Wohnungsbau Förderstopp bestürzt junge Bürgermeister

Im vorzeitigen Ende des KfW-55-Förderprogramms sehen junge Bürgermeisterinnen und Bürgermeister aus ganz Deutschland das Aus für viele Wohnbauprojekte. Foto: picture alliance/dpa/Julian Stratenschulte

Wer kurz vor dem Auslaufen einen Antrag auf eine KfW-55-Förderung stellen wollte, wurde vom Stopp kalt erwischt. Heftige Kritik kommt von einem Netzwerk junger Amtsträger.

 
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Hof/Leupoldsgrün - „Die Förderung energetischen Wohnbaus muss in bewährter Form weitergehen“ – das fordert das „Netzwerk junge Bürgermeister*innen“ in einem Brief an den Bundesminister Robert Habeck, unterzeichnet von 28 Bürgermeistern und Bürgermeisterinnen aus ganz Deutschland. Wie berichtet, hat die Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) eine Woche vor dem regulären Auslaufen der KfW-55-Förderung überraschend einen sofortigen Stopp des Programms verfügt.

„Tausende Anträge werden nicht mehr bedient werden können“, heißt es in dem Schreiben, und weiter: „In unserem Netzwerk sind unzählige Städte und Gemeinden vom Förderstopp betroffen, die mit Unterstützung der KfW energieeffizient in den Erhalt und den Ausbau lokaler Infrastruktur investieren wollen.“ Als Beispiele werden Feuerwehrhäuser, Kindergärten, ein Leuchtturmprojekt „Demenzdorf“, sozialer Wohnungsbau und Pflegeheime genannt. „Viele Projekte stehen angesichts des ersatzlosen Auslaufens unmittelbar vor dem Aus, gerade in ländlichen Strukturen.“

Mitunterzeichnet hat die Leupoldsgrüner Bürgermeisterin Annika Popp. Ihre Kommune sei zwar nicht direkt mit einem Bauvorhaben betroffen. Aber sie weiß: „Es werden viele Träume platzen. Beim Hausbau zählt jeder Euro, und nun können knapp 20 000 Euro wegfallen.“ Leupoldsgrün im Landkreis Hof hat ein Neubaugebiet. Die Bürgermeisterin erläutert: „Wir wollen, dass junge Familien bei uns gut bauen können und es ihnen so gut wie möglich machen.“ Die Förderung sei ein „tolles Instrument“ dafür gewesen.

Baufinanzierungen müssten genau geplant werden: „Es ist oft so, die Leute strengen sich an und beeilen sich, und gerade knapp vor Fristende, oft auf den letzten Tag, werden noch viele Förderanträge eingereicht. Das war nicht fair, das Programm eine Woche vorher auslaufen zu lassen.“ Anika Popp kennt zwar keinen Fall, der jetzt betroffen ist vom plötzlichen Wegfall der Fördermöglichkeit, aber sie hat eine allgemeine Verunsicherung festgestellt. Niemand wisse, wie es weitergeht. Sie fordert: „Die Verantwortlichen müssen schnellstmöglich eine Anschlussförderung in Aussicht stellen.“ Genau das hätte man ihrer Meinung nach zeitgleich mit dem Auslaufen tun müssen. Wer bauen oder sanieren will, rechne damit und müsse sich darauf einstellen; nun wisse man aber auch nicht, wie es mit anderen Programmen weitergehe, etwa dem KfW-40-Programm.

Popp und die weiteren Unterzeichner kritisieren zudem, dass ein zentraler Punkt des Koalitionsvertrags der neuen Bundesregierung infrage gestellt werde: gute und gleichwertige Lebensverhältnisse in Stadt und Land. Auch das erklärte Ziel, 400 000 neue Wohnungen im Jahr zu schaffen, werde konterkariert. „Unzählige große, schon länger projektierte Wohnungsbauprojekte sind bedroht. Man geht davon aus, dass 70 Prozent aller projektierten Vorhaben betroffen sind“, heißt es in dem Schreiben. Auch Annika Popp verweist darauf, dass es gerade für Kommunen wichtig sei, den Ort gestalten zu können, auch mit der Schaffung von Wohnraum: „Wir im Hofer Land wollen Zuzug und dem demografischen Wandel entgegenwirken.“

Das Netzwerk fordert in dem Schreiben an Habeck, das Förderprogramm umgehend zu verlängern; bereits projektierte Vorhaben dürften nicht gefährdet werden. Mindestens müsse die KfW-55-Förderung bei einer fristgerechten eingegangenen Antragstellung bis 31. Januar 2022 erfolgen. Und vorliegende Anträge für das KfW-40-Förderprogramm dürften nicht ausgeschlossen oder gefährdet werden.

Annika Popp hofft, dass der „Aufschrei“ als Reaktion auf den Stopp des Förderprogramms etwas bewirkt. Das Netzwerk hat Minister Habeck ein persönliches Gespräch angeboten, um „die Auswirkungen auf unsere Kommunen mit Ihnen zu erörtern“.

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