65 Jahre nach Gründung BMW Herrnleben ist Geschichte

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Ralph Herrnleben in der Ausstellungshalle des BMW-Autohauses, das sein Großvater Julius Herrnleben 1954 gegründet hat. Vor wenigen Tagen hat Herrnleben bekannt gegeben, dass das Autohaus von der Rhein-Gruppe übernommen wird. Foto: Eric Waha Foto: red

BAYREUTH. Marken verbindet man in Bayreuth ja mit Namen. Einer dieser Namen verschwindet jetzt. Im Guten. Anders als andere Namen, die verschwunden sind, weil es einfach nicht mehr ging. Aber es ist eine Verbindung, die man neu lernen werden muss. BMW verbindet man künftig nicht mehr mit Herrnleben.

 
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Es ist die Spirale des Wachstums, die für dramatische Veränderungen sorgt in einem Markt, in dem ohnehin alles auf den Kopf gestellt wird: in der Automobil-Branche.
So, wie Julius Herrnleben vor ziemlich genau 65 Jahren, am 6. Oktober 1954, mit seiner Frau Emilie angefangen hat, so etwas wäre heute nicht mehr möglich. Eine Werkstatt mit Fahrzeugverkauf. Den Händlervertrag unterzeichnet Herrnleben zusammen mit der Abnahme von drei Fahrzeugen. Eins für Oktober, eins für November, eins für Dezember. Drei mal Oberklasse: BMW 501 und 502, zwei Achtzylinder, ein Sechszylinder. Um die 10 000 Mark kosten die Barockengel aus München damals. Im Jahr darauf verkauft Herrnleben schon zwölf Autos, drei Jahre später kommen zu den großen Wagen die kleinen dazu: 50 BMW 600 und 30 Isettas.

Seit 30 Jahren im Familienbetrieb

Die Werkstatt, sagt Ralph Herrnleben (46), der seit 30 Jahren in dem Familienbetrieb arbeitet und dessen Leben eindeutig vom weiß-blauen Rotor geprägt ist, und das winzige Autohaus am Graben in Bayreuth, am heutigen Hohenzollernring, wird schnell zu klein. Über die Pottensteiner Straße – ab Januar 1962 – wächst das Geschäft zum heutigen Standort: Justus-Liebig-Straße. „Am 30. Mai 1969 war dort die Eröffnung“, sagt Herrnleben. „Wir hatten hier erst rund 5000 Quadratmeter, später konnten wir Grundstück für Grundstück dazukaufen von Betrieben, die aufgehört haben.“
Nach dem Tod von Julius Herrnleben im März 1975 ist klar: Sein Sohn Horst macht weiter. So wie auch für Ralph Herrnleben der Weg mehr oder weniger vorgezeichnet ist: Mit 16 beginnt er seine Kraftfahrzeug-Ausbildung, macht den Meister, steigt ins Geschäft ein. Auch seine sechs Jahre ältere Schwester Iris ist, wie es sich für einen Familienbetrieb gehört, einige Jahre in der Geschäftsleitung.
Bis Ralph Herrnleben das Autohaus vor gut zehn Jahren nach dem Tod des Vaters komplett übernimmt. Ein Autohaus, das inzwischen rund 70 Mitarbeiter hat, zwei Standorte – die in Bayreuth und in Kulmbach – „und gut 1000 Autos im Jahr verkauft. Neue, Gebrauchte und Minis“, wie Ralph Herrnleben am Montag im Gespräch mit unserer Zeitung sagt.

„Das Ziel sind möglichst viele große Händler“

Heute längst eine kritische Größe für ein Autohaus: Die Rhein-Gruppe, die den Bayreuther BMW-Händler zum kommenden Jahr übernehmen wird, hat „20 Standorte, 1200 Mitarbeiter und verkauft im Jahr rund 24 000 Autos“.
Die Entscheidung, das Autohaus zu verkaufen, habe sich in dem Jahr herauskristallisiert, sagt Herrnleben. „Ich hatte einen Berater, der mit gesagt hat, was BMW in den kommenden Jahren plant. Das Ziel sind möglichst viele große Händler.“ Hat Herrnleben in den vergangenen 15 Jahren zwischen drei und vier Millionen Euro investiert, stünde in naher Zukunft die nächste große Investition an: „Die Werkstatt“, sagt der 46-Jährige, „wäre jetzt wieder an der Reihe“.
In der Automobil-Branche wird über kurz oder lang der Mittelstand abschmelzen, vermutet Herrnleben. Bei BMW ebenso wie bei allen anderen Marken auch, „VW hat noch relativ viele kleine Händler“. Für Ralph Herrnleben ist der Gang auf die Arbeit, auch wenn die endgültige Entscheidung schon einige Tage zurückliegt, „schwer. Jeden Tag schwer“, wie er sagt. Denn: „Ich wickle gerade das Lebenswerk der Familie ab.“ Zusammen mit seiner Schwester, die ihn dabei ebenso unterstütze wie seine Frau Nicole, die seit vielen Jahren im Autohaus angestellt ist. Familienbetrieb eben. Alles nicht leicht auch für seine Mutter Erika, „die gute Seele des Autohauses“, wie Ralph Herrnleben sie nennt. Mit 82 Jahren ist sie jeden Tag im Geschäft, ganz selbstverständlich, kümmert sich um die Zulassung der Fahrzeuge, „die Königin der Zulassungsstelle“, wie Ralph Herrnleben mit einem Lächeln sagt.

Besser Teil eines sehr großen Familienbetriebs werden

Dennoch müsse man genau diesen einen Punkt positiv sehen: „Besser man kann das selber tun, als irgendwann abgewickelt zu werden.“ Besser für das Unternehmen, die Mitarbeiter und deren Zukunft, die jetzt „Teil eines sehr großen Familienbetriebs werden, nicht mehr Teil eines kleinen Familienbetriebs sind“, wie Herrnleben sagt.
Was er selbst nach der Ära Herrnleben machen wird, ist noch nicht klar, sagt der 46-Jährige – ist eben alles noch zu frisch: „Bis mindestens Februar bin ich hier noch beschäftigt. Ich werde schon irgendwo unterkommen.“

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