Würzburger Freundin des toten Seglers musste nicht mehr vor Gericht aussagen 28 Jahre Haft für Mörder eines deutschen Weltumseglers

Von Manfred Schweidler
 Foto: red

Für den Mord an dem deutschen Weltumsegler Stefan Ramin und den Angriff auf dessen Würzburger Freundin Heike Dorsch muss Arihano Haiti 28 Jahre hinter Gitter. Zweieinhalb Jahre nach dem Mord in der Südsee haben die Richter auf Tahiti am Freitagabend (in Europa Samstagmorgen) das Urteil in einem Prozess gefällt, der weltweite Beachtung fand wie zuvor die Bluttat selbst. Medien von Australien bis in die USA von Frankreich bis Russland berichteten darüber.

 
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Der einheimische Jäger Arihano Haiti war im Oktober 2011 mit dem Segler auf Ziegenjagd gegangen, dessen Katamaran in der Bucht der Insel Nuku Hiva (Marquesa-Inseln) ankerte. Später kam Arihano allein zurück und lockte auch dessen aus Würzburg stammende Freundin Heike Dorsch an Land, attackierte sie und drohte ihr mit dem Tod. Sie entkam, floh auf das Boot von Freunden. Tage später fanden Polizisten in einem Lagerfeuer Knochen und Zähne, die laut DNA-Analyse die sterblichen Überreste des Seglers waren. Dies nährte vor allem in der englischsprachigen Presse schlagzeilenträchtige Vermutungen über einen Fall von Kannibalismus – was sich als völliger Unfug herausstellte.

Gericht glaubte Version von Notwehr nicht

Als sich Arihano nach 50-tägigem Versteckspiel den französischen Behörden stellte, gab er zu, den Segler erschossen zu haben. Er sprach aber von Notwehr. Bis zum Prozess blieb er bei der Version, der Fremde habe ihn vergewaltigen wollen. Bei der Gegenwehr habe er Ramin erschossen. Seiner Freundin habe er nur wegen der Sprachbarriere handfest klarmachen wollen, was ihr Freund vorher mit ihm versucht hatte. Das Gericht glaubte nicht, dass der damals 31-jährige Angeklagte – ein athletischer Mann von 95 Kilo – von dem älteren und 20 Kilo leichteren Segler vergewaltigt wurde. Ermittlungen im Vorleben des Seglers ergaben keinerlei Hinweise auf homosexuelle oder gewalttätige Neigungen.

Bei der Urteilsverkündung äußerte der Verurteilte nur für die Eltern des Opfers Bedauern, für seine Tat zeigte er keine Reue. Sein Anwalt will das Urteil nicht anfechten. Heike Dorsch blieb dem Prozess ebenso fern wie die Eltern des Getöteten aus dem Raum Pinneberg. Sie wollte sich auf Anfrage nicht zu dem Urteil äußern.

Mörder und Freundin des Opfers trafen sich noch einmal

Sie hatte bereits während der Ermittlungen ihre Aussage gemacht und war bei einer Rekonstruktion des Falles im Frühling 2012 am Tatort noch einmal dem Mörder ihres Freundes begegnet. Sie schilderte später im Interview mit dieser Zeitung, wie es ihr nach anfänglichem Zögern gelang, Arihano in die Augen zu schauen: „Ich musste diesen Blick noch einmal sehen, damit ich weiß, dass seine Worte ’Du stirbst jetzt’ nicht mehr da sind. Das kann man sich gar nicht vorstellen, dass man in solche Augen guckt und hört ’Du stirbst jetzt’. Deswegen musste ich da noch einmal hinfahren, um zu wissen: Jetzt kann er mich nicht mehr umbringen. Das war mir wichtig.“

Heike Dorsch versuchte, hier wieder Fuß zu fassen. Sie hat ihre Erinnerungen an das Leben als Weltumsegler vor dem Mord in dem Buch „Blauwasserleben“ niedergeschrieben. Es erzählt von einem Traum: Der Liebesgeschichte zweier Menschen, die 17 Jahre lang die Idee verband, als Entdecker auf gut Glück auf den Ozean hinaus zu fahren.