nachfrage bei Weitem nicht decken.

Backstube als Wartezimmer

Bevor es in die Impfstube geht, nehmen die ersten in der Backstube Platz. Auch hier wird improvisiert, Stühle aus der Stadthalle herbeigeschafft. So wird aus der über 30 Grad warmen Backstube ein kleines Wartezimmer. Eine angenehme Temperatur, wenn man an das sonst auch beim Testen übliche lange Warten in der Kälte denkt. Nach dem Impfen können die Leute hier wiederum 15 bis 20 Minuten warten. Zeitschriften und der Kurier wurden aufgelegt. Neben der Leseecke gibt’s sogar eine Kinderecke. Zimmers Ehefrau hat frische, noch warme Spritzkuchen gebacken und reicht sie den Wartenden.

Als Erster ist Michael Hintze an der Reihe. Der 62-Jährige kommt aus Bindlach. Er sei bisher einmal mit Johnson & Johnson geimpft worden. Mittlerweile habe er aber gelesen, dass dieser Impfstoff nicht so effektiv sei. Daher probiere er nun Moderna. „Es geht ja schließlich um die Gesundheit.“ Das gesellschaftliche Engagement von Thomas Zimmer findet er lobenswert.

An der Impfkampagne mitwirken

Dass es wichtig ist, bei der Impfkampagne mitzuwirken, finden auch Klaus Oetter und Julia Förster-Oetter. Es nütze nichts, in Panik zu verfallen. „Beim Impfen nicht mitzumachen, halte ich für einen der größten Fehler“, sagt Klaus Oetter. „Deshalb haben wir spontan zugesagt.“ Denn es sollte ruhig mehr solcher ungewöhnlichen Orte zu Impfen geben, ist Oetters Meinung. „Man sieht ja was in den professionellen Impfzentren los ist.“ Nicht die Nachfrage, sondern die Organisation sei das Problem. „Die Menschen aufzuklären und im ganzen Land zu boostern, ist jetzt das Wichtigste.“ Er selbst habe nun nach Astrazeneca und Bionteck mit Moderne den dritten Impfstoff erhalten. Doch gegen Kreuzimpfungen spreche nichts, meint er. Später gönnt er sich ein Gläschen Bier. Als „Schluckimpfung“ im Kampf gegen das Virus von innen, scherzt Oetter. In diesen Zeiten wird viel zu selten gelacht. Doch Thomas Zimmer schafft es, eine gelassene, optimistische Stimmung zu verbreiten.

Warum so wenig Impfstoff

Froh ist auch Ulrike Ziegler, endlich ihre Booster-Impfung zu erhalten. „Ich finde das Angebot ganz toll“, sagt die 62 Jahre alte Frau, „ohne anzustehen oder von Arzt zu Arzt gehen zu müssen.“ Denn sie wolle sich nicht einsperren lassen und weiterhin am Leben teilnehmen. Die Hausärzte würden häufig zuerst ältere und schwer Kranke drannehmen. Nicht gut zu sprechen sind sie und ihre Freundin auf den scheidenden Gesundheitsminister Jens Spahn. Die Deckelung des Impfstoffes sei nicht nachzuvollziehen, wenn doch gleichzeitig zum Impfen aufgerufen werde. „Da müsste doch noch mehr gehen.“

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