Der Dirigent Christian Thielemann drückte offen seine Bewunderung für den Verstorbenen aus: Keiner kannte das Haus und das Werk Richard Wagners wie er. Und niemand hatte auch nur ansatzweise ein so untrügliches Gespür für die Struktur seiner Musik. Thielemann: Wer ihm zuhörte, erfuhr mehr über Wagners Musik als durch ausgeprägte Studien.Die persönlichste Rede hielt Professor Joachim Thiery, Dekan der Medizinischen Fakultät der Universität Leipzig, den Wagner vor 35 Jahren kennengelernt und zu Lebzeiten selbst als Trauerredner bestimmt hatte. Thiery hatte, wie es in einer Mitteilung der Festspiele heißt, im Herbst 2008 gemeinsam mit den Bayreuther Hausärzten die Behandlung von Wolfgang Wagner übernommen.Die Übernahme des Bayreuther Erbes aus der direkten Erfahrung der unmenschlichsten Geschehnisse der jüngeren deutschen Geschichte nannte Thiery die größte Herausforderung, der Wolfgang Wagner sich gestellt hat. Er habe unter Hintanstellung aller persönlichen Interessen konsequent an seinem Lebensziel gearbeitet: Die Versöhnung, die Internationalisierung und die weltweite künstlerische Akzeptanz der Festspiele und der Werke seines Großvaters. Thiery weiter: Fürsorge und Führung der Festspiele, dies gehörte für Wolfgang Wagner immer untrennbar zusammen. Die Sicht eines Jahrhundertmenschen, einer, der seine Wurzeln noch in der Zeit seiner berühmten Großeltern suchte, aber mit seinem erstaunlich klaren Weitblick bereits tief in das 21. Jahrhundert schaute. Er war damit alles andere als ein ,Gralshüter, sondern dessen Gegenteil: er suchte geradezu die kritische Auseinandersetzung mit dem Werk seines Großvaters in der Gegenwart und weit darüber hinaus.Der Traum vom WeinbergThiery gab auch Einblicke, wovon Wolfgang Wagner, den er als Jahrhundertmensch bezeichnete, nach seinem Rückblick träumte: Puccini lag ihm sehr am Herzen, ja, das ,Mädchen aus dem Goldenen Westen hätte er gerne direkt einmal in den ,Red Rocks in den Vereinigten Staaten inszeniert. Und es gab dazu konkrete Pläne. Aber auch ein eigener Weinberg, auf einer Insel, in Griechenland vielleicht, das war schon so ein Traum der freilich an Wagners Gesundheitszustand scheiterte.Schließlich zollte Thiery vor der versammelten Trauergemeinde noch Wagners jüngster Tochter Katharina große Anerkennung: Ich habe als Arzt noch nie jemanden erlebt, der sich mit solcher Hingabe und persönlicher Aufopferung bis zur völligen Erschöpfung rund um die Uhr, über so viele Monate um die Pflege des schwerstkranken Vaters gekümmert hat, wie dies Katharina Wagner tat. Umrahmt wurde die Trauerfeier von Chor und Orchester der Bayreuther Festspiele unter der Leitung von Christian Thielemann. Das Orchester spielte mitreißend schön das Vorspiel zu Lohengrin, Siegfrieds Rheinfahrt aus der Götterdämmerung und das Vorspiel zu den Meistersingern von Nürnberg (mit Choral).Mit Chorleiter Eberhard Friedrich führte der Chor zudem die Motette Denn er hat seinen Engeln befohlen (Psalm 91) von Felix Mendelssohn Bartholdy auf.