Respekt vor Pflegenden
Sabine Streng, Krankenschwester und Pflegeberaterin bei der Arbeiterwohlfahrt, informiert Pflegende über ihre Rechte. "Pflegende sollten wissen, was ihnen zusteht", sagt sie. Menschen, die sich zu Hause um ihre Angehörigen kümmerten, verdienten größten Respekt. Fälle, in denen Kranke in ihren eigenen Ausscheidungen liegen oder im Keller eingesperrt werden, habe sie leider im ländlichen Raum schon erlebt. "Das ist zum Glück sehr selten, aber es kommt vor." Dabei könne sich jeder kostenlos daheim vom Pflegedienst die wichtigsten Griffe zeigen lassen.
In Deutschland sind Sabine Streng zufolge rund 2,4 Millionen Menschen pflegebedürftig. 1,5 Millionen Menschen litten an Demenz-Krankheiten, die Zahl der Patienten steige jährlich um 40.000 an. "Seit dem Pflegestärkungsgesetz II haben wir Pflegegrade statt Pflegestufen", erklärt sie den Angehörigen beim Alzheimer-Stammtisch. "Und wir haben keine Pflege nach Minuten mehr, sondern die Einteilung richtet sich der Selbstständigkeit der Patienten. Der Mensch wird jetzt viel ganzheitlicher gesehen."
Notfalls Widerspruch einlegen
Für Alzheimer-Kranke, psychisch Kranke und geistig Behinderte sei die Einstufung deutlich verbessert worden. Sie rät den pflegenden Angehörigen, ein Pflegetagebuch zu führen und dies dem Leistungsantrag bei der Pflegekasse beizulegen. Wer nicht mit dem Ergebnis zufrieden sei, solle nicht gleich klein beigeben. "Sie können zum Beispiel Widerspruch über den VdK einlegen." Denn viele Pflegende machten die Erfahrung, dass das erste Pflegegeld nicht reicht.
Dabei sind sie oft schon erleichtert, wenn sie den Patienten in eine Tagespflegeeinrichtung oder nach einer Operation in eine Sozialstation geben könnten. Das verschafft den Familienangehörigen wenigstens eine Verschnaufpause. "Einmal einen Kaffee trinken und an sich selbst denken", wünscht sich eine Frau aus der Runde. "Einfach mal wieder Luft holen", möchte eine andere.
Helle und dunkle Tage
Susanne Hain ist inzwischen ehrenamtliche Demenzhelferin. Die frühere Arzthelferin sagt, es vergehe kein Tag, an dem sie nicht wieder etwas über die Krankheit dazulerne. Den Antrieb dazu gab ihr die eigene Mutter. "Ich wollte so natürlich wie möglich mit meiner Mutter umgehen und ich wollte sie einfach besser verstehen", sagt Susanne Hain. "Je mehr ich darüber weiß, desto besser kann ich damit umgehen." Die Mutter habe manchmal helle Tage gehabt und dann folgten dunkle, an denen sie alles vergessen habe. Die Unterhaltung sei teilweise nur noch in einer Phantasiesprache möglich gewesen. "Wir haben dann beide herzhaft darüber gelacht." Auch Ilona Hessner ist nicht sicher, wieweit sie noch zu ihrer Mutter durchdringt, ob sie die Tochter noch erkennt. "Vielleicht", sagt sie, "vermittelt ihr wenigstens meine Stimme ein vertrautes Gefühl."
Info: Eine Gruppe von Menschen, die beruflich oder im Familienkreis mit Demenzkranken zu tun hatten, gründeten am 12. Dezember 2006 die Alzheimer Gesellschaft Bayreuth-Kulmbach. Angehörige werden mit Beratung, Weiterbildung und regelmäßigen Stammtischen in Bayreuth, Kulmbach und Pegnitz unterstützt. Seit Oktober 2017 ist der Verein über das Beratungstelefon 0170 / 696 58 86 jederzeit erreichbar. Die Gesellschaft ist Mitglied der Deutschen Alzheimer Gesellschaft mit Sitz in Berlin.
Die nächsten Stammtisch-Termine:
Bayreuth, Bürgerbegegnungsstätte, Am Sendelbach 1-3: 5. März und 19. März, 19.30 – 21.00 Uhr;
Kulmbach, Mehrgenerationenhaus, Negeleinstr. 5: 28. März, 14.30 – 15.30 Uhr;
Pegnitz, ASB-Heim, Brauhausgasse 6a: 14. März, 18.30 Uhr