Aichig: Bürger wehren sich gegen Baupläne einer Spedition - Sie fürchten Lärm und Umweltfrevel Aichig: Bürger gegen Speditions-Halle

Von Katharina Wojczenko
Wo die Bäume stehen, soll die neue Lagerhalle der Spedition Steinbach hin. Distriktvorsteher Manfred Bühl (links), Walter Hübner und 25 weitere Anwohner wehren sich dagegen. Rechts gegenüber im Bild sind die Wohnhäuser zu sehen. Auf der angrenzenden Feuchtwiese wächst die geschützte Schachblume. Foto: Andreas Harbach Foto: red

Die Spedition Steinbach will in Aichig eine 134 Meter lange, 55 Meter breite und zehn Meter hohe Lagerhalle bauen. Anwohner wehren sich jetzt gegen die Pläne und fordern, das Bauvorhaben nicht zu genehmigen. Ihre Gründe: die Wohnqualität und eine kleine Blume.

 
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Das ist passiert:

Die Spedition Steinbach will ihr Firmengelände in Aichig nach Osten erweitern und dort eine Lagerhalle mit 7400 Quadratmeter Grundfläche bauen. Die Fläche, auf der sie entstehen soll, ist im Flächennutzungsplan teilweise für Landwirtschaft vorgesehen. Sie muss in ein Industriegebiet umgewandelt werden. Derzeit befinden sich dort ein Teil des Lastwagen-Parkplatzes, ein Biotop und ein Feld.

Das Verfahren hat der Stadtrat gegen die Stimmen der Grünen im Dezember eingeleitet. Die Grünen kritisieren Flächenfraß und wollen prüfen lassen, ob der Bau die geschützte Schachblume gefährdet, die auf der Feuchtwiese nebenan wächst.

Das sagen die Anwohner:

Manfred Bühl, Distriktvorsteher Aichig/Grunau und selbst Betroffener, hat im Auftrag der Anwohner aus der Polarstraße den Brief an Oberbürgermeisterin Brigitte Merk-Erbe, die Verwaltung und den Bauausschuss  geschrieben. 27 Menschen haben ihren Namen darunter gesetzt. "Es werden noch mehr", sagt Bühl. Sie befürchten eine hässliche Aussicht, mehr Verkehr und Lärm sowie Gefahr für die Schachblume.

"Bisher kann uns niemand garantieren, dass diesem Naturwunder nichts passiert, wenn die Spedition baut", sagt Bühl. Der Graben, der die Wiese feucht halte, führe durch das betroffene Gelände. "Das ist ein wunderschönes Biotop", sagt Stefan Hülper, der dort gern spazieren geht. "Ich habe dort Störche gesehen, Rehe, Hasen."

Von wegen Schallschutzwand

"Die Stadt will uns weis machen, dass die Halle wie eine Schallschutzwand wirke", sagt Bühl. Die Verkehrsbelastung sei jetzt schon hoch und das Gelände nachts so stark beleuchtet, dass Anwohner nicht schlafen könnten. "Wenn die Lastwagen morgens früh von der Spedition die Orionstraße hochfahren, denkst du, es kommt ein Panzer", sagt Anwohner Walter Hübner. Die geplante neue Ausfahrt werde das verschlimmern, befürchtet er.

"Warum zieht die Firma nicht auf das Gelände der Markgrafenkaserne? Christian Wedlich hat das mustergültig vorgemacht", sagt Fritz Nützel. Er habe vergangenes Jahr seine doppelt verglasten Fenster durch Dreifachfenster in Schallschutzklasse 15 ersetzt. "Wenn man als Stadt ein Logistikonzept aktiv verfolgt - warum baut man dann in ein kleines Gewerbegebiet so ein Monster?"

Distriktvorsteher Bühl geht davon aus, dass die wenigstens der Stadträte sich die Stelle angeschaut haben. Die Hallen-Gegner haben alle Fraktionen zu Gesprächen eingeladen.

Das sagt die Spedition:

"Wir wollen mit der Lagerhalle den Standort abrunden", sagt Geschäftsführer Frank Steinbach. "Uns fehlt der Platz." Auf dem Markgrafengelände besitzt die Firma zwar 60.000 Quadratmeter. Die seien aber nie zur Verlagerung des Unternehmens geplant gewesen, sondern als zusätzliche Fläche. "Wir haben in Aichig viel in die Infrastruktur gesteckt, eine Verlagerung macht keinen Sinn." 

