Zur Finanzierung seines Heroins ist ein junger Mann seit Jahren nahezu täglich kriminell Lange Haftstrafe für Süchtigen

Von Manfred Scherer
Einen klassischen Fall von Beschaffungskriminalität verhandelte das Schöffengericht Bayreuth am Mittwoch: Ein junger Drogensüchtiger, der zum Dauerschwarzfahrer, zum notorischen Dieb und Betrüger wurde, um seine Sucht zu finanzieren, bekam drei Jahre und neun Monate Haft. Foto: dpa Foto: red

Heroin war sein Benzin: Ohne die Droge lief bei einem 27-jährigen Mann aus Bayreuth nichts. Er brauchte pro Tag mindestens 120 Euro für seine Sucht. So wurde er zum Serientäter – Schwarzfahren, Stehlen und Betrügen war sein Tagwerk. Das Schöffengericht hat den Mann nun für eine lange Serie derartiger Delikte verurteilt. Die Strafe: Drei Jahre und neun Monate Haft. Überdies ordnete das Gericht an, dass er mindestens zwei Jahre in der Drogentherapie verbringen muss.

 
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Die Geschichte von Maik B. ist eine traurige Geschichte. Sie beginnt irgendwann im Jahr 1996, als er als Zehnjähriger erstmals Haschisch raucht. Er will sich aus seinem Kaff in Thüringen wegträumen in eine andere Welt, wo es keinen prügelnden Vater gibt. Als 15-Jähriger wird zum ersten Mal straffällig. Dann, so scheint es, kriegt Maik die Kurve: Er kriegt einen Ausbildungsplatz bei der Bahn, hält seine Lehre als Gleisbauer durch. Er zieht nach Nürnberg. Er verdient Geld. Er hat eine Wohnung. Er kann sich Rauschgift kaufen.

Dann nimmt er 2006 oder 2007 erstmals Heroin. Er wird beim Drogenhandel erwischt und Ende 2007 muss er für ein Jahr ins Gefängnis. „Das hat mich meinen Job gekostet.“

Nach der Haftentlassung versinkt Maik im Sumpf der Beschaffungskriminalität. Es dealt, er klaut, betrügt. Er tut alles, um morgens in der Heroinszene rund um den Nürnberger Hauptbahnhof einen Schuss Heroin kaufen zu können. Bei der Staatsanwaltschaft in Nürnberg bearbeiten mehrere Staatsanwälte nebenher Maiks Kleindelikte, je nach Zuständigkeit. Zwischendrin kriegt er mal wieder eine Strafe. Und bevor er zu einem seiner Prozesse geht, stiehlt er, um die Beute zu Geld zu machen. Was er klaut, ist egal. Einmal geht er am Frauentorgraben, Nürnbergs Bordellmeile, entlang und fragt eine Prostituierte: „Brauchst du Parfüm? Welches?“ Danach geht er in einen Drogeriemarkt und stiehlt einen Flakon im Wert von 99 Euro. Er hat zu lange nach dem Parfüm namens „Angel“ suchen müssen, wurde nervös und fiel den Ladendetektiven auf.

Maiks Geschichte ist auch deshalb traurig, weil er in der Strafverfolgung zwar viele kleine Akten hinterließ, ihn jahrelang aber keiner besonders ernst nahm. Als sein bester Freund stirbt, bittet der ihn, sich um seine Freundin zu kümmern. So kommt Maik nach Bayreuth. Er zieht bei der Frau ein. „Ich konnte wo wohnen. Dann habe ich sie mit in den Sumpf hineingezogen.“

Weil es in Bayreuth keine Heroinszene gibt, wird er zum Dauerschwarzfahrer. Die am nächsten erreichbaren Dealer lungern am Nürnberger Hauptbahnhof herum. Zwischendrin gibt es noch zwei Verurteilungen. Die Bayreuther Justiz zieht einen ersten Fall aus Nürnberg an sich, weitere Fälle folgen und endlich wird Maik B. ernst genommen: Alle offenen Verfahren aus Nürnberg kommen nach Bayreuth, die Staatsanwaltschaft schnürt ein Paket von zwölf Anklagen zum Schöffengericht unter Vorsitz von Anette Koch. Maik gesteht alles und er erinnert sich bestens an alles, wie zum Beispiel ein Ladendiebstahl vor einigen Jahren in Nürnberg, als er ein Paar Damenschuhe stahl: „Es hat geregnet, meine Freundin hatte Löcher in den Schuhen. Da habe ich ihr halt welche besorgt.“ Und er sagt: „Knast ist besser als draußen. Seit ich in U-Haft bin, geht es mir gut.“

„Massive Drogenabhängigkeit“ attestiert ein Gutachter dem Angeklagten und empfiehlt mindestens zwei Jahre Drogentherapie.

Das Fazit aus dem Mund von Verteidiger Hilmar Lampert: „Er hat diese Art Hilfe bisher nicht gekriegt. Er braucht sie dringend.“

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