Ausgenutzt zum Sex: Bewährungsstrafe

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 Foto: red

Sie war zwölf, er 41. Er sprach von Liebe, aber er wollte Sex. Sie wurde zum Opfer. Er wurde wegen Kindesmissbrauchs zu zwei Jahren auf Bewährung und insgesamt 6000 Euro verurteilt. Nach einem vorhergehenden Urteil hätte er sogar in den Knast gemusst.

 
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Es war der Mut des Opfers, das den Täter vor dem Gefängnis bewahrt hat. Ein 13-jähriges Mädchen, missbraucht vom Vater ihrer Schulkameradin, räumte vor dem Landgericht Bayreuth ein, dass sie in den wesentlich älteren Mann „verliebt“ war. Ein besonderer Umstand, wie es Juristen nennen. Diese Freiwilligkeit heißt vor Gericht „einvernehmlich“, außerdem war keine Gewalt im Spiel, deshalb eine mildere Strafe. In einem ersten Urteil im Frühjahr war der Kinderschänder zu einer Gefängnisstrafe von zwei Jahren und vier Monaten verurteilt worden.

Sie galt als diejenige, die eine Familie zerstört hat

Aber noch härter war das Urteil, das damals viele über das junge Mädchen gesprochen haben. In dem kleinen Ort irgendwo in der Region galt sie als diejenige, die eine Familie zerstört hat. Die einen erwachsenen Mann „verführt“ hat. Die an allem schuld war. Auch daran, dass er ins Gefängnis musste.

Was er getan habe, sei "ein schweres Verbrechen"

Und sie zweifelte an sich. „Weil ich das irgendwie nicht verstanden habe“, dass ihr kein Vorwurf zu machen war. Sie lernte erst mit der Zeit, dass sie das Opfer war. Sie ist ein Kind. Das stellte auch das Landgericht unter Vorsitz von Richter Werner Kahler fest. Weder die mildere Strafe, noch dass das Mädchen sich freiwillig darauf einließ, könnten den Mann aus der Verantwortung befreien. Er ist ein Täter. Was er getan habe, sei „ein schweres Verbrechen“, ganz gleich, wie die Umstände gewesen seien.

Perfider Plan des Täters

Doch wie „freiwillig“ ist es, wenn eine Zwölfjährige von „Liebe“ spricht? Wenn sie Whatsapp-Nachrichten erhält, in denen ihr ein 41-jähriger Mann schreibt: „Ich liebe Dich“? Oder davon spricht, sie sei „das nächste Top-Model“? Wie „freiwillig“ ist es, wenn er sich mit dem Kind zu einem Treffen auf einem Waldparkplatz verabredet? Für das Gericht stand fest: Es war ein perfider Plan des Täters, der ohne Rücksicht auf seine etwa gleichaltrige Tochter und das Opfer gehandelt habe.

Bei der zweiten Verhandlung stellte sich auch heraus, dass der Mann bei dem Grund gelogen hatte, warum er den Eltern des Mädchens zwei Monate lang nicht Bescheid gesagt hatte. Nicht das Mädchen hatte ihm gedroht, sich mit Tabletten das Leben zu nehmen, falls er den Kontakt abbreche. Es war genau umgekehrt. Er habe sie mit der Drohung „unter Druck gesetzt“, sagte sie.

"Diese schwierige Situation hat sie mit Bravour bestanden"

Was der Mann nicht fertig brachte, komplett zu dem zu stehen, was er getan hatte, schaffte das Kind. Im zweiten Prozess, der Berufungsverhandlung, erzählte sie offen von den Umständen. Wie schwer muss es für sie gewesen sein vor Gericht zuzugeben, dass sie ihm die „Liebe“ geglaubt habe, die er ihr vormachte. „Heute weiß ich es besser.“ Und noch etwas schaffte sie. Sie entschuldigte sich bei der Familie des Täters, bei dessen Frau sowie dessen zwei Kindern für das, was passiert war. Was ihr passiert war. Das Kind sagte vor Gericht: „Ich hoffe, dass sie ihren Frieden finden.“ Karsten Schießeck, der Rechtsanwalt der Familie, nannte das „eindrucksvoll“. Trotz der Traumatisierungen habe sie sich dazu durchgerungen, auszusagen. „Diese schwierige Situation hat sie mit Bravour bestanden.“

Vor Gericht sagte er, die Ehe stehe vor dem Ende

Und der Täter? Sah sich nicht in der Lage, der Aussage seines Opfers auf dem Bildschirm zu folgen, sah sich nicht in der Lage, sie anzuschauen. Als sie aussagte, ging er ins Nebenzimmer. Er hörte nur zu. Der Täter entschuldigte sich auch nicht persönlich, er ließ seinen Anwalt eine Entschuldigung ablesen. Er sehe seinen Fehler ein. „Wenn ich es könnte, würde ich es sofort ungeschehen machen.“ In dem Ort ist er inzwischen isoliert, vor Gericht sagte er, seine Ehe stehe vor dem Ende.

Aber die Bewährungsstrafe für den Mann ist kein mildes Urteil, zwei Jahre sind viel. Die Bewährungszeit beträgt drei Jahre. Zudem muss er in 200-Euro-Raten 3000 Euro Schadenersatz an die Familie des Mädchens zahlen, dann die gleiche Summe an den Bayreuther Verein Avalon, der sich um Opfer sexueller Gewalt kümmert.

Die Familie ist froh, dass ihre Tochter nicht mehr als die „Schuldige“ dasteht, sondern als das, was sie ist: ein Opfer. Das Mädchen ist froh, dass ihre Familie in der schweren Zeit zu ihr gehalten hat. Und dass alles vorbei ist. „Ja, das bin ich.“

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