300 Euro netto als Lockmittel für Lehrer

Von Peter Rauscher
Lehrer an Grund- und Mittelschulen werden dringend gesucht. Foto: Archiv/Harald Tittel/dpa Foto: red

Um mehr Grund- und Mittelschullehrer in Bayern zu gewinnen, legt der Freistaat noch eine Schippe drauf: Gymnasial- und Realschullehrer, die sich umschulen lassen, erhalten für eine Übergangszeit rund 300 Euro netto mehr im Monat.

 
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Die Anwerbeaktion ist nicht die erste, die das Kultusministerium ins Leben gerufen hat, um arbeitslose Gymnasial- und Realschullehrer für die Grund- und Mittelschulen anzuwerben. Dort nämlich herrscht seit Jahren Lehrermangel. Rund 1250 Lehrer hätten sich bereits für die Zweitqualifikation entschieden, sagt Ludwig Unger, Sprecher des Kultusministeriums. In Oberfranken sind nach Angaben der Regierung 115 Gymnasial- und Realschullehrer im Rahmen der Maßnahme an Grund- und Mittelschulen beschäftigt.

Ein "Supervertrag"

Neu ist, dass Umsteiger  einen so genannten “Supervertrag“ erhalten. Er  oder sie wird zwar weiterhin in A 12 eingestuft, während Gymnasiallehrer  A 13 erhalten, doch gibt es dafür die Zusage der späteren Verbeamtung. Zudem wird der zunächst angestellte Lehrer von der Rentenversicherungspflicht befreit – das mache im Schnitt 300 Euro netto mehr aus, sagt Unger. Wer sich  bereits in einer Zweitqualifizierung befindet, erhält als Ausgleich stattdessen mehr Gehalt. Die jetzige Anwerbeaktion läuft noch bis 22. Januar.

50 Lehrer zum Halbjahr

Marina Lindner, Leiterin des Staatlichen Schulamtes Bayreuth, begrüßt die Sondermaßnahmen des Ministeriums. Zwölf Gymnasial- und Realschullehrer hätten sich in ihrem Bereich zu Grund- und Mittelschullehrern weiterbilden lassen. Auch zum kommenden Schulhalbjahr und zum nächsten Schuljahreswechsel stünden wieder viele Pensionierungen an den Mittelschulen an, freie werdende Stellen könnten  unter anderem über diese Sondermaßnahme besetzt werden.  Die Regierung von Oberfranken geht allein für das kommende Schulhalbjahr von einem Bedarf von 50 Lehrern aus.

Philologenverband zweigeteilt

Peter Drescher war bis zu seiner Pensionierung im vergangenen Sommer stellvertretender Schulleiter am Gymnasium Ebermannstadt und ist oberfränkischer Bezirksvorsitzender des Bayerischen Philologenverbandes. „Der Hauptvorstand des Verbandes ist in der Beurteilung der Anwerbeaktion zweigeteilt“, sagt Drescher. Positiv sei zu werten, dass Gymnasial- und Realschullehrer bei einem Umstieg, statt arbeitslos zu sein, den Lehrerberuf ausüben dürften. Sie könnten später auch von Grund- oder Mittelschule ans Gymnasium beziehungsweise an die Realschule zurückkehren.

Für erste Klassen nicht ausgebildet

Die wissenschaftliche Ausbildung dieser Lehrer sei aber schon etwas anderes als das Lehramtsstudium für Grund- und Mittelschulen, das sage er ganz wertfrei. „Für eine erste oder zweite Klasse ist man halt nicht ausgebildet“, sagt Drescher. Von seiner früheren Schule kenne er den Fall eines Lateinlehrers, der die Zweitqualifikation gemacht habe, dann aber zurückgekehrt sei. „Das war nicht seine Welt.“  Im Übrigen: Wer nach dem Lehramtsstudium in Bayern nicht übernommen werde, könne derzeit gut  in anderen Bundesländern oder zum Beispiel an privaten Schulen eine Stelle finden.

Gleicher Lohn für ähnliche Arbeit

Iris Sebald ist Kreisvorsitzende des Bayerischen Lehrerinnen- und Lehrerverbands (BLLV) und unterrichtet an der Mittelschule in Weidenberg. Sie teilt Dreschers Bedenken nicht. „Ich kenne einige Lehrer, die umgestiegen sind, das sind alles sehr qualifizierte, motivierte  Kollegen“, sagt sie. Der Umgang mit Grundschülern sei für diese Lehrer kein Problem. „Wer den Lehrerberuf wählt, geht gerne mit Kindern um und stellt sich auch um“, sagt sie.

Die Lockangebote des Ministeriums, um Lehrermangel zu beheben,  begrüßt sie, fügt aber hinzu: „Die Frage ist doch: Warum wollen eigentlich so wenige junge Lehramtsinteressenten an Grund- und Mittelschulen?“ Ihre Antwort: Weil die Bezahlung mit A12 dort schlechter ist als am Gymnasium. Sie fordert: „Alle Lehrer müssten gleich bezahlt werden, denn sie leisten auch alle das Gleiche. An Grund- und Mittelschulen liegt der Schwerpunkt halt auf der pädagogischen Arbeit.“

 

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