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Wenn XXXLutz oder Möbel Höffner sich ansiedelten, würden diese ein Stück der Fläche benötigen. "Dort können wir aktuell nichts umsetzen, weil die Fragen mit den Möblern noch nicht geklärt sind", sagt Steinbach. Das sei aber nebensächlich: "Wir wollen die Halle unabhängig von der Markgrafenkaserne unbedingt bauen."

In Aichig würden 15 bis 20 neue Arbeitsplätze entstehen. Von den etwa 260 Beschäftigten der Spedition arbeiten derzeit 200 in Bayreuth. Das Unternehmen sitzt seit 1985 in Aichig.

Neue Aussichten, keine Austrocknungsmaßnahmen

"Wir sehen nicht, dass wir jemandem etwas Böses tun", sagt Frank Steinbach. "Die neue Halle ist auch eine Schallschutzmaßnahme zu den Nachbarn und eine Verbesserung der aktuellen Situation." Die Anwohner würden auch jetzt schon sein Unternehmen sehen. "Dann sehen sie aber eine gleichförmige Fläche." Der Verkehr werde sich "wenn überhaupt nur unwesentlich" steigern.

Zur Schachblume will Steinbach nichts sagen: "Ich bin kein Naturschutzfachmann." Ein Großteil der angrenzenden Fläche sei derzeit schon Ackerland. Und: "Wir bauen ein Gebäude ohne Keller, werden also keine Austrocknungsmaßnahmen auf der Fläche machen", sagt Steinbach. "Deshalb ändert sich an den Grundwasserverhältnissen sicher nichts."

"Mit uns hat niemand gesprochen"

Von Anwohnerbeschwerden wegen der geplanten Halle hatte er bis zum Anruf des Kuriers nichts gehört. "Mit uns hat niemand gesprochen, das wäre vielleicht nicht schlecht gewesen." Vor Kurzem habe sich erstmals ein Anwohner wegen der nächtlichen Beleuchtung beschwert. "Wir haben mit der Person gesprochen und werden jemand kommen lassen, der die Situation womöglich bereinigt." Die Beleuchtung stehe seit 2002. 

Das sagt der Bund Naturschutz:

"Die Schachblume ist eine äußerst seltene botanische Kostbarkeit", sagt Peter Ille, Geschäftsführer der Kreisgruppe Bayreuth. Er hat über die Blume vor einigen Jahren eine Forschungsarbeit verfasst. Laut Roter Liste ist sie stark gefährdet. In Mitteleuropa sei die Blume fast überall ausgestorben. Im Stadtgebiet gebe es fünf Standorte, der zweitbedeutendste sei in Aichig.

"Die Schachblume braucht eine späte Mähzeit und eine feuchte Wiese." Ist die Blume gefährdert, wenn die Spedition nebenan baut? "Dazu müssen wir erst die konkreten Planungsunterlagen von der Stadt haben", sagt Ille.

Wiese in Aichig soll besonderen Schutz bekommen

"Was uns aber fehlt, ist ein staatlicher Schutz für die Vorkommen im Stadtgebiet", sagt Ille. Die Bestände im Unteren Rotmaintal seien als geschützter Landschaftsbestandteil ausgewiesen. "Die drohende Bebauung werden wir als Anlass nehmen, auch für das Vorkommen in Aichig diesen Schutz zu fordern."

Was auf keinen Fall geht: die Blume umzupflanzen, wie es Helmut Parzen (CSU) im Stadtrat angeregt hatte. Ille: "Das könnte zwar funktionieren, ist aber kein Naturschutz. Dann könnte man sie auch im Gartencenter kaufen und irgendwohin pflanzen."

Das sagt der Stadtbaureferent:

Hans-Dieter Striedl sagt: "Eine erste Einschätzung des Umweltamts besagt, dass die Blume nicht gefährdet ist. Aber das muss man im Verfahren unter Umständen ausgiebiger prüfen." Ein Lärmschutzgutachten ist Bedingung.

So geht es weiter:

Die frühzeitige Bürgerbeteiligung beginnt am Montag, 6. Februar, sagt Stadtbaureferent Hans-Dieter Striedl. Dann liegen einen Monat lang die Unterlagen öffentlich aus und Bürger können sich dazu äußern. Parallel dazu schickt die Verwaltung diese an die Träger öffentlicher Belange wie den Bund Naturschutz.

Mit dem Ergebnis beschäftigen sich Verwaltung und Gremien. Die Endfassung liegt erneut einen Monat aus, damit Bürger Stellung beziehen können.

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