Gabriel gerät in der SPD ins Abseits
Aus Sicht von Niedersachsens Regierungschef Stephan Weil (SPD) ist Gabriels Karriere noch nicht zu Ende. Gabriel habe großartige Arbeit geleistet, sagte Weil bei einer SPD-Klausur bei Hannover, allerdings noch in Unkenntnis von Gabriels Interview. «Ich bin sicher, wir werden weiter von ihm hören. Das ist nicht das Ende seiner politischen Arbeit und auch nicht seiner politischen Karriere.» Gabriel hatte am Donnerstag nach Bekanntwerden der geplanten Ressortverteilung diverse Termine und Reisen, die er noch als geschäftsführender Außenminister geplant hatte, abgesagt, darunter auch den Besuch bei der Münchner Sicherheitskonferenz.
Nach vielen Alleingängen und einer gewissen Sprunghaftigkeit hatte er vor der Abgabe des SPD-Vorsitzes massiv an Vertrauen in der Partei verloren. Der Mann aus Goslar verzichtete am Ende zugunsten Schulz' auch auf die Kanzlerkandidatur. Seine wiederholte Kritik an der SPD und ihrer Wahlkampagne ließ ihn noch einsamer werden.
Gabriel kritisiert Stil der SPD-Spitze
«Ich habe das Amt des Außenministers gern und in den Augen der Bevölkerung offenbar auch ganz gut und erfolgreich gemacht. Und da ist es ja klar, dass ich bedauere, dass diese öffentliche Wertschätzung meiner Arbeit der neuen SPD-Führung herzlich egal war», sagte Gabriel nun. Er wisse, dass in der Politik auch schon mal mit harten Bandagen gestritten werde. «Aber es sollte mit offenem Visier erfolgen.»
Gabriel sagte weiter: «Ich komme wohl noch zu sehr aus einer analogen Welt, in der man sich nicht immer nur umschleicht, sondern sich einfach mal in die Augen schaut und die Wahrheit sagt. Das ist scheinbar aus der Mode gekommen.»
Schulz: Mehrere Wenden und Wortbrüche
Auch Schulz wird nach dem anstehenden SPD-Mitgliedervotum über den Koalitionsvertrag mit der Union den Parteivorsitz abgeben, an Bundestagsfraktionschefin Andrea Nahles. Sie hatte als Generalsekretärin unter dem Agieren des damaligen Vorsitzenden Gabriel gelitten und hat daher laut Parteikreisen kein Interesse daran, dass er Minister bleibt. «Ich bin Martin Schulz persönlich dankbar. Ich habe schon Anderes in unserer Partei erlebt», hatte sie am Mittwoch in der Pressekonferenz zur Übernahme des Vorsitzes gesagt.
An der Basis wächst aber die Kritik, da Schulz mehrere Wenden und Wortbrüche vollzogen hat - etwa bei den Aussagen, dass es keine große Koalition mit ihm gebe und er kein Minister werden wolle. Außerdem hatte er stets betont, ihm gehe es nur um Inhalte, nicht um Posten - nun sieht es aus, als wolle er mit dem Amt des Außenministers seine Karriere in Berlin retten. Mit Spannung werden die Reaktionen an der Basis bei den Debatten zum Mitgliederentscheid über die große Koalition erwartet.