x-bay hat sich mit der 16-jährigen Caro aus Bayreuth getroffen – Sie spricht über ihre Magersucht Leben ohne Kalorien

Von Peter Bayerl und Anna Tanzer
 Foto: red

Magersucht – ein heikles Thema. x-bay hat sich auf die Suche nach einer Betroffenen gemacht und ist auf Caro (16) gestoßen. Trotz ihrer Angst erzählt sie ehrlich von ihrer Scham, ihren Ängsten, ihren Depressionen und Suizidgedanken. Allerdings möchte sie anonym bleiben.

 
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Die 16-jährige Caro wirkt schüchtern beim Gespräch mit x-bay. Blicken weicht das Mädchen aus. Aber die Fragen beantwortet sie ehrlich. Caro erklärt, dass für sie Magersucht darüber definiert ist, dass man sein gesamtes Leben und Denken vom Gewicht bestimmen lässt und nicht aufhört, sein Essverhalten und Gewicht andauernd zu überprüfen.

Ihre Antworten sind zögerlich und ihre Stimme wirkt unsicher.
Das junge Mädchen erzählt von Tagen, an denen sie aus Angst vor Gewichtszunahme, aus Angst, dadurch hässlich zu werden, nichts zu sich nimmt – außer Mineralwasser. Dass ihre Magersucht von einem bestimmten Ereignis oder Problem kommt, denkt sie nicht.

Caro beschreibt die Situationen in ihrem Umfeld, die sie in ihre Essstörung getragen haben. „Alle sagten: Sei froh, du musst nicht auf dein Gewicht achten. Also dachte ich mir – vielleicht sollte ich doch mal darauf achten, was ich esse und wie viel ich wiege.“ Mehrmals täglich überprüft sie ihr Gewicht auf der Waage. Die 16-Jährige interessiert sich nur noch für ihren Körper – alles andere wird unwichtig. „Es gab aber keinen genauen Punkt, an dem sich sagen konnte, jetzt bin ich magersüchtig.“

Ihre Sportlehrerin machte sie darauf aufmerksam, dass sie in kurzer Zeit ungesund Gewicht verloren hat. „Das war für mich erst ein Kompliment“, sagt Caro. Jetzt ist ihr bewusst, dass sie an Anorexia nervosa (Magersucht) leidet. „Ich fand das positiv, jetzt kann ich genug abnehmen, um endlich schön zu sein.“

Ihre Eltern wissen davon nichts. Durch weite Klamotten versteckt das Mädchen ihren dünnen Körper. Die einzige, der sie sich anvertraut hat, ist ihre beste Freundin. „Sie wollte mir da raushelfen. Hat mich zur Schulpsychologin geschickt.“ Einmal in der Woche ist sie eine Stunde dort und redet über viele Dinge, die sie beschäftigen, nicht nur ihre Magersucht.

„Durch die Therapie habe ich bemerkt, wie emotional instabil ich bin.“ Intensiv beschreibt sie den Teufelskreis, wie sie durch die Essensverweigerung von Fressattacken heimgesucht wird und so viel in einer halben Stunde sich reinstopft, wie normale Menschen in drei Tagen. „Das Gefühl des Kontrollverlusts danach ist unglaublich schrecklich. Die Zahl auf der Waage ist der einzige Punkt, den ich noch kontrollieren kann.“

Eines Tage hat Caro einen neuen Gedanken in ihrem Kopf: den Tod. Diesen hat sie sich schon öfters herbeigesehnt. „Schon zweimal habe ich versucht, mich umzubringen. Es war schlimm, auch, wenn noch andere Faktoren mit rein gespielt haben. Nicht nur die Magersucht.“

Mit der Magersucht kommt der Leistungsverlust. „Ich kann mich auf nichts anderes mehr konzentrieren. In der Schule habe ich nur gedacht, dass es jetzt viel besser wäre, Sport zu machen.“ Der Weg zum gesunden Leben ist noch lange. „Nach dem Gespräch mit der Psychologin habe ich kurz das Gefühl, dass ich jetzt etwas essen darf“, sagt Caro. Nach der Mahlzeit fühlt sie sich wieder schlecht. „Ich nehme dann am Tag nicht mehr als zehn Kalorien zu mir.“ Ihr Gewicht verrät Caro x-bay nicht. Zu groß ist die Angst, diese Zahl auszusprechen.

„Zu meiner besten Zeit hatte ich einen BMI von 16“, erzählt sie. Der Weg zum Traumwert 14,8 ist nicht mehr weit – der in den Tod allerdings auch nicht. Normal wäre ein Wert zwischen 19 und 25. Eine Zeit lang hat sie dafür auch die Mahlzeiten erbrochen. „Ich will, dass sich beim Stehen meine Beine nicht mehr berühren und ich meine Hüftknochen deutlich fühlen kann.“

Der Weg zum Ziel – ihr Abnehmprogramm: Drei Tage nichts essen. „Um das Hungergefühl zu unterdrücken, stelle ich mir zum Beispiel den Schlachtprozess vor und wie krank die Tiere waren.“

Caro hat noch einen langen Weg vor sich. Ob sie die Krankheit besiegen kann und will, weiß die 16-Jährige nicht. „Ich werde noch weiter zur Psychologin gehen.“

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